See You Around - Debüt-Album von drei Hochkarätern
Sarah Watkins, Mitgründerin der Progressive Bluegrass Band Nickel Creek und Mitglied der Watkins Family Hour, Aoife O'Donovan von den ehemaligen Crooked Still und bekannt für ihre keltischen Wurzeln sowie Sarah Jarosz, die Grammy Gewinnerin, die Folk, Bluegrass und Indiepop zu vereinen vermag. Kurz gesagt: drei Hochkaräter bilden I'm With Her.
Wie im Folkgenre üblich, kennt man sich von diversen Festivals und hat hier und dort schon gemeinsam gespielt; dann aber, beim Telluride Bluegrass Festival 2014 kam es zu spontan zu einer 30-minütigen, gemeinsamen Session, die das Publikum ebenso wie die Künstlerinnen derart begeistert und inspiriert hat, dass die Idee zur gemeinsamen Band geboren war. Und dass nicht nur, weil sie alle drei versierte Instrumentalistinnen, Sängerinnen und Songschreiberinnen sind, sondern weil sie ganz offenbar auch Weltsicht und Haltung teilen.
Ein Skill Battle, wie man im Folk nicht ganz unbegründet fürchten muss, ist ihre Sache nicht. Vielmehr haben sich die 12 Songs aus zwei längeren Klausuren ergeben, in denen sie ihre Themen und Spielweisen verbanden. Das akustische Instrumentarium aus Fiddle, Mandoline, Banjo, Ukulele, Dobro, Gitarren und Piano wurde um Keyboards und Loops erweitert, letztere sorgen gleich zu Beginn für eine melancholisch-verträumte Atmosphäre.
Es geht auch ohne Klischees
Klischees sind so vollkommen abwesend, ja sie werden nicht einmal zitiert. Einzig das kurze Instrumentalstück „Waitsfield“ ist ein fröhliches Stück in der Bluegrass Tradition und wirkt ein wenig wie ein Fremdkörper. Ansonsten ist das Songwriting kompromisslos und entspricht der allen eigenen Vorsicht und Suchfreudigkeit.
Der Song "Game to Lose" ist hier sinngebend: Um etwas zu gewinnen, musst Du riskieren, singen sie und tasten sich, rhythmisch sprunghaft unterstützt, entschlossen in einen energischen Mutmachersong.
"Pangaea" thematisiert das Auseinanderdriften von einst Verbundenem, und das berührende, nachhaltig erinnerbare "Wild One" ist eine melancholische Warnung, das eigene Terrain nicht zu Gunsten eines anderen zu verlassen, weil dort Gefahr droht.
"Overland" greift das Motiv des Siedelns auf, das in der amerikanischen Geschichte so fundamental ist und das hier auf der Achse Chicago-San Francisco die moderne Variante liefert, eine Einladung zu Aufbruch und Veränderung.
Der Apfel als erotisches Symbol
Wie sehr auch ein erotisches Motiv bei diesem Trio in guten Händen ist, zeigt der sommerliche Song "Ryland (Under The Apple Tree)". Der Apfel wird hier zum Symbol der Versuchung, der Ekstase und der Vergänglichkeit.
Die einzige Coverversion dieses Debütalbums ist der Song "Hundred Miles" aus der Feder von Gillian Welch, die in diesem Bunde fast nicht fehlen darf, entspricht sie ihm doch in Haltung und Background. Produzent Ethan Johns begleitet hier gefühlvoll am für ihn so typischen Harmonium.
Produzent Ethan Johns in Hochform
Zu den Paradeproduktionen von Ethan Johns, Sohn von Classic-Rock Produzent Glyn Johns, zählen unter anderem Ray LaMontagne, Kings Of Leon und Paul McCartney, im innovativen Bereich von Tradition und Moderne, von Folk und Songwriterambition ist er bestens zu Hause. Seine Begabung, die Bandsituation im Studio in einen Sound umzusetzen, der den Zuhörer maximal teilhaben lässt, Transparenz vermittelt und gleichzeitig die Gesamtheit einer Performance als Ereignis würdigt, kommt hier gut zur Geltung.
Fazit: Eingängigkeit ist von I'm With Her auf ihrem Debüt-Album "See You Around" nicht das erklärte Ziel, und so bleiben am Ende von den 12 Songs nicht alle hängen. Aber die Phrasierungen, Akzente und die umwerfende Harmonie der Stimmen und Instrumente lassen das gerne vergessen.
Label: Rounder (Universal) | VÖ: 15. Februar 2018 |
01 | See You Around |
02 | Game to Lose |
03 | Ain't That Fine |
04 | Pangaea |
05 | I-89 |
06 | Wild One |
07 | Waitsfield |
08 | Ryland (Under The Apple Tree) |
09 | Overland |
10 | Crescent City |
11Close It Down12Hundred Miles