I'm With Her - die kleine große Supergroup feiert ihr einziges Deutschlandkonzert

I'm With Her live in Berlin

Die I'm With Her Live-Premiere in Berlin war ausverkauft.

Dieses Konzert war schnell ausverkauft. Eigentlich zu schnell, um nicht nach einem größeren Spielort zu rufen. Andererseits war das Silent Green, ein herrlich restauriertes, achteckiges ehemaliges Krematorium im Berliner Stadtteil Wedding mit knapp 200 Plätzen, der vierte Star an diesem kurzen, intensiven Abend.

I'm With Her - Der Bandname ist Programm: wir sind eins

Sara Watkins, Sarah Jarosz and Aoife O'Donovan haben jede für sich eine schöne eigene Karriere und doch reihen sie sich für ihre gemeinsame Folkband I'm With Her hierarchiefrei um ein einziges Mikrophon. In wechselnder Anordnung singen und spielen sie in diesen Fokuspunkt, spielen Gitarren, Mandoline, Ukulele und die Violine, nicht Fiddle, denn die dem Bluegrass eigene Spielweise bleibt hier außen vor. Sie haben sich auf dunkle Kleidung geeinigt, aber dass daraus ein schulterfreier Jumpsuit, ein lang geschlitztes Kleiderensemble und eine Jeans-Bluse-Kombination wird, das bleibt die Eigenart der Einzelnen. Vor dem dunkelroten Vorhang macht sich das alles gut, und die Optik ist mit dem Einsatz der Musik schnell zweitrangig.

Dieser Abend ist ein Lehrstück der Gemeinsamkeit in Vielfalt

Stimmlich ist nicht zu sagen, wer hier besonders glänzt, es ist die Summe, die Harmonie, das Spiel und die Ergänzung, die so ungemein einnehmen.

Da auch die Autorenschaft ihrer Songs abwechselt und sie bei mehreren Schreibklausuren in den Bergen von Vermont entstanden, sie zudem in abenteuerliche Eskapen "altes Auto plus widrige Umstände" verstrickt waren, fällt auf, wie hingebungsvoll und zugehörig alle drei sind. Jede hat das gleiche Erzählinteresse der mitunter dramatischen und traurigen Songs, in denen es um gescheiterte Lieben, um Aufbruch und um den Mut zum Risiko geht.

Und wieder die ersten Nackten im Tiergarten

Aoife O'Donovan, die just um dieselbe Jahreszeit 2017 bereits in Berlin auftrat, amüsierte mit der Beobachtung, dass sie immer rechtzeitig mit den ersten Nackten im Tiergarten eintrifft, sehr zu ihrem Erstaunen, und die nach der Zeit mit der Band Crooked Still seit 2011 eine Solokarriere einschlug. Ihr ist manch leise Referenz an den Irish Folk zuzuschreiben.

Sarah Jarosz, mit vier eigenen Alben und mit zwei Grammys ausgezeichnet, gab an diesem Abend in Berlin mit viel Applaus bedacht ihr Deutschland-Debüt.

Sarah Watkins, einst bei der Progressive Bluegrass Band Nickel Creek und Mitglied der Watkins Family Hour, leitete freudig den Song "Ain't That Fine" mit der Beoachtung ein, dass wir alle heutzutage in wild unterschiedlichen Beziehungen und Strukturen leben, und es ist die aufs Emotionale fokussierte Stärke dieses Trios, dass sie genau das zu feiern wissen.

Ain't That Fine

Die Songs des I'm With Her Debüt-Albums "See You Around" standen natürlich im Mittelpunkt an diesem Abend und wurden durch ausgewählte Cover-Versionen ergänzt. "Walkin' Back to Georgia" von Jim Croce, "Crossing Muddy Water" von John Hiatt, die Dark Folk Nummer von Gillian Welch "Hundred Miles", die auch Teil des Albums ist sowie "Lord Lead Me On" von Bill Monroe, dem Bluegrass Godfather, ein Stück das zeigt, wie sehr dieser Stil auch dem Gospel nah kommen kann.

Natürlich geht bei diesem Bandkonzept der Gedanke auch an das andere große Trio, Trio mit Linda Ronstadt, Emmylou Harris und Dolly Parton, die stimmgewaltiger und glamouröser waren. Hier aber mit I'm With Her haben wir es mit einem ungeheuer modernen, keinerlei Klischees bemühendem Folktrio zu tun, fern jeder Divenhaftigkeit, das sich ganz der musikalischen Kommunikation und den Erzählanliegen der Songs verschrieben hat.

Es ist unbedingt zu wünschen, dass es ein weiteres Album von I'm With Her geben wird, und dass bei einer nächsten Tour größere Clubs gebucht werden, allerdings mit ähnlicher Zuhörqualität wie hier im Silent Green – falls es das überhaupt gibt. Nach knapp 90 Minuten inklusive Zugaben endet der Abend, der dank seiner Erfülltheit nichts zu wünschen übriglässt, zumal Zeit schenkt, um den milden Frühlingsabend im Nachhall zu genießen.

vgw
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