Sarah Jarosz veröffentlicht ihr siebtes Studio-Album, "Polaroid Lovers", und zeigt ihre bislang rockigste Seite
Nachdem Sarah Jarosz den größten Teil ihres Lebens in New York verbracht hat, zog sie vor dem writing process zu ihrem neuen Album nach Nashville, wo auch "Polaroid Lovers" unter Mithilfe von Studio-Größen (wie Gitarrist Tom Bukovac und Schlagzeuger Fred Eltringham) entstand. Wie man hört: keine schlechte Entscheidung nach Music City USA überzusiedeln. Etwas erstaunlich ist es aber schon, dass sie in der Mega-Stadt New York größtenteils akustische Roots-Klänge angestimmt hat, während sie jetzt in der Country-Hochburg Nashville eindeutig in Richtung Country-, Folk- und Pop-Rock tendiert.
Sarah Jarosz: von New York nach Nashville
Die Mandoline, das Hauptinstrument des Teilzeit-Mitglieds des All-Star-Projekts I'm With Her, spielt auf "Polaroid Lovers" jedenfalls eine eher untergeordnete Rolle. Dominanter sind da schon rockige E-Gitarren-Riffs, wuchtige, straighte Drum-Beats, pumpende Bässe und sphärische Keyboards - alles das und noch einiges mehr weist beispielsweise der knapp viereinhalbminütige Opener "Jealous Moon" auf. Ein starker, druckvoller Folk-Rocker mit großartigen hymnischen Melodien und einer Sarah Jarosz, die gerade stimmlich auf der Höhe ihrer Kunst ist. Für das Sahnehäubchen des Tracks sorgt ein Akustik-Gitarrensolo und die dezent in der Bridge in Szene gesetzte Phasenverschiebung. Toller Effekt!
Wenn Sarah Jarosz dieses hohe Level im Verlauf der nachfolgenden zehn Titel halten kann, dann, ja dann hat sie mit "Polaroid Lovers" einen richtig großen Wurf gelandet. So viel vorweg: sie nimmt diese Qualitätsmarke mit jedem weiteren Song. In dem an Fleetwood Mac erinnernden Soft-Folk-Rocker "When the Lights Go Out", in dem an Tom Petty gemahnenden Heartland-Rocker "Runaway Train", in dem vor Selbstbewusstsein strotzenden und im gemächlichen Tempo angesiedelten "Good at What I Do" und - natürlich - in den verschiedenen Folk-Perlen.
Von letzterer Spezies hat sie gleich mehrere in der Setlist aufgereiht: "The Way It Is", das so hymnische wie schöne "Dying Ember", die zu Herzen gehende Ballade "Don't Break Down On Me" oder das von einem akustischen Mandolinen-Riff geprägte, komplett tiefenentspannte "Days Can Turn Around". Jeder dieser Songs verströmt eine derartig umfassende Ruhe, die selbst den größten Choleriker binnen weniger Takte ruhigstellen sollte.
"Polaroid Lovers": musikalische Momentaufnahmen einer großen Künstlerin
Es zeugt von großer Meisterschaft, dass Sarah Jarosz und ihre versierten Begleiter nicht laut oder aggressiv werden müssen, um Kraft und Energie zu verströmen. Das tun sie nämlich. In jedem Song, auch in den leisen. Sie bedienen sich dabei aber subtiler Mittel. So wie beispielsweise in dem über fünfminütigen Epos "Mezcal and Lime", dem letzten Song dieses Song-Fotoalbums. Ganz sparsam instrumentiert baut sich der Song von Takt zu Takt auf, basierend auf einem mit Besen hingestreichelten, geradezu hypnotischen Groove. Gegen Ende des Tracks dann diese letzte Melodie, immer und immer wiederholend - und dennoch nicht oft genug.
Fazit: Sarah Jarsosz ist von New York nach Nashville gezogen, um das rockigste Album ihrer Laufbahn aufzunehmen. "Polaroid Lovers" zeigt die Roots-Expertin als grandiose Folk-Rock-Sängerin. Top!