Ronnie Dunn - Tattooed Heart

CD Cover: Ronnie Dunn - Tattooed Heart

Auf dem dritten Solo-Album von Ronnie Dunn gibt es ein Wiederhören mit Kix Brooks.

Vor so 15 Jahren herum wäre das Cover-Foto eine kleine Sensation gewesen: Ronnie Dunn mit Hut. Heute schlägt das in der Country-Gemeinde keine sehr hohen Wellen mehr, die Schlagzeilen sind anderen Acts vorbehalten. Noch. Denn Ronnie Dunn legt sich für sein neues Solo-Werk "Tattooed Heart" tüchtig ins Zeug. Ob's was hilft?

Also noch mal die Sache mit dem Hut. Bei Brooks & Dunn, Ronnie Dunns einstiger sprudelnder Einnahmequelle, wie man weiß, war das abgemachte Sache: Kix Brooks gibt den erdigen, Hut tragenden Cowboy. Ronnie Dunn ist für das hutlose Publikum das Gesicht. Das Konzept ging blendend auf, das Duo brach sämtliche Paarlauf-Rekorde, nicht nur im Countryfach. Seit 2010 gehen die beiden getrennte Wege; es sei denn, es winken - wie zuletzt öfters der Fall - lukrative Angebote, beispielsweise aus Las Vegas.

"Tattooed Heart" beschert ein Wiederhören von Brooks & Dunn

Dass die beiden wieder gut miteinander können, zeigt sich auch in dem Song "Damn Drunk", bei dem Kix Brooks Harmony-Vocals im Refrain beisteuert. Kaum hörbar, aber immerhin. Jedenfalls sorgt dieses Anknüpfen an die guten, alten Zeiten für einige Erregung im Country-Lager. Wer weiß, vielleicht folgt ja demnächst eine weitere gemeinsame CD. Es wäre nicht die schlechteste Entscheidung. Denn weder Kix Brooks noch Ronnie Dunn können ohne den anderen so richtig überzeugen. Das gilt auch für "Tattooed Heart".

Dabei geht das Album mit "Ain't No Trucks In Texas" richtig gut los. Der unter anderem von Neil Trasher geschriebene Song läuft seit Monaten auf Heavy Rotation in den amerikanischen Country-Radios. Völlig zu Recht, denn der Titel trifft Stimmung, Tonfall, Herz und Hirn eines jeden Country-Music-Freundes. Eine Sehnsuchtsballade mit Tiefgang und betörender Melodie. Ja, so könnte es gerne weitergehen - tut es aber nicht. Schon das bereits angesprochene Duett mit Kix Brooks ist musikalisch eher eine Enttäuschung. Und dabei noch einer der besseren Songs.

Ronnie Dunn’s Flirt mit pathetischen Schlagerklängen

Das Grundproblem der von Rascal Flatts-Bassist Jay DeMarcus produzierten CD ist: hier will einer zu viel. Zu viel Gefühl, zu viele Hits, zu viele Hymnen, zu viel Airplay, zu viele Fans erreichen. Dieses Zu-Viel gilt auch für die Arrangements: Dunn und DeMarcus kleistern nahezu jeden Song bis zum Anschlag zu - mit Chören, Gitarren-Salven, überschweren Drum-Beats, Geigen, Klavieren und so weiter. So ein Aufwand kann sich lohnen. Er kann aber auch schaden, weil über kurz oder lang alles sehr gleich und austauschbar klingt und weil irgendwann das Ohr auch nicht mehr bereit ist, diese 1.000 übereinander gelegten Tonspuren zu würdigen. Vielleicht aber ist den beiden bei der Produktion klar geworden, dass die Songs nicht gerade zwingend sind und dass eine gewaltige Produktion den Mangel an harmonischer Kreativität ausbügeln soll.

Wie man weiß, haut das nie so richtig hin. Ein mittelmäßiger Song bleibt auch nach aufwändigster Klangkosmetik mittelmäßig. Und so verliert sich die nach wie vor grandiose Stimme von Ronnie Dunn in durchschnittlichen Tracks wie der im Drei-Viertel-Takt angelegten Pathos-Ballade "I Worship The Woman You Walked On", im 08/15-Pop von "I Put That There" oder in dem mit den so beliebten und längst so nervenden Ohoho-Chören ausgestattetem "That’s Why They Make Jack Daniel’s".

Ein großer Sänger verkauft sich unter Wert

Alles sehr poppig. Aber es ist noch Luft nach unten: Bei dem Duett mit Reba McEntire "Still Feels Like Mexico", "This Old Heart" und dem Titeltrack, eine Komposition des 23-jährigen Pop-Sternchens Ariana Grande, ist der lässige Cowboy gefährlich auf Schlager-Kurs: kitschig, flach, unglaubwürdig und hoffnungslos mit Pathos und Geigen überladen. Wie sehr sich Ronnie Dunn bei "Tattooed Heart" unter Wert verkauft, belegen - neben dem Opener - der soulige Country-Gospel von "I Wanna Love Like That Again" und vor allem der traditionelle CD-Rausschmeißer, die herrliche Ballade "She Don’t Honky Tonk No More". Nun, er leider auch nicht mehr...

Fazit: Ha! Die Coverfotos bringen's: Ronnie Dunn als cooler Wüsten-Fuchs, mit Bart, Ray Ban, Stetson und gebleachten Zähnen. Leider zeigt das Song-Dutzend deutlich weniger Biss - alles sehr banal und überladen und dazu gefährlich in seichten Pop- und Schlager-Gewässern dümpelnd. Der Mann braucht vielleicht einen Kick von Kix!

Label: Nash Icon (Universal) VÖ: 11. November 2016
01 Ain't No Trucks In Texas
02 Damn Drunk (mit Kix Brooks)
03 I Worship The Woman You Walked On
04 That's Why They Make Jack Daniels
05 I Put That There
06 Young Buck
07 I Wanna Love Like That Again
08 Still Feels Like Mexico (mit Reba McEntire)
09 Tattooed Heart
10 This Old Heart
11 Only Broken Heart In San Antone
12 She Don't Honky Tonk No More
vgw
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