Lorrie Morgan - Letting Go Slow

CD Cover: Lorrie Morgan - Letting Go Slow

Lorrie Morgan, der Superstar der 90er, meldet sich mit "Letting Go ... Slow" zurück. Das Album ist ihre erste Veröffentlichung seit fünf Jahren - und überzeugt durch authentische Klänge.

Das Dutzend Songs aus der Country- und Folk-Literatur - darunter Titel von Mel Tillis, Bobbie Gentry und Bob Dylan - weisen Lorrie Morgan als erstklassige und zu jedem Ton glaubhafte Country-Sängerin aus. "Letting Go ... Slow" kommt für den einstigen Superstar vielleicht gerade zur rechten Zeit. Denn traditionelle Klänge, erdige Sounds und authentisches Country-Feeling erlebt gerade ein Revival. Revival und Comeback - zwei Dinge, die untrennbar mit dem Leben von Lorrie Morgan verbunden sind. Auch darüber berichtet dieses gefühlvoll, und wie im Albumtitel angekündigt, frei von jeder Hektik inszenierte Album. Ladies and Gentlemen ... Bühne frei für eine echte Country-Lady!

Lorrie Morgan - ein lebender Country-Song

Das Werk eines Künstlers, einer Künstlerin ist immer mit seiner/ihrer Biografie verbunden. Das gelebte Leben hört man. Auch im Falle der 1959 als Loretta Lynn Morgan in Nashville geborenen Tochter des Grand Ole Opry-Stars George Morgan: sechs Ehen, darunter mit den Kollegen Keith Whitley und Sammy Kershaw, anschließende Rosenkriege und Schlammschlachten; künstlerische Berg- und Talfahrten, gesundheitliche Probleme und private Insolvenz. Aber auch: Hits, ausverkaufte Tourneen, grandiose Kritiken sowie CMA-Awards lassen erahnen, dass die 56 Lebensjahre der Lorrie Morgan alles andere als langweilig waren. Sie selbst sagt über sich: "Ich war eine Tochter, eine Braut, eine Mutter, eine Geschiedene, eine Witwe, eine alleinerziehende Mutter, eine Großmutter, eine Versorgerin und letztendlich: eine Überlebende." Ihr Fazit: "Es denke ich bin ein lebender, atmender Country-Song. Ich weiß jedenfalls, wovon ich singe."

Das lässt sich nicht bestreiten. Deshalb ist ihr - vielleicht nur ihr - gestattet, "Letting Go ... Slow" mit dem von Mel Tillis geschriebenen Patsy Cline-Hit zu eröffnen: "Strange". Ihre Version der wunderschönen Ballade spannt den Bogen von Roots zu Moderne, von Tradition zu aktuellem Sound. Trotz Chor, Pedal Steel, wuchtigen Drums, Vocal-Effekte und einem romantisch klimpernden Klavier bleiben Melodie und Stimme die Stars des Klassikers. Kurzum: Auftakt geglückt. Mehr als das. Die nach wie vor attraktive Veteranin, die bereits mit 13 Jahren in der Grand Ole Opry debütierte, deutet mit dem Opener gleich mal ihre Sonderklasse an.

Beweisen kann Lorrie Morgan diese schon im nächsten Track auf " Letting Go...Slow": dem Bobbie Gentry-Song "Ode to Billy Joe". Knapp sechs Minuten lässt sich Lorrie Morgan für die mit jazzigen Klavierakkorden ausgestattete Ballade Zeit um die herrlichen Akkordsteigerungen und Harmonie(ver)führungen zur vollen Entfaltung kommen zu lassen. So attraktiv das im Bar-Setup angesiedelte Arrangement auch sein mag: Gegen die warme, sexy und in unzähligen Konzerten und Sessions gestählte Stimme von Lorrie Morgan kommt es nicht an. Dass Lorrie Morgan ohnehin Weltmeisterin der Country-Ballade ist, verdeutlicht sie mit ihrer hingebungsvollen Interpretation des Vern Gosdin-Hits aus den 80er-Jahren, "It Is Raining At Your House". Schöner geht romantischer Country kaum. Das gilt auch für das berührende "I've Done Enough Dying Today", der zu Herzen gehenden Säuferballade "Lonely Whiskey" und dem vehement auf die Tränendrüse drückenden "How Does It Feel", der emotionale Schlusspunkt der CD.

"Letting Go...Slow": neues Material und starke Cover-Versionen

Ballade kann sie. Aber auch auf "Letting Go...Slow" rocken? Na freilich, keine Frage. Als Beweis dafür schickt sie das von Katie Kessler und Donald Poythress geschriebene "Jesus & Hairspray" ins Song-Rennen. Lorrie Morgan könnte, falls nötig, noch ganz anderen Rock-Kalibern in die Schuhe helfen. Aber die 56-Jährige ist eine Lady, sie hat Stil - und Kraftmeiereien längst nicht mehr nötig. So deutet sie in dem erstaunlich poppigen und flottem "Something About Trains" lediglich ihre Power an. Der erstaunlichste Track von "Letting Go...Slow" stammt indes aus der Feder von Meister Bob Dylan. Seinen gefühlvollen Klassiker "Lay Lady Lay" packt die Lebensweise Lorrie Morgan in ein fröhlich wippendes Reggae-Kostüm, zu dem die weinende Pedal-Steel-Guitar passt wie das Cola zum Whiskey. Weitere Highlights von "Letting Go...Slow" zünden das tatsächlich langsame "Slow" und der jazzige Club-Leckerbissen "Spilt Milk", eine Cover-Version des Kristina Train-Geheimtipps.

Fazit: Herangehensweise, Song-Zusammenstellung, Interpretation - Lorrie Morgan, die große Lady des 90er Countrys, war mit "Letting Go...Slow" vielleicht noch nie so gut wie heute. Sie hat ein Comeback mehr als verdient.

Label: Shanachie (hier nicht veröffentlicht) VÖ: 12. Februar 2016
01 Strange
02 Ode to Billie Joe
03 Is It Raining At Your House
04 Something About Trains
05 I've Done Enough Dying Today
06 Lay Lady Lay
07 Slow
08 Spilt Milk
09 Jesus & Hairspray
10 Lonely Whiskey
11 What I'd Say
12 How Does It Feel
vgw
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