Hunderte von Songs hätten sie sich angehört, bis sie endlich eine Auswahl getroffen hätten, so Alabama. Offensichtlich waren sie dabei das ein oder andere Mal in etwas ausgelassener Stimmung, denn der Schwerpunkt liegt bei einem Teil des Materials auf "wir machen Party um jeden Preis!", statt wie früher auf gediegener Country Music, wie wir sie beispielsweise von "Dixieland Delight" oder "Feels So Right" kennen. Damals war die Welt noch in Ordnung und die drei Herren schätzten ihr Energieniveau im richtigen Maß ein. Irgendwie scheint ihnen ein kaugummikauender Berater um U30 eingeredet zu haben, dem Profil ihrer Band bzw. ihrer Musik nun plötzlich ein fragwürdig hippes Gesicht verpassen zu müssen und diese nicht mehr durch den Country-Filter zu schicken.
Der Titelsong "Southern Drawl" wird einschlagen - bei Line Dance-Gruppen. Stampf und klatsch und stampf und klatsch. Rappende Country-Opas sind ansonsten ungefähr genauso überflüssig wie Heino mit Totenkopf-Ring und Rocker-Jacke. Dass ihr neuer Sound etwas ungewohnt für die Fans klingen wird, räumte Randy Owen bereits im Vorfeld ein. Mit kleinen Veränderungen der Präsentation hätten diese sicher auch noch leben können, doch dumpf-stupide Tonexperimenten, wie bei "American Farmer", die sich mehr nach tiefenpsychologisch-verhaltensorientierter Musiktherapie anhören, als nach Wohlklang, sind schlichtweg fragwürdig.
Alles übertreffend jedoch ist "Footstompin' Music", das wohl eher versehentlich auf diesem Album gelandet sein muss und ursprünglich für einen Animations-CD für Kindergeburtstage gedacht war. Oder glaubt man ernsthaft, erwachsene Menschen tanzen zu Indianerklängen mit Federn auf dem Kopf im Kreis? Nein, hier schoss man bei aller Würdigung der kreativen Ader bei einigen Liedern wirklich gründlich über das Ziel hinaus. Etwas mal anders machen, die Funktionen der Country Music ausweiten, okay, aber mit Gewalt, nein.
Auch die eigentlich angenehmen Songs, wie "No Bad Days" oder "As Long As There's Love" werden von Alabama nicht mehr wie früher im schlichten Gewandt belassen. Ihre Grundlage wirkt permanent überladen, sei es mit nervigem Klaviergeklimper oder überlautem Schlagzeug, einfach zu arrangiert und anstrengend. Selbst eine der schönsten weiblichen Stimmen der Country Music, Alison Krauss, die bei "Come Find Me" als Background-Sängerin mitwirkt, wird dadurch ihrer Geltung beraubt. Natürlich steuert diese aber auch einigen weiteren Aufnahmen ihre Fiddle-Künste bei.
Dass Alabama an sich beim Publikum nicht an Beliebtheit verloren haben und nach 41 Nr. 1-Hits und 65 Millionen verkauften Platten ohnehin in die Oberliga der Country-Stars gehören, steht außer Frage. Jedoch müssen sich letztlich die Künstler selbst mit der Entscheidung auseinander setzen, ob sie, falls sie sich denn doch noch nicht in Rente begeben, ihre Musik einer solch bizarren Wandlung unterziehen möchten.
Fazit: Alabama haben auch nach längerer Pause nicht verlernt, hochwertige Musik zu machen. Doch ist es schwer, nach der radikalen Veränderung, die diese nun erfahren hat, Zugang dazu zu finden.
Label: TGA / BMG (hier nicht veröffentlicht) | VÖ: 18. September 2015 |
01 | Southern Drawl |
02 | Wasn't Through Lovin' You Yet |
03 | This Ain't Just A Song |
04 | As Long As There's Love |
05 | Back to The Country |
06 | Hillbilly Wins The Lotto Money |
07 | Come Find Me |
08 | No Bad Days |
09 | One On One |
10 | American Farmer |
11 | It's About Time |
12 | Footstompin' Music |
13 | I Wanna Be There |