In seiner Kindheit hörte Michael Ray bedingt durch seine musikalischen Eltern in erster Linie Songs von Bobby Bare und Porter Wagoner. Mit 16 fand Ray in Form einer CD von Gary Allan den Einstieg in die etwas zeitgemäßere Musikwelt. Als Ray dann noch ein Konzert von Garth Brooks besuchte, hatte sich die Sache mit einem "normalen" Job für ihn erledigt. Seine ersten kleineren Auftritte hatte er zu dieser Zeit schon längst hinter sich. 2010 erschien bereits ein erstes ebenfalls mit seinem Namen betiteltes Album auf einem Independent Label. "Michael hat alles, was man braucht", sagt Star-Produzent Scott Hendricks heute über den gut durchtrainierten Newcomer, dem er folglich bei den Aufnahmen der neuen CD mit Rat und Tat zur Seite stand.
"Kiss You In The Morning" ist Opener und erste Single zugleich. Eine gute Wahl, denn der locker-flockige und leicht rockige Titel hat definitiv Ohrwurm-Potential. Inhaltlich gibt es allerdings nicht viel Neues. Ausgeblichene Jeans, die Kurven einer attraktiven Frau usw. Alles hinlänglich bekannt. Scheint so, als wolle das Label bei der Premiere von Ray lieber einen sicheren Radiohit einfahren, als etwas zu wagen.
Ein weiterer Titel, den man woanders schon einmal gehört zu haben glaubt, ist "Run Away With You". Und tatsächlich - Big & Rich veröffentlichten die Ballade erst im Januar 2015 als zweite Single von ihrem Album "Gravity". Egal, ist dies doch eine Ballade mit Herz und Power, die man öfter hören kann. John Rich schrieb die Nummer zusammen mit Michael Ray, nachdem beide für die CMT-Show "The Next Fame is at Your Doorstep" zusammen gearbeitet hatten. Großartige Unterschiede zwischen den Songs sind - sieht man mal vom Gesang ab - kaum auszumachen.
Dass in dem Newcomer eine ganze Menge Energie steckt, zeigt er bei "Another Girl". Der Song kommt wuchtig und kraftvoll daher und klingt fast schon so laut wie bei einem Brantley Gilbert. Material, dass sei den zahlreichen Club-Shows, die der Sänger mit seiner Band spielt, richtig gut funktionieren dürfte. Für den Massengeschmack, den Ray mit der ersten Single angepeilt hat, klingt der Titel vielleicht schon eine Ecke zu ruppig. Leichter zugänglich ist da schon der Southern-Rocker "Livin' It Up".
Rays Stimme kann sich gut hören lassen und erinnert den Genrefan wohl am ehesten an Jason Michael Carroll. Beim zurückhaltenden "Everything in Between” spielt er seine Vorzüge einmal deutlicher aus, und verleiht der Ballade einen gewissen, eigenen Vibe. Bei "Real Man Like Jesus" erinnert Ray ein wenig an Label-Kollegen Brett Eldredge, der binnen zwei Jahren ja bereits in die Liga der Stars aufgestiegen ist. Bei beiden Songs deutet der Sänger aus Florida sein Potential an - davon hätte man sich insgesamt mehr gewünscht.
Fazit: Das Erstlingswerk von Michael Ray beinhaltet keinen schlechten Song, jedoch wäre etwas mehr Mut bei der Umsetzung kein Verbrechen gewesen. So bietet das Album Country-Mainstream, der weniger auf Originalität setzt, sondern klar die Tauglichkeit für den Einsatz im Radio im Auge hat.
Label: Warner Bros. Nashville (hier nicht veröffentlicht) | VÖ: 7. August 2015 |
Titelliste
01 | Kiss You In The Morning | 07 | Think A Little Less |
02 | Another Girl | 08 | Wish I Was Here |
03 | Look Like This | 09 | This Love |
04 | Real Men Love Jesus | 10 | Drivin' All Night |
05 | Livin' It Up | 11 | Everything In Between |
06 | Run Away With You | 12 | Somewhere South |