Um sofort auf Platz sieben der Country-Charts einzusteigen und Platin-Status einzufahren. Das im Jahr 2014 veröffentlichte Debüt-Album von Dan + Shay, "Where It All Began", stürmte dann schon die Bestenliste, Platz eins in den Country-Charts, Platz sechs in der Pop-Hitparade. Schneller lässt sich die Karriere-Leiter kaum erklimmen.
Die Songs von "Obsessed" erinnern an Rascal Flatts
Jetzt also der zweite Album-Streich: "Obsessed". Um es so gut wie möglich zu machen, fungierten gleich vier Könner als Produzenten. Den größten Teil der Studioarbeit übernahm aber Routinier Scott Hendricks (Alan Jackson, Faith Hill, Restless Heart). Was man fast nicht glauben möchte. Denn der Opener erinnert in seiner auf Hochglanz geschliffenen Art und seiner Dynamik ganz und gar an Dann Huff. Das heißt: ruhige Strophe, knallender Refrain; Banjo trifft auf E-Gitarren-Riffs. Okay, wir haben verstanden, auch Scott Hendricks hat diese neue Version des "Wall of Sounds" perfekt im Repertoire. Dann Huff kommt einem auch deshalb in den Sinn, weil Dan + Shay auf "Obsessed" schon fast mehr an Rascal Flatts erinnern, als Jay DeMarcus, Gary LeVox und Don Rooney das zuletzt selbst taten.
Dieses Nachspüren des Rascal Flatts-Erfolgsrezeptes zeichnet "Obsessed" aus. Bis auf den souligen, mit einem Bläsersatz verstärkten und einem lässigen Feeling versehenen Titeltrack stünde jeder einzelne der zehn Songs auch Rascal Flatts ausgezeichnet zu Gesicht. Das mag ein Qualitätsargument sein. Das kann den Hörer aber auch etwas verstören. Zumal auch die Gesangsperformance von Shay Mooney und Dan Smyers mitunter zum Verwechseln dem Vortrag von Flatts-Sänger LeVox ähnelt. Vor allem was Modulierung und Phrasierung betrifft.
Wer die verschiedenen Alben und Hits von Rascal Flatts gut im Ohr hat, weiß deshalb jetzt schon so ziemlich alles über "Obsessed" von Dan + Shay. Auch inhaltlich bleibt man - wie das erfolgreiche Vorbild - unverbindlich bei den bewährten Themen. Es geht um Party, um einen Road-Trip, um Vertrauen, Eifersucht, Liebe und Liebesleid. Alles akustisch perfekt in Glanzvolle verpackt. Ohne Ecken, ohne Kanten. Die beiden Youngsters haben den Begriff des Mainstreams offenbar so verinnerlicht, dass sie sich in einigen Songs nicht mal so recht auf Ballade oder Nicht-Ballade entscheiden können. "How Not To" und "Lipstick" liegen jedenfalls exakt zwischen Dur und Moll und lassen Raum für Interpretationen.
Dan + Shay: Gesangs- und Songwriter-Talente
Entschlossener gingen sie da schon bei "From The Ground Up" zu Werke. Dieser Song, und gleichzeitig erste Single-Auskopplung, verdient sich das Label "Ballade" jedenfalls mit jedem Ton. Schmalz, Geigen, Pathos und Geschichten von Omi und Opi runden das Herz-Schmerz-Werk stimmig ab. Auch wenn sie auch in diesem Titel an die mehrfach erwähnten Rascal Flatts erinnern - sie zeigen hier, was sie stimmlich draufhaben. Und es kann sich allemal hören lassen.
So etwas wie Emanzipation betreibt der Zweier auch auf dem recht leisen Folk-Song "Already Ready". Er sorgt für Abwechslung und für ein eigenes Profil von Dan + Shay. Dass man von dem Duo in Zukunft noch etliche Hits erwarten darf, belegt die Tatsache, dass sie bei acht von zehn Songs als Songautoren mitwirkten.
Fazit: "Obsessed" heißt ja bekanntlich auf Deutsch "besessen" - so wie Songs und Machart angelegt sind, könnte sich die Besessenheit von Dan + Shay auf Rascal Flatts beziehen. Gut gemacht, aber die eigene Note fehlt.
Label: Warner Bros. Nashville (hier nicht veröffentlicht) | VÖ: 3. Juni 2016 |
01 | All Nighter |
02 | Road Trippin' |
03 | From the Ground Up |
04 | Already Ready |
05 | How Not To |
06 | Lipstick |
07 | Round the Clock |
08 | Lately |
09 | Sway |
10 | Obsessed |