Gemeinsam haben sich die Fünf aus North Carolina auf einen eigenwilligen, dennoch höchst eingängigen Sound geeinigt: Folk-Rock, Americana, Beat. Eine Mixtur, die gleichermaßen nostalgisch wie zeitlos, lieblich und dennoch nicht kitschig klingt. Und ein Rezept, das seit ihrem 2009 erschienenen Album "I And Love And You" auch in den Charts zündet. Das gilt vor allem für die neue CD "The Carpenter". In Amerika landete die von Cash-Erneuerer Rick Rubin produzierte CD kürzlich auf Platz 4 der Billboard 200-Charts.
Das ist erstaunlich. Denn in dem Song-Dutzend erspart sich die Formation konsequent jedes Anbiedern an Zeitgeschmack, Radioformat oder oden. Es sei denn: man zählt Americana und Folk mittlerweile zu den hippen Genres. Egal, Moden hin oder her, was letztlich zählt ist - alte Musikkritiker-Weisheit - was aus den Boxen raus kommt. Und das kann sich ohne Ausnahme hören lassen.
In den meisten Songs vertraut die Band um die beiden Brüder und Namensgeber auf leise, eindringliche, introvertierte Arrangements. Sehr poetisch ist das alles. Blumig und metaphernreich philosophieren sie über "The Once And Future Carpenter" (Opener), über Herzensleid ("Winter In My Heart", "I Never Knew You") über kalte Tage ("February Seven") und euphorische Zeiten ("A Father’s First Spring").
Alleine die Titel deuten das lyrische und intellektuelle Potential der Band an. Auffallend dabei ist, dass sich die Avett Brothers deutlich vom Gros der aktuellen Americana- und Folk-Szene abgrenzen. Sie verspüren offenbar nicht den geringsten Drang, irgendwie sperrig - und damit betont interessant - klingen zu wollen. Ganz im Gegenteil: Sie zeigen keinerlei Ängste vor Wohlklang und Harmonie. Das ist mutig, denn die Nähe zum Kitsch wird hier offenbar bewusst gesucht. Schlau wie sie sind, umschiffen sie aber dann doch noch jede rosa gefärbte Harmonie-Biegung. Bei "Winter In My Heart" und dem putzig verträumten "Through My Prayers" zugegeben gerade noch.
In etlichen Tracks der neuen CD versehen sie ihren edlen und edelmutigen Folk-Rock mit nostalgischen Beat-Akzenten. "Live And Die", "Pretty Girl From Michigan" und "I Never Knew You" verströmen sogar pures Sixties-Feeling - die Beatles, Byrds und Simon & Garfunkel lassen grüßen. Leise meist. Doch auch wiederum nicht so leise, wie bei "A Father's First Spring": Kammer-Folk, wie geschaffen für das Ryman Auditorium in Nashville. Das gilt freilich weniger für das rockige "Geraldine". Und schon gar nicht für das kryptische, lärmige, ganz im Grunge-Rock angesiedelte "Paul Newmans vs. The Demons". Hier sorgt - neben zwei weiteren Titeln - Red Hot Chili Peppers Drummer Chad Smith für einen strammen Groove. Ein wuchtiger Akzent - aber letztlich eine Randerscheinung dieser ruhigen CD.
Fazit: So wird aus Folk-Rock mehrheitsfähiger Pop. Die Avett Brothers konnten mit diesem Album ihre Hit-Formel weiter perfektionieren.
Label: American (Universal) | VÖ: 30. November 2012 |
Titelliste
01 | The Once And Future Carpenter | 07 | Through My Prayers |
02 | Live And Die | 08 | Down With The Shine |
03 | Winter In My Heart | 09 | A Fathers First Spring |
04 | Pretty Girl From Michigan | 10 | Geraldine |
05 | I Never Knew You | 11 | Paul Newman vs. The Demons |
06 | February Seven | 12 | Life |