Insgesamt hat der murmelnde Sänger und brillante Gitarrist 20 Titel aus seiner Privat-Schatulle für "Privateering" zusammengestellt. Ein ordentlicher Output, verteilt auf zwei CDs. Doch mehr als das: kein Füllmaterial, alles erste Sahne. Wieder mal. So geht CD1 einfach herrlich mit "Redbud Tree" los. Folk kann kaum schöner sein. Den ruhigen Faden nimmt er mit "Haul Away" auf, zwirbelt ihn - aufgeladen mit Whistles, Pipes und Akkordeon - zu einem keltischen Knoten, der sich harmonisch wunderbar auflöst.
Mit "Don't Forget Your Hat" bedient sich der 63jährige aus Glasgow erstmals auf dem Album der zwölf Takte des Blues: ein im Zeitlupentempo stampfender Shuffle, mit Harp, einem klimpernden Klavier, einer rasierklingenscharfen Slide-Gitarre und einer Melodie, einer Aura, die an Blues-Ikone John Lee Hooker denken lässt. Seit Van Morrison klang kein Bleichgesicht so schwarz.
Wie sehr sich der Songschmied von zeitlosen Klassikern wie "Money For Nothing" oder "Sultans of Swing" im bluesigen Metrum wohl fühlt, belegen auf dem Album noch etliche weitere Tracks: die stürmische "Hootchie-Kootchie"-Man-Adaption "Hot or What", das traurige "Bluebird" oder der groovige Shuffle von "Today Is Okay". Im Mittelpunkt der Blues-Tracks stehen Knopflers erzählerischer Gesang und die Harp von Kim Wilson. Obwohl der Blues eigentlich die perfekte Spielwiese für einen Gitarristen darstellt, hält sich Knopfler als solirender Virtuose eher zurück. Das ist einerseits bei seinen musikalischen Fähigkeiten etwas bedauerlich - andererseits gewinnen die Songs dadurch an Komplexität und Spannung.
Notorische Dire-Straits-Fans werden auf dem Album auch mit dem einen oder anderen Song bedient. Allerdings nur sehr sparsam. Am ehesten sollte die Versöhnung des alten und neuen Knopflers noch bei "Corned Beef City" gelingen. Ein solider Rock mit dem typischen Knopfler-Strato-Sound. Den dreht der einst gemeinsam mit Chet Atkins zur Höchstform aufspielende Meistergitarrist auch bei dem rockigen Folk-Track "Seattle" und dem ganz im Blues-Rock verankerten "I Used to Could" auf. Im Grunde aber hat sich der ohnehin nie so recht zum Rockstar taugende Ex-Journalist von mehrheitsfähigen Rocksongs verabschiedet. Näher liegen ihm - neben Blues, Folk und Country - jetzt auch jazzige Melodien und Rhythmen. Oder nostalgische Weisen, wie das wunderbar traurige "Radio City Serenade". Zurücklehnen, hinhören und wegschmelzen.
Fazit: Ein großer Meister legt ein weiteres Meisterwerk vor: 20 Titel voller Folk, Blues, etwas Country und viel Gefühl. Songs von zeitloser Schönheit.
Label: Mercury (Universal) | VÖ: 31. August 2012 |
Titelliste CD 1
Titelliste CD 2
01 | Redbud Tree | 06 | Corned Beef City |
02 | Haul Away | 07 | Go, Love |
03 | Don’t Forget Your Hat | 08 | Hot or What |
04 | Privateering | 09 | Yon Two Crows |
05 | Miss You Blues | 10 | Seattle |
01 | Kingdom of Gold | 06 | Bluebird |
02 | Got to Have Something | 07 | Dream of The Drowned Submariner |
03 | Radio City Serenade | 08 | Blood and Water |
04 | I Used to Could | 09 | Today is Okay |
05 | Gator Blood | 10 | After The Beanstalk |