Alleine dieser Umstand macht klar, dass sich hier nicht jemand lediglich noch ein paar Dollar für die Rente ersingen möchte. Der Anspruch ist ein ganz anderer - Wanda Jackson möchte es einfach noch einmal wissen. Ähnlich wie bei Johnny Cash und Neil Diamond, die sich im Spätherbst ihrer Karrieren mit Produzent Rick Rubin noch einmal künstlerisch neu definierten. Gemeinsam mit dem country-unverdächtigen Produzenten gelang es Cash und Diamond, ihre musikalische Essenz unverstellt herauszuarbeiten. In akustischen, leisen Songs.
Wanda Jackson mixt Rockabilly, Alternative, Rhythm and Blues, Rock 'n' Roll, Country und Gospel
Ähnlich im Ansatz - und doch ganz anders in der Umsetzung gehen Wanda Jackson und Jack White zu Werke. Die beiden drücken in den meisten der elf Titel kräftig auf die Tube; mixen Rockabilly, Alternative, Rhythm and Blues, Rock 'n' Roll, Country und Gospel mit einer an frühe Punktage erinnernden Wildheit und Unbekümmertheit.
Schon der Opener, der Genre-Evergreen "Shakin' All Over", legt mit brachialer Energie los: mit einem trötenden Bläsersatz, dröhnenden Gitarren und - das ist das erstaunlichste daran - einer Sängerin, die wie zu ihren frühen Tagen an eine zickige, launische, kecke Göre erinnert. Von wegen altes Eisen! Die Dame hat den Rock 'n' Roll eindeutig in ihrer DNA. Auch wenn sie auf den diversen Coverfotos wie die Wachspuppenausgabe einer Kreuzung aus Elvis und Liza Minnelli wirkt - nein, nein, diese Lady ist höchstgradig lebendig.
Daran lassen auch die nachfolgenden Tracks keinerlei Zweifel aufkommen: das wilde "Rip It Up", der Country-Feger "Busted" aus der Feder von Harlan Howard, der Calypso-Evergreen aus den 40er Jahren "Rum And Coca-Cola" und das vielleicht rockigste Werk aus dem Bob Dylan-Katalog - "Thunder On The Mountain".
Auf "Encore" geht das Konzept von Jack White auf
Der unverkennbare, mit vielen grimmigen Kiecksern versetzte Gesang von Wanda Jackson ergänzt sich grandios mit den energiegeladenen Arrangements der Songs. Anstatt lupenrein geschliffener Instrumentierung schneiderte Jack White der Legende einen wippenden, wogenden, hier und da zwickenden Petticoat auf den Leib - und garnierte ihn hier und da mit glitzernden Surf-Gitarren oder jazzigen Trompeten.
Ein Rezept, das auch trefflich bei zwei Songs jüngeren Datums aufgeht: bei "You Know I'm No Good" von Amy Winehouse (die es in Punkto Wildheit mit der jungen Wanda Jackson wohl aufnehmen kann) und bei "Like A Baby", geschrieben von Jess Stone (die auf diesem Gebiet nicht mithalten kann).
Wanda Jacksons Karriere war ja schon immer irgendwie verbindend und vereinend. Da passt es, dass die wilde Omi mit "Dust On The Bible" auch einen mit rasanten Bläsern aufgeladenen Gospel in ihren Songreigen mit aufnimmt. Gefolgt von zwei Titel, die für ein herrlich unkonventionelles Country-Finale sorgen: "Teach Me Tonight" (nostalgisch und gleichzeitig verwegen rockig) und das legendäre "Blue Yodel #6" vom nicht minder legendären Jimmie Rodgers. In diesen letzten dreieinhalb Minuten treten nur Wanda Jackson und ihr Produzent Jack White mit Akustikgitarre und Tambourine an. Wie so oft: der sparsamste Track wirft die höchste Spaß-Rendite ab. Große Klasse!
Fazit: Mit ihren 73 Jahren gibt die legendäre Rockabilly- und Country-Legende noch einmal richtig Zunder. Jack White von den White Stripes war der vitalen Omi dabei behilflich. Einziges Manko: nur knapp 40 Minuten dauert diese beherzte Rückmeldung.
Label: Nonesuch (Warner) | VÖ: 28. Januar 2011 |
01 | Shakin' All Over |
02 | Rip It Up |
03 | Busted |
04 | Rum and Coca-Cola |
05 | Thunder on the Mountain |
06 | You Know That I'm No Good |
07 | Like a Baby |
08 | Nervous Breakdown |
09 | Dust on the Bible |
10 | Teach Me Tonight |
11 | Blue Yodel #6 |