Gute Aussichten für einen weiteren Erfolg: Wade Bowen
So manch einer hätte die Flinte ins Korn geschmissen. Klar, wenn man immer wieder Anlauf nimmt - und immer wieder auf dem kommerziellen Hosenboden landet. Ab seinem 2002 erschienenen Debüt-Album mit dem so seltsamen wie erfüllenden Namen "Try Not to Listen" reihte der heute 45-Jährige aus Waco, Texas, jedenfalls erst einmal Flop auf Flop. Erst mit seinem vierten Album, dem 2008 erschienenen "If We Ever Make It Home", konnte sich Bowen in den Hitparaden verewigen: ein 29. Rang in der Country- und ein - da haben die Sektkorken geknallt - ein zweiter Platz in den Heat-Charts.
Von da an ging es mal bergauf, mal bergab. Ein Wechselbad der Hit-Gefühle. Seinen größten Erfolg markierte das gemeinsam mit Randy Rogers aufgenommene und 2015 erschienene "Hold My Beer, Volume 1", mit dem er auf den vierten Rang der Country und - noch erstaunlicher - auf den 37. der Pop-Charts landete. Tja, so hätte es für ihn weiter gehen können. Hätte. In Wahrheit aber schnitten die nachfolgenden Werke aus dem Hause Wade Bowen nicht mehr so prächtig ab. Und die Fortsetzung der Randy Rogers-Zusammenarbeit "Hold My Beer, Volume 2" ging 2020 sogar komplett unter. Höchste Zeit für Wade Bowen, wieder mal Hit-Luft zu schnuppern.
Man würde es dem sympathischen, mit einer exzellenten, höchst angenehm zu hörenden Stimme gesegneten Sänger allemal wünschen. Man darf es ihm auch zutrauen, denn "Somewhere Between the Secret and the Truth" erfüllt hohe Qualitätsanforderungen. Es ist abwechslungsreich, vollgepackt mit starken Melodien und Harmonien, es hat Drive und Gefühl und mit "Everything Has Your Memory" einen Opener, der Lust auf Mehr macht: Ein klangtechnisch heutigen Maßstäben gerecht werdender Song, der melodisch und inhaltlich aber an 90er-Jahre-Bands wie Restless Heart oder Blackhawk erinnert. Also: Power gepaart mit sehnsüchtigen Gefühlen - die pure Country-Romantik.
Reife Leistung: "Somewhere Between the Secret and the Truth"
Das gilt ohnehin für einige seiner neuen Songs. Auch wenn er durchaus zu Status-Quo-typischen Riffs rocken kann ("She's Driving Me Crazy") und weiß, wie er einen Club mit würzigem Country-Blues zum Brodeln zu bringen ("Honky Tonk Roll"), setzen die ruhigen Songs von "Somewhere Between the Secret and the Truth" die Ausrufezeichen. Songs wie die getragene Country-Folk-Ballade "Burnin' Both Ends of the Bar", das trotz eines energischen Beats herrlich wehmütige "The Secret to this Town”, die an die frühen Brooks & Dunn erinnernde Ballade "If You Don't Miss Me" oder das so friedvolle wie optimistische "A Beautiful World" (mit Lori McKenna als Duett-Partnerin). Vollauf gelungen sind auch das bluesige, an Travis Tritt erinnernde Rührstück "It's Gonna Hurt", die stramm rockende Selbstbetrachtung "Knowing Me Like I Do" und das ganz im 90er-Country-Sound angesiedelte "Say Goodbye".
Bevor Wade Bowen mit dem Titelsong "Somewhere Between the Secret and the Truth” tiefgründig ausklingen lässt, präsentiert er in "A Guitar, A Singer and A Song" mit Vince Gill einen weiteren Star-Gast. Und man muss sagen: die beiden Stimmen harmonieren in dem extrem langsam angelegten Country-Folk-Song hervorragend. Hoffentlich beschert diese künstlerische Allianz dem Country-Überzeugungstäter etwas PR - und damit wieder einen großen Erfolg. Er hat ihn sich verdient.
Fazit: Wade Bowen präsentiert auf "Somewhere Between the Secret and the Truth" hervorragende Country-Kost: grundsolide, schnörkellos und im allerbesten Sinne traditionell.
Label: Bowen / Thirty Tigers (Membran) | VÖ: 12. August 2022 |
01 | Everything Has Your Memory |
02 | Burnin' Both Ends of the Bar |
03 | Honky Tonk Roll |
04 | The Secret to This Town |
05 | If You Don't Miss Me |
06 | A Beautiful World (mit Lori McKenna) |
07 | She's Driving Me Crazy |
08 | Knowing Me Like I Do |
09 | It's Gonna Hurt |
10 | Say Goodbye |
11 | A Guitar a Singer and a Song (mit Vince Gill) |
12 | Somewhere Between the Secret & the Truth |