Noch entscheidender für seinen Werdegang dürfte aber der Umstand sein, dass sein Daddy - Scotty Robinson - bei Country-Urgestein Freddy Fender Gitarre gespielt hat. Deshalb kann man davon ausgehen, dass schon der kleine Dylan Scott mit den Klängen des Genres in Berührung kam und sie lieben lernte.
Dylan Scott ist mit Country Music aufgewachsen
So lieben, dass ihn auch anfängliche Flops nicht von seinem Vorhaben, Country-Musiker zu werden, nicht abhalten konnten. Dabei ging es für ihn prächtig los. Schon mit 17 Jahren landete er beim renommierten Curb-Label einen Plattendeal. Doch bis es endlich zu seinem Debüt-Album kam, gingen weitere sechs lange Jahre ins Land. Und, das macht die Sache nicht leichter: seine Auftakt-EP "Makin' This Boy Go Crazy" kletterte lediglich bis Platz 50 der Country-Charts. Doch die gleichnamige Single-Auskopplung kam in den Radio-Stationen gut an und schaffte es in die Airplay-Charts. Das Interesse war geweckt. Und schon mit dem gleichnamigen Album aus dem Jahr 2016 landete er einen Hit: Platz fünf in den Country- und einen beachtlichen 46. Rang in den Pop-Charts. Der 2019 erschienene Nachfolger "Nothing To Do Town" schnitt ebenfalls gut ab: dritter Rang in den Country-, ein 50. in den Pop-Bestenlisten. Keine Frage, er hatte es geschafft.
Jetzt, drei Jahre nach dem letzten Werk meldet sich Dylan Scott mit der EP "Livin' My Best Life” zurück. Wie heute üblich, verkürzte er die Wartezeit seiner Fans mit Vorab-Veröffentlichungen – und die (zwei an der Zahl) schlugen sich wacker bis mittelprächtig. So ganz genau weiß der Sänger also heute nicht, wo er steht und wie es um ihn steht. Natürlich sind die zwei Tracks auch Bestandteil seiner EP: "Can't Have Mine (Find You A Girl)" schnitt im Platzierungsrennen nicht sehr erfolgreich ab und landete auf einen eher enttäuschenden 46. Platz. Merkwürdig. denn der sehr romantische, mit einer niedlichen Melodie ausgestattete und eher dem Folk als dem modernen Country zuzuschreibende Track gehört zu den besten dieser Zusammenstellung. Aber: Balladen zünden meistens nicht kommerziell. Besser schlug sich deshalb das deutlich rockigere und etwas düstere "New Truck". Ein Titel, für den er sicher keinen Innovations-Preis einheimsen wird. Dafür aber überzeugt der wuchtige, alle konventionellen Schlüsselreize des Genres bedienende Song als schnörkelloser Country-Rocker. Solide Wertarbeit, der Ford Pick-Up der EP.
"Livin' My Best Life”: Song-Futter für Traditionalisten und Freunde des modernen Country
Musikalisch interessanter sind aber andere Songs. Beispielsweise der Opener "Lay Down with You". Bei dem sehr verhalten beginnenden Track spielt Dylan Scott gleich in den ersten Takten sein Potential als Country-Brummbär aus. Tief, tiefer, Dylan Scott. Zum Glück ist das Lied aber keine Leistungsschau seines imposanten Bass-Registers, sondern ein gefühlvoller, sehr, sehr romantischer Country-Folk-Song. Dazu: sehr retro, ganz im Sound der 90er Country-Welle angelegt.
Im nächsten Song, "Amen to That", gelingt dem Sänger aus dem Stand der Sprung in die Jetzt-Zeit: ein hipper, heutigen Sound-Ansprüchen jederzeit gerecht werdender Titel mit Ohrwurm-Refrain. Hitpotential? Aber Hallo! Ob sich das auch vom anschließenden "In Our Blood" sagen lässt? Vermutlich. Obwohl das Duett mit Jimmie Allen gesellschaftsrelevante Themen behandelt und von einer düsteren Grundstimmung geprägt ist, kann der Track voll überzeugen. Je öfter man ihn hört, desto besser findet man ihn. Ein gutes Zeichen, das viele klassische Tracks auszeichnet.
In einem ganz anderen Stimmungs-Fahrwasser hat er, ganz dem Songtitel entsprechend, "Livin' My Best Life” angesiedelt. Klar, hier geht es um Frohsinn, um Euphorie, um Lebenslust, um Party, Mädels um sorgenfreies Leben. Musikalisch ist das fröhlich gesungene Carpe Diem mit den zu erwartenden Klängen untermalt. Nicht billig, nicht seicht, aber auch eher ohne Tiefgang. Genau der richtige Song also für einen Sommertag am See. Das melodiös eher unauffällige, aber allemal stadiontauglich arrangierte "Static" rundet die Zusammenstellung ab.
Fazit: Keine Frage, Dylan Scott gehört zu den stimmkräftigsten Sängern im heutigen Country. Auf "Livin' My Best Life” bedient er souverän das Traditionalisten- wie das Modern-Country-Lager. Ein Plan, der in den Charts aufgehen sollte.
Label: Curb (H'Art) | VÖ: 5. August 2022 |
01 | New Truck |
02 | Amen to That |
03 | Can't Have Mine (Find You a Girl) |
04 | In Our Blood (mit Jimmie Allen) |
05 | Static |
06 | Lay Down with You |
07 | Livin' My Best Life |
08 | Nobody |