Eli Young Band - Love Talking

CD Cover: Eli Young Band - Love Talking

Nach etwas bescheideneren Erfolgen will es die Eli Young Band mit "Love Talking" jetzt wieder wissen

Die Karriere der Eli Young Band gleicht einer Achterbahnfahrt: zunächst ging es in den frühen 2003er Jahren gemächlich und nur leidlich erfolgreich los; 2008 setzten sie mit ihrem dritten Album "Jet Black & Jelous" ein erstes, in der gesamten Country-Szene wahrgenommenes Ausrufezeichen: Platz fünf in den Country-Charts plus ein 30. Rang in den amerikanischen Top 200.

"Life at Best" aus dem Jahr 2011 konnte diesen Erfolg mit Top-5-Plätzen in den beiden relevanten Hitparaden sogar noch toppen und "10 000 Towns" aus dem Jahr 2014 blieb ebenfalls in der Hit-Spur. Die Eli Young Band war da spätestens: ein Top-Act und Hit-Lieferant.

Mit "Love Talking” wieder in die Erfolgsspur?

Doch so ruhmreich ging es für die Texaner um Sänger Mike Eli und Gitarrist James Young leider nicht weiter: Sowohl die EP "Turn It On" (2015), als auch das nächste Studio-Album "Fingerprints" (2017) und auch die vor drei Jahren erschienene Best-Of-Zusammenstellung spielten in der Country-Bestenliste eine untergeordnete (jenseits der Top 10) und in den Top 200 gar keine Rolle (jenseits der Top 100). Für sensible Künstler-Seelen sind das keine guten Nachrichten. Im Gegenteil. Man stellt da schon mal alles in Frage und möchte - nicht selten - den nächsten ordentlichen Erfolg mit aller Kraft erzwingen. Wie man weiß, geht das leider nicht so einfach.

Auch das texanische Quartett um die beiden Bandleader Eli und Young wird sich für "Love Talking" einiges vorgenommen haben. Und wer den Opener und Titeltrack hört, wird ihnen womöglich gleich mal Applaus spenden. Schließlich bietet der von Mike Eli, Eric Arjes und Jeffrey East geschriebene Song ziemlich genau den Song, den man sich von der Eli Young Band wünscht: melodischer, mit einem Schuss Sehnsucht versehener Country-Rock, top interpretiert, zurückhaltend arrangiert und mit klasse Melodien versehen. Ein Track, wie geschaffen für eine Fahrt auf einer endlosen Interstate. So kann's weiter gehen.

So könnte es weiter gehen. Doch leider muss man sagen, dass der erste Song des acht Tracks umfassenden Albums (plus der Acoustic-Version von "Love Talking") auch schon den Höhepunkt der CD markiert. Keiner der weiteren Tracks kann diese hoch gelegte Messlatte noch nehmen, obwohl sich Eli Young (der einzige Songautor der Band) mit einigen der besten Song-Schmiede Nashvilles zusammengetan hat. Woran es liegt? Genau genommen an zwei Gründen: Zum einen entfacht kein weiterer Track mehr die träumerische Songwirkung des Titeltracks; zum anderen hat die Band vielleicht einfach um einen Tick zu viel gewollt. Nahezu jeder weitere Song ist nach dem bewährten aber auch längst auserzählten Muster "verhaltene Strophe, Vollgas-Refrain" gestrickt.

Die Eli Young Band will unbedingt den nächsten Hit landen

Das ist nicht nur etwas phantasielos. Es ist auch schade. Denn Songs wie das positiv-entspannte "Live With It" (komponiert von Mike Eli, Josh Osborne und Daniel Ross), der von einem synkopierten Groove geprägter Country-Rocker "Tell Me It Is" (Mike Eli, Jon Nite, Jimmy Robbins) oder das Folk-orientierte "Love Ain't" (Ross Copperman, Ashley Gorley, Shane McAnally) kämen gut auch ohne dieses bemühte musikalische Erweckungserlebnis im Refrain aus. Klar, die Herren wissen: eine starke Hookline beschert die halbe Hit-Miete. Andererseits kann diese Gangart auch die starke Stimmung einer Strophe zunichtemachen - so geschehen beispielsweise bei dem als akustischen Folk-Song gestarteten "A Good Thing", den Mike Eli, gemeinsam mit Eric Arjes und Jeffery East schrieb. Kaum kommt der Refrain, ist der sensible Strophen-Zauber auch schon dahin und der Song wird zur gewöhnlichen Dutzendware. Gleiches gilt für die gefühlvolle, mit spacigen Sounds ausgestattete Ballade "Chances Are" (Mike Eli, Eric Arjes und Jordan Minton). Man wartet da schon während der Strophe, ob im Refrain wieder die Potis nach oben gezogen werden. Werden sie. Leider.

Dass es auch anders geht, zeigt die bereits mehrfach für einen Grammy nominierte Eli Young Band in dem melancholischen Drinkin'-Song "Break Up in a Bar", geschrieben von Ashley Gorley, Ben Johnson und Hunter Phelps. Ein schnurgerader Country-Rocker mit angezerrter Gitarre, schönen Slide-Gitarren-Elementen und - als weitere Garnierung - Sounds im Stile des 80er-Jahre-Rock.

Fazit: Hit - auf Teufel komm raus!? Es scheint fast so, dass die Eli Young Band mit "Love Talking" alles daransetzt, um wieder an alte Erfolge anzuknüpfen - und vergibt damit so manche Song-Chance.

Label: The Valory Music Co. (Universal) VÖ: 3. Juni 2022
01 Love Talking
02 Lucky for Me
03 Break Up in a Bar
04 Love Ain't
05 Chances Are
06 Live with It
07 Tell Me It Is
08 A Good Thing
09 Love Talking
vgw
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Matze7898 antwortete auf das Thema:
2 Jahre 3 Monate her
Matze7898s Avatar
Ich habe erst die Kritik gelesen und dann das Album gehört - ich muss sagen, nach dem doch recht negativen Bild überproduzierter Refrains, das hier gezeichnet wurde, bin ich positiv überrascht von der Realität dieser Platte. Ich finde vor allem die Kritik an Live With It und Tell Me It Is in dem Ausmaß nicht gerechtfertigt, die Refrains gehen nach vorn, ja, aber nicht mit Vollgas und nicht ohne Rücksicht auf Verluste. Alles in allem gelungener als hier dargestellt.

Dennoch wird die Platte kein Dauerspieler bei mir, dafür ist dann tatsächlich zu wenig Abwechslung und zu viel Einheitsbrei dabei.

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