Neil Young - Journeys

Neil Young - Journeys

Im Mai 2011 fuhr Neil Young in einem 1956er Crown Victoria von seinem idyllischen Heimatort Omemee, Ontario, in die kultige Massey Hall in Toronto, wo er die letzten beiden Abende seiner Solo-Welttournee aufführte. Während der Fahrt erzählte Young dem mit dem Academy Award® ausgezeichneten Filmemacher Jonathan Demme aufschlussreiche und introspektive Geschichten aus seiner Jugend. Diese Dokumentation enthält 12 Live-Mitschnitte.

Cover: Neil Young - Journeys
 

Oscar-Preisträger Jonathan Demme drehte die Dokumentation über Neil Young

Neil Young liebt den Sound alter Autos, zum Beispiel den tief röhrenden Klang eines Ford Crown Victoria Baujahr 1956. Bestens passend zu einem Künstler, der CDs ablehnt und niemals für Budweiser oder Coca Cola Werbung machen würde. Also lässt er sich von Regisseur Jonathan Demme zu einer Fahrt darin überreden, die für andere zwei Stunden dauert, für ihn aber ein ganzes Leben.

Neil Youngs Journeys führt nach Toronto (Kanada)

Es geht zurück an den Ort, wo er 1971 schon einmal ein Konzert filmen ließ, in der legendären Massey Hall in Toronto (Kanada), 90 Meilen von seinem Geburtsort Omemee entfernt. Es sind 2011 die letzten beiden Termine seiner Welttournee, ein Heimspiel, versteht sich, die hingebungsvolle Aufmerksamkeit des im Dunkeln bleibenden Publikums ist bei diesem intimen Konzertfilm durchgängig spürbar. Es gibt spontanen Applaus für Sixties-selige Erinnerungen an das "getting hig"“ ebenso wie für das bloße Nennen der Stadt Toronto.

In 87 Minuten arbeitet sich Neil Young ganz allein durch eine 13 Songs umfassende Auswahl bekannter Titel wie dem alten "My My, Hey Hey (Out of the Blue)", dem noch älteren "Down By the River" über "Goldrush" bis hin zu neuen Songs wie "Love and War" und dem programmatisch am Ende platzierten "Walk With Me". Die Kamera schwenkt von Neil Young auf Neil Young, hier am Klavier, dort am Harmonium, an der Gitarre, mit und ohne Mundharmonika, bis auf einen mannshohen Holzindianer ist die Bühne leer und allein gefüllt mit der Präsenz des konzentrierten Künstlers. Regie und Kamera verfolgen eine "ganz nah dran" Strategie, bewegt, aber nicht unruhig sind wir dabei, wenn die Worte zum x-ten Mal den Mund verlassen, so oft gehört, so oft gesungen und doch ist es neu sie zu erleben, wenigstens doch in dieser Konstellation: "it’s better to burn out, cause rust never sleeps." Hat er das jetzt wirklich so gesungen? Sein Blick ist ins Weite und nach Innen zugleich gerichtet, singt es für sich ebenso wie für das Publikum und die Kamera. Neil Young in seinem hellen Leinenanzug und dem zerschossenen Hut ist kein Neil Young Darsteller, er lebt die Songs immer wieder aufs Neue. Und plötzlich, hier so nah, bekommen die Worte, die oft auch wie ein Mantra wirken, neue Bedeutung. Man meint sie jetzt gerade erst richtig verstanden zu haben.

Jonathan Demme führte Regie bei "Neil Young - Journeys"

Jonathan Demme ist nicht nur der Erschaffer des inzwischen zum Klassiker avancierten Thrillers "Das Schweigen der Lämmer". Neben Spielfilmen wie "Philadelphia" hat er immer auch Musikfilme gedreht, wie den hochgelobten Film "Stop Making Sense" mit David Byrne und den Talking Heads.

Er ist ein Fan und ein Freund. Journeys ist bereits sein dritter Film mit und über Neil Young. "Heart of Gold" von 2006 war Neil Youngs Hommage an die Großen im Country, aufgenommen an zwei Abenden im Rhyman Theatre Nashville, Tennessee, und die "Neil Young Trunk Show" dokumentierte 2009 das weite Spektrum Youngs zwischen Folk, Rock und Vaudeville. Mit Journeys schließt sich die Trilogie nun auf ruhige, manchmal sentimentale Weise. Wie auch in den Filmen zuvor gibt es Interview- und Dokumentarabschnitte, zeigt Neil Young im Auto, begleitet von seinem Bruder Bob Young, auf den Spuren seiner Kindheit in Omemee. Jener kleinen Stadt, der er  im Song "Helpless" immer wieder ein Denkmal setzt, wenn er anfängt zu singen: "There is a town in North Ontario".  Wir erfahren, dass er hier als Kind Teer aß im Glauben er wandele sich zu Schokolade, und dass er - verschmitztes Grinsen - mit einem Feuerwerkskörper eine Schildkröte sprengte. Die Fahrt geht vorbei an der nach seinem Schriftsteller Vater Scott Alexander Young benannten Schule, und vorbei an der Wiese, wo einst die Wäsche der Familie im Wind flatterte.

Im Bonusmaterial zur DVD treten Young und Demme gemeinsam anlässlich der Premiere von Journeys beim Slamdance Filmfestival auf und appellieren eindringlich an die anwesenden Filmstudenten, niemals den Glauben an sich selber aufzugeben. Auf diese Weise geben sie der sehenswerten Dokumentation ein Ende von unschätzbarem Wert.

Fazit: Neil Young Journeys dokumentiert erneut, diesmal berührend nah, das Schaffen eines der größten und erfahrensten Live-Performer der Rockgeschichte

vgw