Shania Twain - "Not Just a Girl": Porträt einer Country-Sängerin
Die ersten Bilder zeigen Shania Twain wie sie mit dem Auto an einem Bühneneingang ankommt. Sofort springt sie in die Garderobe, die sie im nächsten Augenblick im schwarzen Glitzer-Kleid und mit Cowboyhut wieder verlässt. Der Weg führt in den Konzertsaal, wo sie von Hunderten von Fans gehuldigt wird. So kennt und liebt man Shania Twain. Doch dann geht’s in ihre Vergangenheit. Schon als Dreijährige wird sie von ihrer Mutter ermutigt, vor Leuten zu singen. Die siebenköpfige Familie ist arm, daheim herrscht Gewalt. Gern würde man mehr über ihre frühe Kindheit erfahren, von der Besessenheit der Mutter, ihre Tochter wegen ihres Talents nach oben bringen zu wollen. Aber da erlaubt die Dokumentation keinen tieferen Einblick. Den Schmerz kann man nur erahnen.
Mit elf Jahren tritt das Mädchen in Bars auf, mit dem Song "Oh, Daddy" landet sie im Fernsehen. Keine normale Kindheit. Mit 22 der nächste Schock. Ihre Eltern sterben 1987 bei einem Autounfall, nun muss sich Shania Twain um die Geschwister kümmern. Geld muss her, sie perfektioniert ihren Gesang und plötzlich kommt ihre große Chance.
Shania Twain - "Not Just a Girl" - Ein Leben zwischen Liebe und Leid
In knapp 90 Minuten reitet der Film chronologisch an dem bisherigen Leben von Shania Twain entlang. Wir erfahren wie sie zu ihrem Künstlernamen kam. Shania ist ein Wort der Ojibwa-Indianer und bedeutet "Auf meinem Weg sein". Wie passend, den mit ihrer Entscheidung im Jahre 1992, bereit für den Country zu sein, geht es auf ihrer Karriereleiter nur noch aufwärts. Erster Plattenvertrag, aber erst mit dem zweiten Album "The Woman in Me" geht so richtig die Post ab. Immer wieder wird dabei erwähnt, dass Shania Twain eine selbstbewusste Frau ist, die gewillt ist, Ihre Ideen durchzusetzen. Musikvideos spielen dabei eine große Rolle. Sie lässt sich etwa völlig untypisch für eine Country-Sängerin an einem karibischen anmutenden Strand oder vor den Pyramiden Ägyptens inszenieren. Sie zeigt Taille und wirkt sexy - genau das öffnet ihr die Tür zum Mainstream der Popmusik, wodurch auch der Country massenkompatibler wird. Als sie auch noch den Produzenten Mutt Lange kennen und lieben lernt, scheint das Glück perfekt zu sein.
Singen und gleichzeitig High Heels tragen
Ab diesem Moment tritt Regisseur Joss Crowley, der auch schon Filme über Elvis Costello und Simple Minds drehte, auf der Stelle. Mit ihrem 1997 erschienenem Album "Come On Over" bricht sie Rekorde, 2001 wird ihr Sohn geboren. Eine typische Erfolgsgeschichte wie sie Amerikaner lieben, aber für Europäer dann schnell zu kitschig wird. Da muss das Schicksal wieder zuschlagen. Trennung, Krankheit, Karrieretief - am Ende wird auch das geboten, und damit kommt auch wieder emotionaler Schwung in die Dokumentation. Was am Ende bleibt, ist aber eine sympathische Protagonistin, die sich in "Not Just a Girl" zwar auch gern für ihren frühen Feminismus feiern lässt, aber trotzdem ein ehrliches Bild von sich abgeben will. Das nimmt man ihr ab, wenn sie an einer Stelle sagt, wie sie lernen musste, zu singen und gleichzeitig High Heels zu tragen. Dieser Spagat ist Shania Twain gelungen.
Fazit: Obwohl die Dokumentation "Not Just a Girl" recht konventionell die Lebensstationen von Shania Twain abfährt, schaut man gespannt zu. Denn diese starke, schöne und charismatische Frau hat neue Wege in der Country Music geebnet. Allein das ist schon ein Film wert.