Rockige Nummern und etwas weniger Tradition
Wenn man es in einer Szene, die fast täglich neue Künstler zum Vorschein bringt, gleich mit dem Debüt schafft, sich einen Namen zu machen, kann das Fluch oder Segen bedeuten. Dustin Lynch ist trotz einer knappen Million verkaufter Exemplare seines schlicht mit seinem Namen betitelten Erstlingswerks auf dem Teppich geblieben. Selbst wenn Brett Beavers und Luke Wooten statt wie beim ersten Werk nur drei der diesmal 15 Tracks produziert haben - Fans der ersten Stunde müssen sich auch unter der Regie von Mickey Jack Cones an den Reglern nicht an einen völlig neuen Lynch-Sound gewöhnen.
Der legt - wie bereits beim Vorgänger - gleich mit der rockigsten Nummer des ganzen Albums los. Nach "Hell of a Night" folgt mit "To The Sky" gleich ein zweiter groovig-rockender Muntermacher. Es dauert bis zur dritten Nummer "Halo", bis Lynch sein normales Tempo erreicht, denn auch bei seinem zweiten Output stehen Midtempo-Nummern klar im Vordergrund. Mit "After Party" bleibt Lynch beim mittleren Tempo, dennoch rockt es hier schon wieder mehr als beim "Halo" zuvor.
Der Titeltrack, den Lynch gleichzeitig als erste Single ins Rennen geschickt hat, stellt die erste Abweichung des gewohnten Klangbilds dar. Denn Lynch kommt offenbar auch nicht umher, seine Musik mit HipHop-Beats zu unterstreichen, so wie es fast die Hälfte der Acts, die es in den vergangenen zwei Jahren in die Top 25 geschafft haben. Wer will ihm den Flirt mit Pop und Co. verdenken - man denke nur einmal an die Erfolge von Florida Georgia Line.
Doch keine Sorge, der Mann, der in nur 75 Autominuten von Nashville entfernten Tullahoma aufgewachsenen ist, hat immer noch Country im Blut. So wandert Lynch bei "She Wants a Cowboy" ganz eindeutig auf den Spuren von George Strait. In der herrlichen Retro-Nummer erinnern sogar die verwendeten Streicherklänge ganz klar an die großen Hits des King of Country Ende der Achtziger Jahre.
Was Lynch stimmlich zu bieten hat, deutet sich in vielen Songs (nur) an - richtig gut zu hören ist seine tolle Stimme bei "Your Daddy's Boots". Bei dem ruhigsten Song des Albums geht es um einen Bräutigam, der bei seiner Hochzeit den Tanz zwischen Braut-Vater und Tochter beobachtet und darüber nachdenkt, wie er nun der wichtigste Mann im Leben seiner Angebeteten werden kann. Eine schöne Ballade, die fast so bewegend wie "Cowboys and Angels" geworden ist, das Lynch übrigens ebenfalls zusammen mit Josh Leo und Tim Nichols verfasst hat.
Insgesamt bringt es Lynch diesmal nur auf fünf Songwriter-Beteiligungen - beim Debüt waren es noch doppelt so viele gewesen. Dafür aber ist Lynch neben Zach Crowell und Ashley Gorley an "Middle of Nowhere" beteiligt, das sich zusammen mit "Right Where We Want It" als die beiden hittauglichsten Titel des Albums entpuppen.
Fazit: Etwas mehr Tradition hätte Dustin Lynch nicht geschadet, um sich etwas mehr von der aktuellen Konkurrenz abzusetzen. So orientiert sich Lynch scheinbar mehr auf das Geschehen in den Charts als auf seine eigenen Qualitäten. Dennoch ist dabei ein gutes Album herausgekommen, das aber an den beeindruckenden Vorgänger nicht ganz heran kommt.
Label: Broken Bow (hier nicht veröffentlicht) | VÖ: 9. September 2014 |
01 | Hell of a Night |
02 | To The Sky |
03 | Halo |
04 | After Party |
05 | Where It's At |
06 | Mind Reader |
07 | Right Where We Want It |
08 | She Wants a Cowboy |
09 | Sing It to Me |
10 | All Night |
11 | Middle of Nowhere |
12 | World to Me |
13 | What You Wanna Hear |
14 | Your Daddy's Boots |
15 | American Prayer |