Das Album hat trotz bietenden virtuosen Feuerwerks auch eine traurige Note: Es ist auch das Vermächtnis von Mike Auldridge. Einen Tag vor seinem 74. Geburtstag verstarb Ende 2012 der grandiose Begleiter von Linda Ronstadt, Lyle Lovett oder Emmylou Harris an seinem Krebsleiden. Wie groß die Lücke ist, die er als Musiker hinterlässt, dokumentieren die elf Songs der CD.
"Mir war es wichtig", sagt Jerry Douglas, "dass dieses Album Mike gerecht wird. Er sollte im Mittelpunkt stehen und so beschlossen wir, das zu spielen, was er spielen wollte. Und er spielte so gut wie immer. Er war der eigentliche Motor, sein Enthusiasmus trieb Rob und mich dazu an, alles zu geben."
Alles heißt bei diesen Großmeistern der traditionellen Musik aber nicht: die ganz große Fingerübung; die Jagd nach Geschwindigkeits- und Schwierigkeits-Rekorden. Sondern: alles zu geben, was an Gefühl und Leidenschaft und Virtuosität zu holen ist. Bei den Dreien ist es eine Menge. Und so verströmt das Album eine großartige, zu jedem Ton tiefenentspannte Atmosphäre.
Schon nach den ersten Akkorden und Solo-Ausflügen des Openers "Silver Threads Among The Gold" sieht man das uneitle Trio vor dem inneren Auge dasitzen. Wie sie sich zunicken und sich gegenseitig die Harmonie-Bälle zuspielen. Diese drei waren - wohl nicht nur bei diesen Sessions - absolut auf einer Wellenlänge. Das wird auch bei dem etwas temperamentvolleren "North" deutlich. Zu den wunderbaren Harmonien perlen und fließen die Dobro-Läufe dahin wie ein Fluss in den Rocky Mountains: klar, kraftvoll, schön.
"Es gibt keine pyrotechnischen Mätzchen", sagt Douglas. Und er meint damit, dass sich die drei schnellen Finger der Music Row keine spektakulären Schusswechsel an ihren Instrumenten liefern. "Darum ging es uns nicht", führt der Sideman von u.a. Eric Clapton, Dolly Parton, Paul Simon und Mumford & Sons fort, "die letzten Aufnahmen von Mike mussten wirklich etwas Außergewöhnliches bieten."
Vorhaben geglückt! Auch, wenn sich der Dobro-Dreier an Pop versucht - wie an einem Mini-Medley, bestehend aus dem Beatles-Hit "Till There Was You" und dem Henry Mancini-Evergreen "Moon River". Wer Ohren hat, der schmelze dahin...
Das gilt auch für das anschließende "Dobro Heaven". Man mag sich gar nicht so recht vorstellen, wie es Mike Auldridge zumute gewesen sein muss, diesen Titel einzuspielen. Mit dem Wissen, dass er selbst schon bald in den Dobro-Himmel ziehen wird. Dennoch bietet der Titel alles an Feuer und instrumentaler Kraft - eine unglaubliche Leistung!
Zu den weiteren Glanztaten gehören das wehmütige "The Perils of Private Mulvaney", das Jerry Douglas in der Solo-Rolle zeigt, und das an einen Soundcheck erinnernde "The Message", dem Rob Ickes den Stempel aufdrückt. Den emotionalen Höhepunkt setzt aber das genauso gefühlvolle, wie beschwingte "For Buddy". Es lebe die Freundschaft! Die Musik! Der Bluegrass! Das Dobro! Und: Mike Auldridge!!
Fazit: Drei Dobros, elf Instrumentals, jede Menge Genie. Das Vermächtnis für den großen Mike Auldridge hätte nicht schöner ausfallen können. Danke!
Label: Rounder (Universal) | VÖ: 12. September 2014 |
Titelliste
01 | Silver Threads Among The Gold | 07 | The Three Bells |
02 | North | 08 | For Buddy |
03 | Till There Was You / Moon River | 09 | The Message |
04 | Dobro Heaven | 10 | Panhandle Rag |
05 | Sunrise Serenade | 11 | I'm Using My Bible For A Roadmap |
06 | The Perils of Private Mulvaney |