Erstaunlich ist auch ihre Biografie: 1993 im kalifornischen Santa Clara geboren und in Palo Alto aufgewachsen, kam sie schon als Kind mit Roots-Klängen in Berührung. Kein Wunder, schließlich war Papa Jack ein Multiinstrumentalist, ein top Bluegrass-Musiker und Musiklehrer. Die Folge: mit 13 nahm sie mit Daddy ihr erstes Album auf ("The Old Apple Tree"), die Musikkarriere nahm Fahrt auf. Und wie. Es folgten Stipendien, Erfolge bei Wettbewerben, weitere Alben, verschiedene Kooperationen und Bandprojekte sowie zahllose Auftritte. Noch schneller und weiter nach oben ging es für Molly Tuttle, als sie 2017 nach Nashville zog.
Starkes Team: Molly Tuttle & Golden Highway
Erst vor wenigen Wochen erhielt sie einen Grammy ("Best Bluesgrass Album") für ihr letztes Album "Crooked Tree". Sie hat es geschafft - und sie legt nach. Für "City of Gold" hat sie sich wieder mit ihrer jungen Begleitband "Golden Highway" zusammengetan, die Produktion teilte sie sich mit Dobro-Ass Jerry Douglas und das Songwriting mit Ketch Secor von Old Crow Medicine Show. Höchste Qualität ist da vorneherein garantiert. Oder etwa nicht?
Natürlich! Zumal Molly Tuttle jetzt nicht hektisch nach der Devise "Eisen schmieden, solange es heiß ist" vorging. Im Gegenteil. Sie hat sich für "City of Gold" eine Art Masterplan zurechtgelegt. Erster und wegweisender Impuls: die Erinnerung an einen Ausflug mit ihrem Vater. Sie besuchten einst in Caloma einen Ort, wo einst Gold geschürft wurde. Ein stummer Zeuge des Goldrausches, dem sie gleich den Opener "El Dorado" widmet. Ein schöner, melodisch verträumter Song, hochkarätiges Americana. Gleiches gilt für das nachfolgende "Where Did All the Wild Things Go?", den sie mit rockigen Riffs um eine weitere Klangfarbe ergänzt. Ein kleiner, aber effektvoller Trick mit dem sie das altehrwürdige Genre schnurstracks in das Hier und Jetzt überführt.
"City of Gold": hochkarätige Facetten der Rootsmusik
Welche Art von Musikern und Musikerinnen bei "City of Gold" Hand anlegen, wird bei "San Joaquin" deutlich: ein rasanter Bluegrass-Feger mit virtuosen Meisterleistungen. Molly Tuttle hat das ganze Repertoire drauf. Schnell und langsam, gefühlvoll und kraftvoll. Im nächsten Track, "Yosemite" schlägt sie im Midtempo-Bereich erlesene Folk-Klänge an, behilflich dabei ist ihr Folk- und Pop-Star Dave Matthews, ein absolutes Glanzlicht der CD. Gefolgt von einem weiteren, wenn nicht sogar dem Highlight: Mit "Next Rodeo" zeigt die junge Bluegrass-Königin, dass sie auch im klassischen Country-Metier bestens zu Hause ist.
So hochkarätig und vielfältig geht es im Verlauf der 13-Songs-starken CD weiter: das ernüchternde "When My Race is Run" ist im Grenzbereich zwischen Country und Folk angelegt, "Alice in the Bluegrass" schimmert als traurig-ruhige Bluegrass-Perle, "Stranger Things" gefällt als geheimnisvoller, zurückhaltend arrangierte Americana-Track und das temperamentvolle "Down Home Dispensary" schürft erneut im guten, alten Country-Claim. Ein Highlight herauszupicken, fällt da schwer. Alle Tracks sind Hochkaräter. Alles klingt ehrlich und authentisch. Selbst wenn die gerade mal 30-Jährige mit "More Like a River" und "The First Time I Fell In Love" ganz im Retro-Country schwelgt. Im Gegensatz zu anderen jungen Acts (zum Beispiel Kacy Musgraves) ist hier aber kein Augenzwinkern, keine Spur von Ironie auszumachen. Nein, Molly Tuttle meint es ernst. Mit uns und mit ihrer Musik. Sehr schön!
Fazit: Gerade erst mit einem Grammy ausgezeichnet, legt Molly Tuttle nach: "City of Gold" hält exzellenten Bluegrass, Folk und Roots-Country bereit. Mit dabei: Ihre Begleitband Golden Highway, Produzent Jerry Douglas, Co-Autor Ketch Secor und David Matthews.