Auf dem edlen Schwarz-Weiß-Cover posieren die zwei richtig niedlich. Sie: elegante Schauspielerinnen-Frisur, Platin-Grau, Strahlelächeln. Er: Knitterhut, gepunktetes Hemd, lässiges Zweireiher-Sakko und Spitzbuben-Lächeln. Eine gute Kombi, auch optisch. Vor allem aber natürlich akustisch.
Old Yellow Moon als Country noch nicht wie Bryan Adams klingen musste
Schon der Auftakt verheißt Gutes. "Hanging Up My Heart" klingt, wie Country einst geklungen hat. Einst, als Country noch nicht wie Pink oder Bryan Adams klingen musste, um erfolgreich zu sein. Geschrieben hat den Old-Fashion-Song Hank DeVito, selbst ein Old-Fashion-Guy, schließlich hat er Anfang der 80er Jahre den Evergreen "Queen of Hearts" erfunden. Offenbar hat er es immer noch mit dem Herzen, wobei dieser neue Track nicht über diese zwingende, schon fast ins Schlagerhafte changierende Hookline verfügt. Kein Nachteil.
Trotzdem rollt das anschließende "Invitation to the Blues“ noch um einen Tick zwingender aus den Boxen. Das liegt auch am Druck, den die beteiligten Musiker - u.a. Drummer Chad Cromwell, Bassist Dennis Crouch, Larry Franklin an der Fiddle - bei der Roger Miller-Komposition entwickeln. Man hört ihre Spielfreude zu jeder Note.
Während sich bei den ersten beiden Songs die beiden Interpreten die Vocals teilen, steht beim nachfolgenden "Spanish Dancer" ganz Emmylou Harris im Vordergrund. Ihre leicht angerauhte, mitunter brüchige Stimme passt sehr gut zu der melancholischen Stimmung der Patti Scialfia-Komposition (Bruce Springsteens Eheweib). Mit dabei in dem erlauchten Ensemble ist übrigens auch Vince Gill. Mal spielt er Gitarre, mal steuert er Harmony Vocals bei. Vince Gill behauptet ja von sich selbst, nie "Nein-Sagen" zu können. Man darf ihm das glauben, aber auch davon ausgehen, dass er hier sehr gerne mit dabei war.
Harris, Emmylou & Rodney Crowell schaffen auf dem Album eine besondere Atmosphäre
Das liegt an der gesamten Atmosphäre dieser CD. An den handverlesenen Musikern, den luftigen Arrangements, den Produktionskünsten von Brian Ahern und natürlich: an den großartigen Songs. Songs wie das rockige "Chase The Feeling" (von Kris Kristofferson), das wehmütige "Dreaming My Dreams" (von Allen Reynolds) oder das ergreifende "Back When We Were Beautiful" (Matraca Berg).
Neben den Fremdkompositionen steuert vor allem Rodney Crowell ein paar Titel bei. Vier sind es, um genau zu sein. Songs wie "Bull Rider", "Bluebird Wine" oder "Here We Are" weisen ihn zu einem Meister seines Fachs aus. Seine Kompositionen gewinnen vor allem, wenn er auch die Lead-Vocals übernimmt. Da setzt er den rustikalen Klängen eine erstaunlich sanfte Stimme entgegen. Nicht selten erinnert er dabei an Beatle Paul McCartney. Man nehme nur den Titeltrack. Ganz der Paule, möchte man fast sagen ...
Fazit: Zwei Veteranen auf der Höhe ihrer Kunst. Ein Paar zum Verlieben - und mit reichlich kompetenter Unterstützung.