Country muss für den 1974 geborenen Künstler eine Herzensangelegenheit sein. Ginge es nach kommerziellen Gesichtspunkten, würde er wieder einen Mix aus Rock, Rap, Blues und Country anbieten - eine Mischung, mit der er seine großen Erfolge feierte. "Midnight Special" ist allerdings anders angelegt und eindeutig im Country angesiedelt. Dafür steht auch Produzent Keith Stegall (Alan Jackson) und die hier versammelte Musikerriege um Gitarrist Brent Mason, Bassist Glenn Worf und Tastenexperte Gary Prim.
Beste Voraussetzungen also für ein gutes Album? Möchte man auf alle Fälle meinen. Und schlecht ist "Midnight Special" auch unter Garantie nicht. Dafür hält die CD einfach zu viele gelungene Melodien bereit. Doch so richtig begeistert will man von den elf Tracks auch nicht sein. Der Grund liegt hier weder am Sänger - klasse Stimme! - und schon gar nicht an den musikalischen Beiträgen, sondern einfach an den Songs. Titel wie das rockige, im Midtempo gehaltene "I'd Be There", das hartnäckig an ungetrübten Frohsinn appellierende "Nobody's Sad On A Saturday Night" oder das kesse, mit sexuellen Schlüsselreizen aufgeladene "Four Letter Word" erfüllen freilich jeden professionellen Maßstab, ohne jedoch richtig zünden zu wollen: Man hört sie, man mag sie, man vergisst sie.
Besser im Gehörgang bleiben da schon die markanteren, originelleren Titel haften. Einer davon ist der Opener "You Got That Thang" - ein flotter Shuffle mit leidenschaftlicher Slide-Gitarre und lässigen Harmonien. Wer sich eine Mischung aus Kenny Chesney und den Swamp-Klängen von Ry Cooder oder Sonny Landreth vorstellen kann, bekommt eine Ahnung von dem süffigen Sound-Gebräu. Über den Durchschnitt der CD ragt auch der mit einer Bläser-Section ausgestattete Rhythm & Blues von "In Between Disasters" hinaus. Der Flirt mit dem benachbarten Genre bleibt allerdings die Ausnahme. Höchstens das ganz nach Vintage-Blues-Rock klingende Finale mit Sonia Leigh - "It Is What It Is" - knüpft da noch an. Verhalten, denn der Titel klingt so was von uninspiriert und nach Von-der-Stange-Harmonien, dass man spontan an Vergeudung von Talent, Zeit und Geld denkt. Klarer Fall: Der Tiefpunkt der CD - den das schwermütige "When I Close My Eyes", das hymnisch-schöne und philosophisch anmutende "Who We Are" und das an die guten Momente von Tim McGraw erinnernde "Happy" allerdings wettmachen.
Fazit: Uncle Kracker setzt voll auf Country – allerdings nicht immer mit einer glücklichen Songauswahl. Schade, denn stimmlich hat es der Mann drauf.
Label: Sugar Hill (EMI) | VÖ: 16. November 2012 |
Titelliste
01 | You Got That Thang | 07 | Happy |
02 | I'd Be There | 08 | Nobody's Sad On a Saturday Night |
03 | Four Letter Word | 09 | Nuthin' Changes |
04 | Blue Skies | 10 | Who We Are |
05 | When I Close My Eyes | 11 | It Is What It Is (mit Sonia Leigh) |
06 | In Between Disasters |