Dennoch war es Countrymusiker und Songschreiber Chip Taylor ("Wild Thing" für The Troggs, "Try (Just A Little Bit Harder)" für Janis Joplin u.a.), der das Talent der Sängerin beim "South by Southwest"-Musikfestival 2001 in Austin erkannte und förderte. Bei etlichen Alben und EPs machten die junge Sängerin und der alte Songwriter-Hase gemeinsame Sache. Dennoch ist "Love and Circumstance" bereits das vierte echte Solo-Album der hoch gelobten Künstlerin- ein, das muss einfach jede und jeder mal machen, Cover-Album.
Ein Dutzend Song-Perlen hat sie gemeinsam mit Produzent Lee Townsend für diese Verbeugung vor ihren persönlichen Helden ausgegraben. Ein Dutzend-Songs aus der Frühzeit des Country und des jüngeren Americana.
Dass sie sich aber nicht mit einem bloßen Covern der bisweilen legendären Tracks zufrieden gibt, macht schon der Opener "Big Love" deutlich. Der Song stammt aus der Feder von Ry Cooder, John Hiatt, Jim Keltner und Nick Lowe, Jahrgang: frühe 90er Jahre. Eine Zeit, als diese vier Ausnahmemusiker mal ein gemeinsames Projekt am Laufen hatten. Während das Original ziemlich rockig-flockig aus den Lautsprechern dröhnt, konzentriert sich Carrie Rodriguez auf die subtilen Töne und Zwischentöne des Songs- und macht den Track zu einem völlig neuen Lied. Zu ihrem ureigenen. Starke Leistung!
Dies gelingt ihr meist auch bei den weiteren Songs: "Wide River to Cross", geschrieben von Americana-Übervater Buddy Miller, erstrahlt in neuer Frische; "Steal Your Love" aus dem Repertoire ihrer Freundin und Kollegin Lucinda Williams bekommt eine neue Färbung mit deutlich rockigerem Anstrich. Wie sehr sich die heutigen Americana-Acts auf die alten Helden berufen, wird auch hier deutlich: Auf "I Made A Lover's Prayer" von David Rawlings und Gilian Welch folgt "I Started Loving You Again", ein Klassiker von Merle Haggard; auf "Rex's Blues", entworfen vom tragisch-genialen Townes Van Zandt stimmt sie- gleichermaßen gefühl- und kraftvoll- die Hank Williams-Ikone "I'm So Lonesome I Could Cry" an.
Ihren mexikanischen Roots zollt sie auch Tribut: "When I Heard Gypsy Davy Sing" ist eine herrliche Tex-Mex-Komposition von ihrem Vater David Rodriguez; mit dem finalen, extrem langsamen Walzer "La Punalada Trapera" versprüht sie kunstvoll mexikanische Melancholie und Leidenschaft. Feine Musiker wie Drummer Eric Platz, Gitarrist Hans Holzen und die Gitarristen Buddy Miller und Bill Frisell standen ihr bei den Session in Berkeley und London virtuos zur Seite.
Fazit: Die neue Americana-Diva huldigt auf "Love And Circumstance" ihren Roots: Ein Dutzend Cover-Versionen aus den Pioniertagen des Country und der jüngeren Americana-Geschichte. Macht Laune!
Label: Ninth Street Opus (Alive) | VÖ: 4. November 2011 |
Titelliste
01 | Big Love | 07 | I'm Not for Love (mit Bill Frisell) |
02 | Wide River to Cross (mit Buddy Miller) | 08 | I Made a Lover's Prayer (mit Bill Frisell) |
03 | When I Heard Gypsy Davy Sing | 09 | I Started Loving You Again (mit Buddy Miller) |
04 | Eyes on the Prize | 10 | Rex's Blues |
05 | Steal Your Love (mit Bill Frisell) | 11 | I'm So Lonesome I Could Cry (mit Bill Frisell) |
06 | Waltzing's For Dreamers | 12 | La Puñalada Trapera |