Aber das gilt auch für Johnny Irion. Der aus South Carolina stammende Gitarrist, Sänger und Songschreiber stammt ebenfalls aus einer Künstlerfamilie. Seit 1999 sind die beiden verheiratet, seit 2000 machen sie im Duo Musik. Einige Alben und Live-Mitschnitte im eigenen Label (Rte. 8) ließen aufhorchen, "Go Waggaloo" veröffentlichte Smithsonian Folkways, "Bright Examples" kommt aus dem Ninth Street Opus-Stall.
Wie bei dem Stammbaum dieser zwei Künstler-Kinder zu vermuten, geht es in ihrer Musik nicht selten in die 60ies und frühen 70er. In die Zeit, als Neil Young so köstlich "After The Goldrush" besang, Rüschenhemden und Schlaghosen en Vogue waren und "Make Love, Not War" als Lebensmotto durchging. Klarer Fall von Anachronismus also.
Aber ein höchst sympathischer. Und auch kompetenter und häufig sehr, sehr wohlklingender. Sounds und Arrangements machen schon nach wenigen Takten deutlich, dass die Songs von "Bright Examples" nicht in Nashville auf Band gebracht wurden. Die Herangehensweise ist einfach etwas schräger, auch mal rauer- und vor allem: unkonventioneller. Schon bei Opener "Ahead of Myself". Zum Zeitlupen-Schlagzeug-Groove gesellen sich luftige Gitarren, ein paar Klavier-Akkorde. Alles ruhig und etwas kühl. Doch nur bis zum Refrain: Da geht mit sansoweichen Wohlklang-Harmonien die Sonne auf. Ja, das wärmt Herz und Seele.
Noch mehr in die musikalische Vergangenheit geht es bei den nachfolgenden Tracks: "Never Far From My Heart" zitiert mit harmonischem Zweigesang, Klavier und Akustik-Gitarre die Roots der Folk-Musik, das flotte, im Zwei-Viertel-Takt gehaltene "Speed of Light" ergänzt das Soundkonzept um typische Beatles-Melodien und -Arrangements. Gerade bei den diversen Breaks meint man den guten alten Ringo an seinem Ludwig-Set trommeln zu hören.
Nein, diese beiden machen keinen Hehl daraus, dass für sie die Zukunft der Musik in der Vergangenheit liegt. Wer würde sonst schon- wie bei "Seven Sisters"- ein wohltemperiertes Fender-Piano für das Intro erklingen lassen. Zum warmen Vintage-Sound gesellt sich hier auch die Pedal Steel von Charlie Rose um den einen oder anderen Country-Akzent zu setzen. Eben genauso wie bei Neil Young vor langen Jahren ...
Meist bleiben die beiden Neo-Hippies diesem süß-sympathischen Folk-Country-Pop-Sound treu,um Tracks wie das herrliche Liebeslied "Target On Your Heart" anzubieten. Manchmal gehen sie ihr Unternehmen etwas zu verspielt an. Wie zum Beispiel bei "Dupont Circle",ein Kinderlied mit Drumcomputer und ziemlich wildem Gitarrensolo. Und bei "Butterflies" überspannen sie den hymnischen, sphärischen Harmonien-Bogen um eine Umdrehung und erinnern dann eher an das etwas ausgeflippte Electronic-Folk-Duo Goldfrapp. Na ja, auch keine so schlechte Adresse ...
Fazit: Ein Duo mit bemerkenswertem Stammbaumund nicht minder bemerkenswertem Sound: Folk, Hippie, Beat und ein Tick-Country. Wer den alten Neil Young mag, wird auch diese CD lieben.
Label: Ninth Street Opus (Alive) | VÖ: 4. November 2011 |
Titelliste
01 | Ahead of Myself | 07 | Dupont Circle |
02 | Never Far from My Heart | 08 | Butterflies |
03 | Speed of Light | 09 | First Snow |
04 | Seven Sisters | 10 | Cry Quieter |
05 | Target on Your Heart | 11 | Company I'm Keepin |
06 | Hurry Up and Wait | 12 | Bright Examples |