Darryl Worley - Darryl Worley

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"Ich bin mir bewusst, dass für den Rest meiner Karriere bei jedem meiner Konzerte der Song 'Have We Forgotten?' den größten Jubel bekommen wird" sagt der US-Country-Sänger Darryl Worley.

Doch anders als mancher seiner Hauruck-patriotischen Kollegen ist sich Worley der Last bewusst, die er sich mit der Kriegs-bejahenden Hymne aufgeladen hat, die 2003 den bisherigen Höhepunkt seiner Karriere markierte: "Have We Forgotten", - Textzitat: "Some say this country's just out lookin' for a fight Well after 9/11, man I'd have to say that's right" - war sein endgültiger Durchbruch in den US-Charts. Seine Plattenfirma nutzte die Gunst der Stunde und schnürte schnell aus alten Songs eine Art "Greatest Hits"-Package. Doch wer gedacht hätte, der stattliche Muskelmann aus Tennessee würde auf seinen neuen, selbstbetitelten Album auf patriotische Kraftmeierei setzen, der hat sich geirrt. Statt auf rechte Gesinnung oder das flüchtige Lächeln des Hörers zu spekulieren, zeigt Worley auf den zwölf Songs viel Gefühl, erlaubt Zweifel, singt von Tod und Verzweiflung und das verleiht seiner Musik eine Tiefe, die ihr sehr, sehr gut tut.

Worleys Album Nummero Vier beginnt mit einer der schnelleren Nummern des eher verhaltenen Albums, "Awful Beautiful Life": Eine Upbeat-Liebeserklärung an das Leben mit seinen kleinen Tücken und der unterschwelligen Tragik, die hinter jeder Ecke lauern könnte, geschrieben mit Harley Allen. "Was würde eigentlich passieren, wenn man einen Tag lang nur die Wahrheit sagen würde" grübelt er in "If I Could Tell The Truth", geschrieben mit Jerry Salley. Danach darf tüchtig ins Bierglass geweint werden, während sich die restlichen Buddies in der Kneipe amüsieren: "I Love Her, She Hates Me" klagt der tragische Held dieses Kim Williams-, Buddy Brock- und Casey Beathard-Songs. "Ich liebe sie, sie hasst mich. Also betrinke ich mich." Und während man noch diesem traurigen Tropf nachblickt, der langsam unter den Tresen sackt, da stimmt Worley den wohl bewegendsten Song des Albums an: "If Something Should Happen": Die Geschichte eines Mannes, der vor einer Operation einen alten Freund bittet, im Falle eines Falles auf seine Familie aufzupassen: "Versprich mir, dass du mit meinem Sohn Zelten gehst, dass du ihm all seine Fragen beantwortest, und - wenn er älter ist - dann trink sein erstes Bier mit ihm. Und erzähl ihm von seinem Vater. Er weiß, dass du mein bester Freund bist. Sonst würde ich dich nicht um diesen Gefallen bitten."

Ein kleines Bläserensemble jazzt sich dann mit feinem New-Orleans-Feeling durch einen weiteren Worley-Song (einer von insgesamt acht): "Work And Worry". Ein Lied zur Senkung der Arbeitsmoral. Zitat: "If you wanna leave the world in a hurry / Spend all your time on work and worry" - "Wenn es dir gar nicht schnell genug gehen kann, diese Welt zu verlassen, dann verschwende einfach all deine Zeit mit Arbeit und Sorgen." Ein Country-Album braucht (mindestens) eine Mörderballade, das weiß auch Darryl Worley: "If It Hadn't Been For Love" aus der Feder von Chris Stapleton und Mike Henderson. Und vor der Todeszelle lässt Steve Hinson das Dobro wehklagen... In schaurig schönem Kontrast gibt Worley nur einen Song später nicht mehr den Ladykiller, sondern den verständnisvollen Liebhaber: "Was It Good For You?" - die sympathischere Variante der bekannten "Wie war ich, Schatz"-Frage. Leider auch musikalisch ein wenig klischeehaft. WährendWorley sich beim Thema "Irak-Krieg" recht bedeckt hält, widmet er einen ganzen Song dem Krieg auf den Straßen US-amerikanischer Kleinstädte. Die Drogenpoblematik aus der Sicht einer solchen Kleinstadt zu erzählen ist nicht der geschickteste poetische Schachzug - erfüllt aber seinen Zweck. Nicht zuletzt dank des geschickten Arrangements mit einer gespenstischen Strophe und einem aufrüttelnden Refrain. Nachdem die wundervoll arrangierten Vocals von "Better Than I Deserve" verklungen sind, schließt Worley mit einer Country-Gospelnummer: "Whistle Dixie". Wenn er eines Tages abtreten müsse, dann möge die Gemeinde Dixie pfeifen, statt zu weinen.

Fazit: Produziert von Frank Rogers ist dem ehemaligen Chemie-Kleinstunternehmer Darryl Worley aus Tennessee ein oft melancholisches, aber immer versöhnliches Country-Album gelungen. Eines, dass der Versuchung widersteht, mit billigem Patriotismus zu punkten. Eines, das auch jene 48% der Amerikaner genießen können, die George W. Bush nicht gewählt haben. Und wir in "Old Europe" erst recht.

Label: DreamWorks Nashville (Universal) VÖ: 9. November 2004

  • Titelliste

  • Links

01 Awful Beautiful Life 07 Was It Good For You
02 If I Could Tell The Truth 08 Find Me
03 I Love Her, She Hates Me 09 Wake Up America
04 If Something Should Happen 10 What Makes A Man Do That
05 Work and Worry 11 Better Than I Deserve
06 If It Hadn't Been For Love 12 Whistle Dixie

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