Heidi Newfield geht ihren eigenen Weg

Heidi Newfield, Foto: Erick AndersonDass Heidi Newfield eine neue Chance bekommen würde haben eigentlich alle erwartet. Sie ist schließlich die Stimme in "Pour Me", der Whiskey-getränkten Ballade von Trick Pony aus dem Jahr 2000.

Aber die neue Chance hat diesmal nichts zu tun mit einer Honky-Tonk-Bar wie dem Wildhorse Saloon in Nashville, wo die Band sich in ihren frühen Jahren einen Namen gemacht hat. Nein, diesmal geht es um eine echte Solokarriere.

Newfields neuer Anlauf lässt sich bis jetzt recht gut an, was größtenteils an dem Erfolg von "Johnny & June" liegt, dem durch die echte Lebensgeschichte von Johnny Cash und June Carter Cash inspirierten Loblied auf die unsterbliche Liebe. Sie dachte sich diesen wunderbar atmospärischen Song, der in der Billboard Hot Country Songs Chart im vergangenen Jahr bis auf Platz 11 kletterte, zusammen mit Deanna Bryant und Stephony Smith aus; es ist einer von sechs Titeln auf "What Are We Waiting For", an denen die feurige Interpretin als Koautorin mitwirkte.
Dieses Solo-Debütalbum erschien bei Curb Records und erregte bereits einige Aufmerksamkeit in der Musikbranche, da es einen riskanten, aber hochprofessionellen und auf jeden Fall erfolgreichen Neubeginn für Newfield markierte. Noch bedeutender ist aber die Tatsache, dass dies ihre erste Zusammenarbeit mit dem Produzenten Tony Brown ist, der seit den Alben, die er mit Brooks & Dunn, Vince Gill, Reba McEntire, George Strait und vielen anderen gemacht hat, bereits ein Star auf seinem Gebiet ist.

Trick Pony"Trick Pony zu verlassen und ganz allein weiter zu machen, war schon etwas beängstigend", gibt Newfield zu. "Ich wusste ja nicht, ob irgend jemand in dieser Branche bereit gewesen wäre, mit mir zu arbeiten und ob die Radiostationen mich spielen würden. Was wäre gewesen, wenn alle gesagt hätten 'sie ist ja ein nettes Mädchen, aber ihre große Chance hatte sie doch mit Trick Pony'?"

Es kam aber anders, Newfields Dreifach-Talent als Sängerin, Autorin und Entertainerin entfaltete sich explosionsartig in diesen zehn Titeln. Die Vorgeschichte war jedoch gekennzeichnet durch eine Reihe gut überlegter Entscheidungen, die sie aus der Gruppe hervorhoben und schließlich ihren Status als Solo-Star begründeten.

Zunächst, nach der Trennung von Trick Pony im Jahr 2006, begab sie sich unter die Fittiche von Manager John Grady, der während seiner Zeit als Präsident von Sony Music Nashville unter anderem mit Miranda Lambert, Van Zant und Gretchen Wilson Verträge geschlossen hatte. Während er Partner bei Red Light Management war, brachte er Brown und Newfield genau zur richtigen Zeit zusammen.

"Ich hatte gerade 24 Jahre exklusive Zusammenarbeit mit Künstlern der Universal Music Group hinter mir," sagt Brown, der 1984 über MCA Nashville zu diesem Label kam. "Jeder in diesem Business dachte, ich würde jetzt ein weiteres Platin-Album mit George Strait oder einem anderen Superstar machen. Ich sagte aber 'Ich warte erstmal, wer bei sich bei mir meldet.'"

Heidi Newfield; Foto: Erick Anderson Als Grady und Newfield anklopften, brachten sie Demos von drei Songs, bei denen Newfield als Koautor oder Scout mitgewirkt hatte. Brown war zunächst skeptisch. "Heidi ist so ein toller Mensch" sagt er. "Jeder Song-Promoter und Songwriter in dieser Stadt liebt Heidi. Ehrlich gesagt war ich eigentlich nie allzu überzeugt von Trick Ponys Alben, ich fand sie etwas zu kitschig und honky-tonk-mäßig. Als aber John und Heidi die von ihr selber geschriebenen und die von ihr ausgewählten Songs spielten, z.B. 'Wreck You' von Lori McKenna und Felix McTeague, da dachte ich 'Wow, das ist klasse!'"

Was Brown außerdem an Newfield gefiel war ihre Stimme, diese Ausgewogenheit aus Rauigkeit und Süße, wie man sie bei den führenden neueren Sängerinnen in Nashville nicht häufig findet. "Heidi hat definitiv diesen R&B 'Kern' - mit einer Beimischung von Soul" sagt Brown. "So etwas kann man nicht erlernen. Du hast es oder du hast es nicht."

Als Newfield 1990 aus Kalifornien, wo sie aufgewachsen war, nach Nashville zog, war davon allerdings noch nichts zu spüren. Zu jener Zeit benutzte sie Ihre leicht angeraute Stimme, die alle Facetten von Schnurren bis Heulen umfasste, hauptsächlich zum Mitsingen klassischer Country- und Blues-Platten oder der von AC/DC, Led Zeppelin und anderen Rockern. Dass ihre Stimmer einmal ihr Kapital sein würde, war damals noch nicht abzusehen.

"Ich sang damals Demos für Songschreiber" erinnert sie sich. "Und die sagten mir 'Du bist keine sehr gute Demosängerin, du klingst nicht so wie wir's brauchen. Wie sollen wir Demos mit deiner Stimme jemandem wie Reba McEntire verkaufen?' Ich war am Boden zerstört. Ich wollte heulen. Ich wünschte mir so sehr, eine so herrliche Stimme wie Trisha Yearwood zu haben oder eine berühmte Sängerin zu sein wie Martina McBride. Aber jetzt, wo ich so viel weiter bin, merke ich, dass ich meine eigene Stimme habe und ich fühle mich in meiner Haut pudelwohl."

Die mit Trick Pony produzierten Alben waren auf diesem Weg kein Nachteil, jedenfalls nicht zu Beginn. Zwischen 1996 und 2006, während ihrer Zeit mit Gitarrist Keith Burns und Bassist Ira Dean in dieser Band, produzierten sie drei Alben - "Trick Pony" (2001), "On a Mission" (2002) und "R.I.D.E." (2005) - und nebenbei noch sechs Singles.

Gleichzeitig arbeitete Newfield im Kontext mit der Gruppe an ihrer eigenen Identität, z.B. mit besonderen Einlagen während der Konzerte, wie "Crowd Surfing" oder die gesamte Länge der Bühne hin- und her laufen während sie die Harmonika blies wie eine verkleinerte blonde Ausgabe der Bluesqueen Big Mama Thornton.

Als Newfield Trick Pony verließ, tat sie dies ohne Bitterkeit. Es war einfach an der Zeit, ihr kreatives Potenzial zu testen und nicht etwa böses Blut zwischen ihr und Burns und Dean, das sie zu ihrer Entscheidung veranlasst hatte, allein weiter zu machen. "Es ist einfach so", erklärt sie, "du kannst dich entscheiden, deine Musik und damit dein Geschäft in einer komfortablen Nische zu machen, du kannst aber auch versuchen, besser zu werden und dich voll zu entfalten. Ich wollte mich entfalten.

"What Are We Waiting For" ist nichts anderes als eine Textbuchstudie in künstlerischer Evolution. Das Album zeigt deutlich, worin sich Newfield von Trick Ponys hartem Elektrogitarren-Sound unterscheidet, ihre Arrangements nutzen viel häufiger die Klangstrukturen von sechsaitigen Akustikgitarren und Pianos und allenfalls subtile Elektronikeffekte.

Heidi Newfield; Foto: Erick Anderson "Das war für uns ein wichtiger Unterschied und gleichzeitig etwas, das Heidis Album mit ihrem ersten Album verbindet, das ich für Wynonna produzierte" sagt Brown, der damit auf Wynonnas gleichnamiges Album aus dem Jahr 1992 anspielt. Zwar zeigen Songs wie "Johnny & June" und der soul-lastige Titelsong Newfields Hang zu einer gewissen Schwere, aber in den Grooves dieses Albums ist immer noch ein ganze Menge "Stomp" zu finden. Die "Rache"-Nummer "Nothin' Burns Like a Memory", die Newfield zusammen mit Ira Dean und Eric Silver schrieb und der "Bad-Girl"-Schlusstitel, Angaleena Presleys und Mark Sanders "Knocked Up" enthalten beide eine Menge Country und eine Menge Rock 'n' Roll.

"Unsere Herausforderung," sagt Brown, "war, ein Album zu versuchen, das Heidi als ernstzunehmende Künstlerin präsentiert - und ich bin überzeugt, dass sie diesem Anspruch in vollem Umfang gerecht wird - ohne dass ihre spaßige Seite, die ihre Fans kennen und lieben, dabei zu kurz kommt. Ich glaube, wir haben das geschafft, wir haben ein cooles Album produziert, das bestimmt noch drei oder vier Singles abwirft."

Aber selbst jetzt, wo sie sich mit "What Are We Waiting For" etabliert hat, weiß Newfield, dass zur Einschätzung ihrer Solokarriere noch nicht alles gesagt worden ist. "Dieses Jahr wird für mich von einschneidender Bedeutung sein," sagt sie. "Ich hoffe sehr, dass die Leute erkennen, dass ich mich nicht unbedingt neu erfinden will, sondern mich ganz einfach so zeigen möchte wie ich wirklich bin und wie ich mich entwickelt habe."

Wie auch immer, mit "Johnny & June" hat ganz sicher bereits einen Platz im Herzen vieler Countryfans erobert. Brown bestand darauf, beim Schneiden dieser denkwürdigen Single einfach den Vorgaben des Demobands zu folgen, das Newfield mit Bryant und Smith erstellt hatte, unter Beibehaltung aller Erkennungsmerkmale dieses Liedes, wie die Cello-Einfärbung und die von kräftigen Gitarrenklängen vorangetriebenen Refrains.

"Jeder, der diese Sessions miterlebt hat, war sich sicher, dass dies ein Hit werden würde" sagt Brown. "Und als wir es uns dann anhörten, wussten wir, dass wir etwas ganz besonderes geschaffen hatten."

Diese besondere Qualität hat nach Newfields Meinung vor allem damit zu tun, dass die Message weit über das familiär-epische der Liebesgeschichte zwischen Cash und Carter hinausgeht. "Es geht wirklich um uns alle" sagt sie. "Wir alle möchten diese große, nicht endende Liebe unseres Lebens finden. Und wenn du einem Song wie diesem begegnest, oder einer Liebe wie dieser, dann musst du es einfach nur geschehen lassen."

vgw
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