Der Vorsitzende von Sony Music Nashville, Joe Galante, wusste dies ab seinem ersten Treffen mit Simpson. "Jessica kam mit ihrem Vater herein", erinnerte er sich. "Ich fragte sie, 'Was denkst du dir dabei, in diese Musikrichtung zu wollen?' Sie erwiderte, 'Na ja, ich bin mit Country Music groß geworden. Ich habe in Texas gewohnt. Das ist mir nicht fremd.'"
Die selbe Geschichte trifft auf Rucker zu, der laut Cindy Mabe, Vizepräsidentin von Capitol Records Nashville, der Überzeugung ist, dass kein Marketing-Etat der Welt jemanden zu etwas machen könne, das er nicht sei. "Wenn sie es nicht glauben, fragen sie ihn einfach selbst", sagte sie. "Er überzeugt Leute, dass es sein Traum gewesen ist, Country Music zu singen. Und er hat in der Zeit mit Hootie & the Blowfish in seinen Shows auch Johnny Paycheck und Hank Williams, Sr. gespielt."
"Mein Produzent Frank Rogers und ich stimmten überein, dass ich, um in dieser Richtung glaubwürdig zu sein, jeden Song auch mitschreiben müsste", sagte Rucker. "Ich wollte eine großartige Platte machen, aber noch wichtiger war mir eine Karriere in der Country Music, also war es entscheidend, mir den Respekt der Songwriter-Community zu verdienen."
Genre-Grenzen zu überschreiten braucht jedoch auch Ausgeglichenheit und eine echte Hingabe an die Musik. Obwohl Capitol Nashville dem Mann aus South Carolina alle kreative Freiheit für die Aufnahme seines Country-Debütalbums "Learn to Live" gab, überzeugte das Label Rucker, seine Entscheidung zu überdenken, den Honky-Tonk Shuffle "All I Want" als dessen erste Single zu veröffentlichen. "Sie sagten, der Song sei zu sehr Country", sagte er. "Wenn ich jetzt zurückdenke, glaube ich, das Publikum hätte gedacht, dass ich mich zu sehr um etwas bemühe."
Stattdessen wählten sie "Don't Think I Don't Think About It" aus, das von Rucker und Clay Mills geschrieben wurde, prompt auf Nr. 1 in den Charts schoss und den Weg für "Learn to Live" an die Spitze der Billboard Top Country Albums Charts bereitete. "Ich glaube, das Beste, was ich zur Promotion der Single getan habe, war, mich ins Auto zu setzten, herumzufahren und so viel Leute wie möglich zu treffen", sagte der Sänger. "Ich hatte das vorher noch nie getan, aber ich wollte es, und das Label sagte mir, das sei der beste Weg."
Jimmy Harnen, Senior Vice President der Promotion von Capitol Records Nashville, begleitete Rucker bei der Initiation in das Leben eines Country-Künstlers: Die Radio-Tour. "Wir begannen in Cincinnati, und das Publikum liebte ihn", sagte Harnen. "Dann gingen wir nach Fort Wayne, Indiana. Dort spielte Darius das erste Mal in einem Konferenzzimmer für die Fans, die der Radiosender eingeladen hatte, um ihn zu treffen. Sie liebten ihn auch, und er hatte großen Spaß daran, für sie zu spielen."
Damit stand das Fundament für Ruckers Publikumserfolg auf der weiteren Tour. "Als wir hinein gingen, wussten die Leute nicht, wen oder was sie zu erwarten hätten, und nach 10 Minuten waren alle dabei", sagte Harnen. "Ich rief Mike [Dungan, President/ CEO, Capitol Records Nashville] an und sagte ihm, 'Das ist nicht zu fassen. Ich stehe hier und sehe zu, wie er aus dem Stand weg mit all diesen Leuten Freundschaft schließt.'"
Für Simpson war der erste Schritt in die Welt der Country Music, sich als Musikerin neu vorzustellen. "Ich betrachte mich selbst nicht wirklich als Crossover-Künstlerin", betonte sie. "Ich behandle mich selbst als neue Künstlerin. Ich tue, was ich in meiner Laufbahn tat, als ich 18 war: unzählige Radiostationen besuchen und lauter Sachen, die eine neue Künstlerin tun würde. Es ist mehr so, als schlüge ich ein neues Kapitel in meinem Leben auf."
Simpson erinnert sich, bei ihrem ersten Treffen mit Galante hatte sie das Gefühl, dass er nicht nur verstand, wie sehr sie die Musik liebt, sondern dass er ihr Talent als ein Geschenk verstand, das Gott ihr gemacht hatte. "Ich habe viel, worüber ich singen und schreiben kann, und ich brauchte einfach jemanden, der mir diese Chance gab", sagte sie. "Ich glaube, Joe sah, dass ich Tränen in den Augen hatte, und er sah meine Leidenschaft, diese Platte zu machen, und meine Leidenschaft für Country Music überhaupt."
"Es ist eine Auszeichnung für mich, dass mein erstes Nr. 1-Album ein Country-Album und die beste Platte ist, die ich je gemacht habe", fügte sie hinzu. "Das sind meine Wurzeln, darin sehe ich mich. Diese Platte gab mir die Möglichkeit, darüber nachzudenken, was ich in meinem Leben bereits durchgemacht habe."
Wie auch bei Capitol und Rucker stimmte Sony Simpsons Plänen für "Do You Know", die von Brett James und John Shanks produziert und bei Columbia Nashville veröffentlicht wurde, bedingungslos zu.
"Beim Schreiben von Popmusik fand ich mich immer in der Situation, auf den Beat schreiben zu müssen, also überlegten wir uns dann eine Melodie, aber es gab keine tiefgründigen Texte", erklärte Simpson. "Das war nicht die tiefe, therapeutische Situation, die ich beim Schreiben von Country Music vorfand. In Nashville ging es nicht darum 'einen Hit zu finden.' Es war eher wie 'Schreib, was immer Du schreiben willst, arbeite mit den Songwritern, die du liebst und bewunderst, und dann sehen wir mal, was passiert.' Ich habe nie den Druck gefühlt, jemand sein zu müssen, die ich nicht war."
"Wir konzentrierten uns darauf, verschiedene Themen und die Dinge zu behandeln, die ihr sehr am Herzen lagen", sagte Galante. "Wir hörten nicht einen Song an, von dem wir dachten, er komme zu sehr aus der Pop-Richtung."
Sony kündigte Simpsons anstehendes Album mit einem spektakulären Überraschungs-Interview auf der Bühne mit dem Gastgeber Storme Warren im LP Field-Stadion während des CMA Music Festival 2008 im letzten Juni an, ziemlich genau so, wie sie Carrie Underwood auf dem 2005er Festival ins Rampenlicht gehoben hatten, als sie nach ihrer Auszeichnung als "American Idol" unter Vertrag genommen wurde.
"Wir hatten sie beim CMA Music Fest, so dass sie Leute aus der Stadt und der Umgebung treffen und Zeit mit den Fans verbringen konnte", sagte Galante. "Deshalb sind wir ins Nashville Convention Center [auch bekannt als die 'Fan Fair Hall'] gegangen und haben stundenlang Autogramme gegeben. Danach war es echt anstrengend, auf Radio-Tour durchs ganze Land zu gehen, um Beziehungen aufzubauen."
Für beide Künstler machten der Erfolg in den Country Charts und die Aufnahme bei neuen Fans die investierte Mühe und die eingegangenen Risiken mehr als wett. "Um eine Wahrheit kommt man beim Country-Radio nicht herum: Wenn die Fans einen nicht mögen, wird niemand deine Platte kaufen oder anrufen", sagte Rucker. "Ich glaube, dass einer der Gründe für unseren Erfolg mit 'Don't Think I Don't Think About It' ist, dass so viele Leute den Song nachempfinden können."
Simpson war ähnlich ermutigt, als ihr Song "Come On Over", den sie gemeinsam mit Rachel Proctor und Victoria Banks geschrieben hatte, ins Country-Radio kam. "Der Song zeigte meine Persönlichkeit und handelt von dem schönen und aufregenden Moment, wenn man diesen Kerl da einfach nur haben will", sagte sie. "Ich habe für die Aufnahme weniger als eine Stunde gebraucht, und ich war mit dem Ergebnis auf jeden Fall zufrieden."
Rucker und Simpson werden sich im Verlauf des Jahres beide auf Country-Radio wie auf ihre Shows unterwegs konzentrieren. Beide werden außerdem im März zum Country Radio Seminar in Nashville sein. Und beide haben für eine US-Tour mit einem Major Artist unterschrieben; Rucker spielt als Vorgruppe für Brad Paisley, Simpson für Rascal Flatts.
"Mit Rascal Flatts auf Tour zu sein, ist unglaublich", sagte Simpson. "Ich fühle mich wirklich gesegnet, Teil dieser Tour zu sein. Die Tatsache, dass die Jungs mich dort draußen wollten, um die Show für sie zu eröffnen, ist eines der größten Komplimente, die ich erhalten habe. Das letzte Mal, dass ich als Vorgruppe gespielt habe, war bei Ricky Martin. Ich war damals 19. Und jetzt fange ich wieder ganz von vorne an."