Vom Reissbrett in die Charts: King Calaway
Anfang 2018, so heißt es, hätten der ehemalige BMG-Präsident Zach Katz und der Musikproduzent und CMA-Manager Robert Deaton den Entschluss gefasst, eine neue Band aus der Taufe zu heben. Nach einigen Monaten und unzähligen Castings sei schließlich das Line-Up für King Calaway gestanden: sechs adrette Jünglinge, einer davon aus Gibraltar, einer aus Schottland, die restlichen vier aus den USA.
Nach der Rezeptur - ein Drittel Europa, zwei Drittel Amerika - schmeckt auch der für das Debüt-Album "Rivers" angerührte, zwölf Songs umfassende Sound-Cocktail: viel Pop, eine Prise Rock, etwas Country und ein Schuss Folk. Ross Copperman, der vielfach ausgezeichnete Nashville-Songwriter, und erwähnter Robert Deaton schmeckten als Produzenten das Gebräu hochprofessionell ab. Hitverdächtig? Allemal!
Und das natürlich nicht nur in den Country-Charts. Genau genommen dürfte der jugendliche, allen modischen Hipster-Maßstäben gerecht werdende Sechser vor allem unter den Pop-Hörern sein Publikum finden. Ein Publikum, das - da muss man keine Glaskugel dazu bemühen - wohl vorwiegend jung und weiblich sein dürfte. Dass das ein K.O.-Kriterium für qualitativ anständige Musik sei, ist ebenfalls Klischee und Vorurteil.
Die Songs von "Rivers" wirken stimmungsaufhellend
Keine Frage, diese fein-säuberlich arrangierten Chorgesänge sind ein Ass im Blatt der neuen Nashville-Boygroup. Ein Trumpf, den sie natürlich auch gleich beim Opener "No Matter What" überzeugend ausspielen. Nach einem Akustik-Gitarren-Intro und einer sehr sanften Lead-Stimme zeigen die Herren im Refrain gleich mal, was King Calaway musikalisch zu bieten hat: rockiger Pop, tolle Harmonien, federleichter Chorgesang. Na klar, mit diesem Sound blitzt selbst im grauesten Spätherbsthimmel noch ein Sonnenstrahl durch die Wolken.
Dieses stimmungsaufhellende Element zeichnet, das kann man sagen, jeden einzelnen des Song-Dutzends von "Rivers" aus. Alles Songs, die den Alltag etwas fröhlicher gestalten und Probleme etwas schrumpfen lassen und das ist erstens mal gar nicht so leicht zu bewerkstelligen und zweites durchaus auch ein Qualitätskriterium. Dass die Jungspunde in ihrem so netten wie gut geölten Country-Pop keine sozialpolitischen Missstände oder humanitäre Dramen behandeln, versteht sich von selbst. Der eine oder andere wird aber wohl diese schneidige Perfektion bemängeln. Ja, stimmt, der Country-Pop der Marke King Calaway ist tatsächlich perfekt und damit natürlich gefährlich nahe an der Sterilität verortet. Aber gilt das nicht auch für artverwandte Hitparadenstürmer wie Lady Antebellum oder Rascal Flatts? An diese beiden Vorreiter des Country-Pop erinnert das Sextett übrigens gleich mehrfach in "More Than I Do" beispielsweise an die großen L.A., bei "Missing You" an Rascal Flatts.
Wer will, hört vielleicht noch weitere musikalische Ziehväter heraus. Zum Beispiel Ed Sheeran in dem folky Akustik-Song "World For Two" und das hübsche "Grow Old" lässt an eine Take That-Session in Nashville denken. Noch dicker tragen die Herren bei der opulent-hymnischen Ballade "Picture of the Way You Are" auf: bombastischer Neuschwanstein-Country-Pop. Wenn es sein muss, können King Calaway aber auch anders, rockiger und um eine Spur erdiger. Das beweisen sie in dem mit großartigen E-Gitarren-Riffs ausstaffierten Titeltrack und als gelungene Cover-Version und Reminiszenz an eine Folk-Boygroup der 70ies: "Love The One You’re With", dem Klassiker von Crosby, Stills, Nash & Young.
Fazit: King Calaway präsentieren auf ihrem Debüt-Album perfekten, manchmal sogar zu perfekten Country-Pop inklusive stimmungsaufhellender Songs und Melodien.
Label: Stoney Creek / BMG (Warner) | VÖ: 29. November 2019 |
01 | No Matter What |
02 | More Than I Do |
03 | Rivers |
04 | Obvious |
05 | Missing You |
06 | Driver's Seat |
07 | Grow Old |
08 | I Do |
09 | Picture of the Way You Are |
10 | World For Two |
11 | Love the One You're With |
12 | I Did |