Dominierend in allen Songs ist (natürlich) die Gitarre von Derek Trucks, dessen Slidespiel überall einen Stempel eindrückt. Das ist gut gemacht, hat Klasse, ist erdig - läßt allerdings den Gesang seiner Ehefrau Susan Tedeschi oftmals blass erscheinen. Sie, wie auch die anderen Musiker dieser großen Truppe, ordnen sich automatisch dem offensiven Gitarrenspiel Trucks unter, der einfach die Saiten grandios anpickt und damit alles andere um sich herum "plattmacht". Sicher unbeabsichtigt, aber dennoch unüberhörbar.
Geht man weiter zurück in der Zeit, schaut auf das Werk von Derek Trucks, erscheint "Revelator" und der Blues und Soul dieses Albums folgerichtig. Der gerade einmal 32-jährige Trucks zählt bereits jetzt zu den besten Gitarristen unserer Zeit, seine brillante Saitenakrobatik bei den Allman Brothers und in seiner eigenen Band machte ihn populär und brachte ihm zahlreiche Lorbeeren ein. 16 Jahre mehr oder weniger on tour und einen Grammy (für "Already Free") hat er auch schon Zuhause. Für eingefleischte Musikfreunde birgt seine Musik also kaum Überraschendes, sondern eher die Fortsetzung seines Weges mit "neuen Mitteln". Haben Trucks und Tedeschi schon bei "Already Free" zusammengearbeitet, intensivierten sie 2010 die gemeinsame Arbeit. Dafür legten sie ihre eigenen Musikprojekte auf Eis, gründeten eine elfköpfige Band und nahmen die Lieder für ihr gemeinsames Debütalbum "Revelator" auf, die sich konsequent in einer musikalischen Hemisphäre zwischen Rock und Blues aufhalten.
Dabei bieten die Songs genügend musikalischen Facettenreichtum: "Midnight In Harlem" kommt relaxt daher, mit einem Schuß Soul und erinnert an eine verräucherte Musikkneipe, das Glas Jim Beam auf der Theke und im Hintergrund sitzen die Musiker beim Spiel. Zurücklehnen und Genießen. In "Bound For Glory" kommen die Bläser nach vorn, mit punktuierten Sätzen geben sie dem Lied eine besondere Note zwischen Blues und Soul, mit einem fast schon orgiastischen Finale. Motown lässt grüßen. In "Simple Things" und "These Walls" kommt die Stimme von Susan Tedeschi besonders gut zur Geltung. Sie steht weit vor der Musik, klingt kräftiger, energischer als in den anderen Liedern. Beim Hören bekommt man das Gefühl, diese Lieder liegen ihrem Naturell besonders gut. Ja, es schwingt sogar ein wenig Roots-Countryfeeling in den Aufnahmen mit.
In einem Promovideo zum Album erzählt Susan Tedeschi:"Unsere Lieder handeln von der Suche nach der eigenen Seele, nach Liebe, dem Wunsch nach einem Platz im Leben. Das ist es, was dieses Album für Derek und mich so besonders macht ... Bei "Revelator" geht es um das Erzählen von Geschichten in Form von Songs und Melodien mit einer klaren musikalischen Struktur."
Produziert hat Derek Trucks gemeinsam mit dem mehrfachen Grammy-Preisträger Jim Scott, der auch schon die Fäden in der Hand hielt bei Aufnahmen u.a. für die Dixie Chicks, Tom Petty und Johnny Cash. In den USA stieg "Revelator" in der ersten Woche nach Veröffentlichung auf Platz 12 in die Billboard Top 200 Charts (alle Genre)ein und belegt damit die hohe Akzeptanz der Käufer in Übersee für dieses erste Produkt der Tedeschi/Trucks Band.
Fazit: "Revelator" ist ein durch Trucks geprägtes, gitarrenorientiertes Rock/Blues-Album, das auch mal seitwärts schaut auf Gospel und Soul, und exzellent produziert ist. Allerdings wird der Countrymusic-Freund daran sicher nicht viel Freude haben. Wer aber mal einen Ausflug in andere Gefilde machen möchte und dem erdigen Delta-Blues mit seinen hier gebotenen Facetten nicht abgeneigt ist, sollte sich "Revelator" in sein Plattenregal stellen. Und dem garantiere ich auch viel Freude daran...
Label: Masterworks (Sony) | VÖ: 10. Juni 2011 |
01 | Come See About Me |
02 | Don't Let Me Slide |
03 | Midnight In Harlem |
04 | Bound For Glory |
05 | Simple Things |
06 | Until You Remember |
07 | Ball And Chain |
08 | These Walls |
09 | Learn How to Love |
10 | Shrimp And Grits (Interlude) |
11 | Love Has Something Else to Say |
12 | Shelter |