Denn als sich die Tochter des Schweizer Futuristen Atz Kilcher und der überzeugten Mormonin Lenedra Carroll vor einigen Jahren entschied, nach internationalen Erfolgen und über 25 Millionen verkauften Tonträgern verstärkt der Country Music zu widmen, hat sie durchaus eine richtige Entscheidung getroffen. Schon 1999 flirtete sie erstmals intensiv mit dem Genre, als sie mit Merle Haggard die Duette "Silver Wings" und "That's The Way Love Goes" einspielte.
Bis zum endgültigen Entschluss "umzusatteln" sollte es allerdings noch dauern, denn erst nachdem "Goodbye Alice In Wonderland" (2006) kommerziell nicht die Erwartungen der Plattenfirma erfüllte, wurde sie aus ihrem Vertrag "befreit". Nun bot sich Jewel die Möglichkeit, zu einem kleineren, auf Country spezialisierten Label zu wechseln. Ein erstes Lebenszeichen setzte sie 2008 mit "Perfectly Clear", das in Deutschland nur als Import erschien.
Heute agiert die Sängerin, die mittlerweile vom lauten Los Angeles auf eine Farm nach Texas umgezogen ist, mit ihrer Auffassung von Country Music - betrachtet man nur die Verkaufszahlen - zwar nicht in der Champions League, doch das Gespür für schöne Lieder hat sich die Entertainerin bewahrt - so zu hören bei den elf neuen Songs.
"Sweet and Wild" ist Titel und ein bisschen Motto zugleich. Zugegeben, "wild" wird es nicht wirklich, aber ganz moderat drückt die Blondine doch schon mal auf das Gaspedal. So kommt der Opener "No Good In Goodbye" schon ganz flott daher, natürlich aber ohne sich selbst in Sachen Tempo zu überschlagen.
Sympathisch und mädchenhaft (sprich "sweet") kommt Frau Kilcher danach mit "I Love You Forever" daher, bevor die Songwriterin mit "Fading" schon den ultimativen Hit der Platte beschert. Der Song hat alles, was alte und hoffentlich auch neue Fans schätzen. Ihre typische, manchmal etwas in die Länge gezogen wirkende Stimme, einprägsame Melodien und einen Refrain, den man so schnell nicht mehr aus dem Kopf bekommt.
Doch ist Jewel jetzt wirklich Country? Na ja, wohl etwas mehr als eine Carrie Underwood, aber sicher deutlich weniger als Label-Kollegin Reba McEntire. Fiddle, Banjo und Steelguitar blitzen in den natürlich in erster Linie auf die Acoustic-Gitarre basierenden Stücken immer wieder auf, bleiben aber doch eher im Hintergrund. Was die Platte aber nicht schlechter macht. Es sei denn man ist absoluter Country-Purist, der sein Herz nun gar nicht für die stimmgewaltige Sängerin erweichen kann.
Mit "Stay Here Forver" legt sie in der zweiten Hälfte der Platte noch einen hittauglichen und federleichten Pop-Song nach, der wie das ruhigere "No More Heartaches" oder "One True Thing" direkt in die Kategorie schöner und kurzweiliger Songs eingeordnet werden kann.
Als besondere Zugabe hat die 36-Jährige alle elf Stücke noch einmal in Acoustic-Fassungen eingespielt, die unter dem Motto "Sweet and Mild" als Bonus-CD der Deluxe Edition des Albums beiliegen.
Fazit: Jewel bleibt Jewel - und ist eine Songschreiberin durch und durch. Wer ein klassisches Country-Album will, muss eben was anderes hören. Alle anderen dürfen sich an leichter, handgemachter Musik mit einer Hand voll Country erfreuen, bei der man nicht Gefahr läuft, über zu viele Überraschungen stolpern zu müssen.
Label: Valory / Wrasse (Harmonia Mundi) | VÖ: 20. August 2010 |
Titelliste CD
Links
01 | No Good in Goodbye | 07 | Stay Here Forever |
02 | I love You Forever | 08 | No More Heartaches |
03 | Fading | 09 | One True Thing |
04 | What You Are | 10 | Ten |
05 | Bad As It Gets | 11 | Satisfied |
06 | Summer Home in Your Arms |