Elvis Costello - Secret, Profane & Sugarcane

Erzählende Songtexte sind Costellos große Stärke – darauf richtet schon das Booklet des Albums den Fokus; denn es erscheint mit dem edlen Papp-Cover eher wie ein altmodisches Buch: Auf dem von Tony Millionaire liebevoll gezeichneten Cover drohnt prominent ein schwarzer Rabe, umgeben von Efeu-umrankten Blasen, in denen sich Zeichnungen befinden, die auch im Booklet als Titel über jedem respektiven Songtext wieder auftauchen. Ein Märchenbuch? Der Gedanke liegt nahe. Zumal einige Lieder Costellos Werk "The Secret Songs" über das Leben von Hans Christian Andersen entspringen, das – noch unvollendet – für die Oper angedacht ist. Diese Stücke fallen zwar beim Durchhören nicht weiter auf, aber entbehren nicht einer gewissen Theatralik:  Bei "She Handed Me A Mirror" sind bereits die Harmonien ungewöhnlicher und der Gesang klingt teilweise fast schon rezitativisch. "How Deep Is the Red?" fällt durch den religiös motivierten Text auf und bei dem lautmalerisch ausgeschmückten "She Was No Good" gibt die Violine mit langen Bogenstrichen einen quasi-symphonischen Hintergrund. "Red Cotton", ein Song über die Sklaverei in den 1850er Jahren, ist ein typischer Americana-Titel mit zusätzlichem Akkordeon in der Begleitung. Insgesamt passen diese Stücke problemlos in den Kontext des Albums:

Alle 13 Songs sind fast ausschließlich akustisch gehalten, lediglich mit Gitarre, Banjo, Mandoline, Dobro, Fiddle und Kontrabass instrumentiert und wunderschön mehrstimmig gesetzt. Bei allen Liedern liegt der Tenor eindeutig beim melodiös erzählenden Gesang. Auch die Titel, die nicht im Bezug zu "The Secret Songs" stehen, erzählen (Märchen-)Geschichten – und zwar mal langsamer, wie beispielsweise bei "Down Among the Wines and Spirits", oder auch mal etwas flotter im Blues-Rock, wie bei "My All Time Doll". Oder bei "Complicated Shadows", ein Cover eines Costello-Songs, der sich ursprünglich auf "All This Useless Beauty"  befindet – genauso auch "Hidden Shame", hier im flotten Hillbilly-Rhythmus gehalten: Dadurch klingt das Stück unbeschwert, was im Gegensatz zum ernsten Inhalt steht.

Für einige Nummern hat sich Costello Hilfe geholt: "I Felt The Chill Before the Winter Came" entstand in Zusammenarbeit mit Loretta Lynn und klingt darum etwas traditioneller. Beim Schreiben der beiden Songs "Sulphur To Sugarcane" und "The Crooked Line" war Produzent T Bone Burnett mit beteiligt und hat hörbar einen noch stärkeren Hillbilly-Bluegrass-Einfluss ausgeübt.

Der einzige Cover-Song schließt das Album ab: "Changing Partners" von Lawrence Coleman und Joseph Darion wurde durch Bing Crosby bekannt und ist eine gefühlvoll-melancholische Liebesballade, die Costello mit viel Herz in der Stimme seiner "einzigen Tanzpartnerin" widmet.

Fazit: Ein "Märchenbuch" mit vielen Geschichten – erzählt als Bluegrass in allen Facetten. Traditionell, und doch schimmert die typische, unverwechselbare Handschrift von Elvis Costello durch – und macht das Album zum besonderen Hörerlebnis.