Oak Ridge Boys - The Boys Are Back

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Redaktionswertung Bewertung: 3,5 Sterne = gut
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Die Oak Ridge Boys sind zurück. Dass man bei den vier Herren im besten Alter von "Boys" (Jungs) spricht, erscheint wie ein Euphemismus. Beim Blick auf das Cover sticht als erstes der lange, wallende, weiße Bart von William Lee Golden (Bariton) ins Auge, mit dem der 70-jährige Zaubergrößen wie Merlin, Gandalf oder Harry Potters "Professor Dumbledore" Konkurrenz macht. Auch Richard Sterban (Bass) erscheint mit den dunklen, leicht gewellten Haaren, dem Spitzbart am Kinn und einem Brokat-Sakko wie ein "gutmütiger Hexenmeister". Joe Bonsall (Tenor) brüstet sich hingegen mit dem Supermann-Zeichen auf seinem T-Shirt und nur Duane Allen erscheint im Hintergrund als Einziger wie ein "normaler" Country-Sänger. Ein "zauberhaftes" Quartett.

Aber es scheint wirklich Magie im Spiel zu sein: Das Ensemble der Oak Ridge Boys wurde Anfang der 1940er Jahre gegründet. Seit knapp 70 Jahren auf der Bühne? Haben sie als Kleinkinder begonnen oder sind sie bereits im magischen Greisenalter? Weder noch: ein Besetzungswechsel in den 70er Jahren lautet die pragmatische Erklärung. Aber trotzdem kann man sagen, dass das Quartett schon viele Bühnenjahre auf dem Buckel hat und sich in all diesen Jahren immer wieder neu erfindet. So auch mit ihrem neuen Album, "The Boys Are Back". Ähnlich Johnny Cashs Spätwerk unter Rick Rubin schlagen auch die Oak Ridge Boys neue, moderne Wege im Country ein. Unter Produzent David Cobb leihen die vier Herren einem Sammelsurium verschiedenster Titel ihre stimmliche Interpretation: Das beginnt mit traditionellen Titeln und wird gekrönt mit einer eigenen Interpretation vom White Stripes-Hit "Seven Nation Army".

Musikalisch scheinen sich die Oak Ridge Boys an ihre Ursprünge zu erinnern: noch vor dem Country hatte sich die Band dem Gospel gewidmet. Anklänge daran finden sich auf dem Album: Brent Cobbs "Hold Me Close" und die Volksweise "God's Gonna Ease My Troublin' Mind" klingen fast schon "schwarz". Paul Kennerleys "Live with Jesus" stellt schon rein textlich Gottesanbetung dar und weist den typischen Gospel-gottesdienstlichen Vorsänger-Antwort-Gesang auf. Auch der Blues ist stark vertreten: Ray LaMontagnes "Hold You In My Arms" klingt zu fröhlicheren Melodien poppiger und leichter. Leider verlangt Joe Bornall bei diesem Titel seiner Stimme mehr ab, als sie hergibt. Natürlich darf auch der Country nicht fehlen: So geben "Mama's Table" (von Country-Star Jamey Johnson) und Neil Youngs "Beautiful Bluebird" mit jeweils kommentierender Slide-Guitar und dem wundervollen mehrstimmigen Gesang im Refrain typische Roots-Country-Songs ab. Insgesamt also ein Gospel-Blues-Country-Gemisch.

Eine Besonderheit stellt der Titeltrack dar, den Shooter Jennings eigens für die Oak Ridge Boys schrieb (Er war es auch, der das Quartett mit Produzent David Cobb zusammenbrachte). Mit dem Song legen die Boys einen fulminanten Auftritt hin: sie setzen nacheinander ein, singen einzeln von sich und - buchstäblich - von Gott und der Welt, während die anderen Stimmen die Hauptaussage im instrumental gesungenen Ostinato wiederholen: "The Boys Are Back". Ein monumentaler Song, der mit seinem Bluesschema schon fast an "You Can Leave Your Hat On" erinnert. Hoffen wir, dass die Jungs ihre Cowboy-Hüte aufbehalten.

Ein anderer Song mit einem ganz eigenen Stil ist John Lee Hookers "Boom Boom". Dieser Titel scheint eher aus den Zeiten der übermäßigen Haartollen und Petticoats zu entstammen: eine echte 50-er Jahre Rock'n'Roll-Nummer. In den Strophen wechselt sich der tiefe Bass-Sprechgesang mit der "kommentierenden" Combo ab. Der Refrain fährt dann mit ganzer Band, Klaviergewitter und Antwort-Chor voll auf, dass die Petticoats (gedanklich) nur so fliegen.

Aber der wirklich besondere Titel auf dem Album ist "Seven Nation Army". Hier wurden der Beat und das weltweit bekannte Riff beibehalten, erst mit dem Klavier und dann - als richtige Steigerung - mehrstimmig vokal übernommen. Auch während der Strophen ist der Gesang mehrstimmig, jedoch in offenen Intervallen. Der Song erhält in dieser Interpretation eine ganz neue, eigene Note, bleibt aber genauso rockig und mitreißend wie man ihn von den White Stripes kennt. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieser Titel besonders junges Publikum anspricht und für die Oak Ridge Boys begeistern kann. Diese behalten vielleicht im Titeltrack ihren Hut auf, aber ich sage hier: Hut ab vor der Songauswahl. Ein mutiger Mix, durchaus gelungen.

Fazit: Die alten Herren haben eine Verjüngungskur durchlaufen, bleiben aber trotzdem ihren Wurzeln treu. Der Bogen ist gut gespannt: zwischen ihren Anfängen im Gospel (40-er Jahre), einem Abstecher im Rock'n'Roll der 50-er, ihren großen Country-Erfolgen der 70-er bis hin zu modernen Rock-Titeln. Und das alles gepaart mit dem zeitlosen Blues. Sehr unterhaltsam - auch wenn der erwartete magische Funke leider fehlt.

Label: Spring Hill (In Deutschland nicht veröffentlicht) VÖ: 19. Mai 2009

  • Titelliste

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01 The Boys Are Back 06 Boom Boom
02 Hold Me Closely 07 You Ain't Gonna Blow My House Down
03 Hold You in My Arms 08 Beautiful Bluebird
04 Seven Nation Army 09 God's Gonna Ease My Troublin' Mind
05 Mama's Table 10 Live with Jesus

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