Nun beschreitet Sara Ullrika Watkins also Solopfade; wer aber glaubt, die Liste namhafter Mit-Musiker sei damit abgehakt, hat sich geirrt. Die erste Musiklegende begegnet uns schon beim Produzenten des Albums: kein geringerer als Led-Zeppelin-Bassist John Paul Jones. Und das ist er aus tiefster Überzeugung. Aber auch die Liste der Gastmusiker ist genauso beeindruckend wie immens: Neben den ehemaligen Bandkollegen Chris Thile und Sean Watkins brillieren auch das Alt-Country Duo Gillian Welch und Dave Rawlings, der Tom Petty-Keyboarder Benmont Tench, Elvis Costello-Drummer Pete Thomas sowie Bluegrass-Kollegen Tim O’Brien, Chris Eldridge, Ronnie McCoury und Rayna Gellert. Die Liste der Referenznamen scheint gar kein Ende zu nehmen. Und dabei darf man den Star nicht vergessen: Sara Watkins selbst zeigt in ihren Paradedisziplinen Gesang und Fiddle was sie kann und greift bei einer Nummer auch noch zur Ukulele.
Sie glänzt aber nicht nur bei der musikalischen Ausführung, sondern auch beim Schreiben der Songs: Acht der 14 in Nashville und Los Angeles aufgenommenen Lieder stammen – zumindest teilweise – aus ihrer Feder. Des Weiteren befinden sich auf ihrem Album namhafte Cover-Songs, wie z.B. "Pony" von Tom Waits, "Too Much" von David Garza oder "Same Mistakes" von Jon Brion.
Der Opener des Albums, "All This Time", gibt den Ton an: eine Mischung aus Folk, Bluegrass und Old-School-Country. Im Vordergrund steht der Gesang, zuweilen auch geschmackvoll zwei- oder mehrstimmig arrangiert; die zarten Töne der instrumentalen Begleitung halten sich eher im Hintergrund. Einzig die Pedal Steel Gitarre unter den Händen von Greg Leisz nimmt es- quasi als Duettpartner- mit der leicht verträumt-verhauchten Stimme von Sara Watkins auf. Eine typische Singer-Songwriter-Nummer mit viel Gesang und "wenig Musik"- aber geschmackvoll arrangiert.
Und daran ändert sich im Laufe des Albums nicht viel, der Grundtenor bleibt – und doch schafft es die Liedermacherin, mit sehr abwechslungsreichen Nuancen dem Vorwurf der Langeweile entgegenzusteuern. Schon der zweite Song, ein Cover von John Hartfords "Long Hot Summer Day", zeigt eine stärkere Tendenz zum Bluegrass. Die Fiddle steht im Vordergrund (Sara wird hier von Rayna Gellert unterstützt). Eine musikalische Ausmalung eines "langen, heißen Sommertags", die einem regelrecht die Schweißperlen auf die Stirn treibt. Der dritte Song, "My Friend", hat wieder einen neuen Gesichtspunkt in petto: Der Gesang ist lieblicher, lyrischer; die Stimme klingt zart-süß und wird von Michael Witchers Dobro gefühlvoll unterstützt. Zudem befinden sich zwei Instrumentalstücke auf dem Album: Bei "Freiderick" liefern sich Sara an der Fiddle, Chris Eldridge an der Gitarre und Ronnie McCoury an der Mandoline einen musikalischen Wettstreit- ein gekonntes Miteinander dreier Melodie-versprühender Individualisten. Auch "Jefferson" ist rein instrumental; hier steht die Fiddle im Vordergrund.
Einen anderen musikalischen Einschlag findet man bei "Give Me Jesus": Das Gospel ist sehr eindrucksvoll (fast) rein gesanglich arrangiert, mal einstimmig, mal mehrstimmig, begleitet lediglich von Chris Thiles sanften Mandola-Zupftönen. Ähnlichen Folk-Gospel gibt es auch bei Norman Blakes "Lord Won’t You Help Me" und "Will We Go".
Fazit: Mit ihren 14 phantasievollen Songs weiß Sara sich mit Gesang und Fiddle ins rechte Licht- nämlich das musikalische Rampenlicht- zu rücken. Aber schließlich ist es auch ihr Solo-Werk. Eine eigenwillige Mischung aus Bluegrass, Folk und Old-School Country, die oft sehr zart und sentimental klingt, sich selbst aber immer treu bleibt. Ein genussvolles Album für ruhigere Stunden.
Label: Nonsuch (Warner) | VÖ: 24. April 2009 |
Titelliste
Links
01 | All This Time | 08 | Lord Won't You Help Me |
02 | Long Hot Summer Days | 09 | Jefferson |
03 | My Friend | 10 | Give Me Jesus |
04 | Freiderick | 11 | Bygones |
05 | Same Mistakes | 12 | Too Much |
06 | Any Old Time | 13 | Will We Go |
07 | Pony | 14 | Where Will You Be |