Oft ist es eine wackere Fiddle, die gegen harsche Gitarren und tief brummende Bässe angeigt und letzte Country-Bastionen aufrecht zu erhalten versucht. Zur Aufklärung seiner Kurskorrektur könnte der letzte Song des Albums dienen. In dem von ihm geschriebenen, betont bluesigen "Putting My Misery On Display" singt Gary Allan: "I was raised with the West Coast bands. I don't change for anywone, I stay the way I am. I don't do this for fame, I do this for me." Klare Worte, die in etwa besagen: Hier komme ich her - und ich gehe meinen Weg. Richtig schön autobiografisch fällt auch das etwas countrylastigere "I Just Got Back From Hell" aus. Den Song hat Gary zusammen mit seinem Vater Harley Allan geschrieben, der früher selbst als Countrymusiker durch Kalifornien tingelte und - wie es heißt - ein recht bewegtes Leben geführt haben muss. Vermutlich stammen auch von Daddy Textzeilen wie "I don't know how I survived" und "I've been mad at everyone, including God and you." Vor diesem Hintergrund bekommt der Song eine berührende Tiefe: Vater und Sohn beim gemeinsamen Versuch der Vergangenheitsbewältigung.
Überhaupt scheint es, dass sich Gary Allan seit dem letzten Album "See If I Care" viele Gedanken gemacht hat. Trotz - oder vielleicht gerade wegen seines großen Erfolges. Immerhin zählt der aus dem kalifornischen Orange County stammende und in Huntington Beach lebende Musiker mit über vier Millionen verkaufter Tonträger zur Elite der jungen Country-Musiker-Generation. Umso mutiger erscheint sein Schritt, jetzt neue Wege gehen zu wollen. Wobei er auch bei "Tough All Over" auf sein bewährtes Team setzt. Mit dabei sind wieder Produzent Mark Wright (Brooks & Dunn) und Musiker wie Brent Rowan (Gitarre), Chad Cromwell (Drums), Steve Nathan (B3, Piano) und Michael Rhodes (Bass). Gemeinsam haben sie bei "Tough All Over" ein zwar etwas ruppiges, dennoch aber hochwertiges Soundkostüm geschneidert, das über lange Jahre hinweg nicht aus der Mode kommen wird - ganz wie eine neue, noch etwas steife Lederjacke. Kein Wunder, dass Gary Allan bei manchen Songs an eine Mischung aus Tim McGraw und Steve Tyler (Aerosmith) erinnert. Bei "He Can't Quit Her" zum Beispiel, eine düstere Femme-Fatale-Ballade, verpackt in prächtige Country-Folk-Klänge. Auch der Opener und gleichzeitig Titelsong geht in diese Richtung. Und auch "Nickajack Cave - Johnny Cash's Redemption", ein einfühlsamer und eindringlicher Titel aus der Feder von Jamie O'Hara, würde sich gut auf jeder Tim McGraw-CD machen. Zwischendrin schlägt Gary Allan aber auch andere Töne an. Leichtere, fröhlichere. Bei "Ring" zum Beispiel, geschrieben von Kostas, verströmt er gute Laune, Beat- und Country-Feeling aus den Sixtiees.
Fazit: Gary Allan hat den Stetson abgelegt: Mehr Rock -aber auch mehr Tiefgang. Sein vielleicht ehrlichstes Album.
Label: MCA Nashville (Universal) | VÖ: 11. Oktober 2005 |
Titelliste
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01 | Tough All Over | 07 | Life Ain't Always Beautiful |
02 | Best I Ever Had | 08 | He Can't Quit Her |
03 | I Just Got Back From Hell | 09 | What Kind of Fool |
04 | Ring | 10 | Puttin' Memories Away |
05 | Promise Broken | 11 | No Damn Good |
06 | Nickajack Cave (Johnny Cash's Redemption) | 12 | Putting My Misery On Display |