Warum macht Taylor Swift das? Warum nimmt sie ihre Hit-Alben erneut auf? Ein Recycling hat der größte weibliche Popstar des Planeten Erde sicher nicht nötig. Also: Warum macht sie das? Verkürzt gesagt, liegt Taylor Swift seit einigen Jahren im Streit mit ihrem früheren Label Big Machine Records. Sechs Alben nahm sie für diese Company auf, sechs Welterfolge. Nunmehr ist sie bei Universal unter Vertrag - und da stellt sich die Frage: wem gehört ihre Musik? Klar ist: Taylor Swift besitzt die Rechte an ihren Songs, Big Machine ist dagegen Eigentümer der Mastertapes. Verzwickte Sache also.
Taylor Swift sichert sich die Rechte an ihren Aufnahmen
Aber kein Einzelfall im Musikbusiness. Unzählige Male haben Künstler, Künstlerinnen und Bands das Plattenlabel gewechselt und standen vor dem gleichen Problem. Gelegentlich haben Acts ihren letzten und größten Trumpf ausgespielt: sie haben die Songs einfach komplett neu aufgenommen. So sind sie nicht nur Inhaber der Songrechte, sie sind auch alleiniger Besitzer der Mastertapes. Nicht bei jedem Act würde sich der Aufwand lohnen. Bei einem Megastar à la Taylor Swift aber natürlich schon.
So ein Relaunch bietet natürlich auch eine Chance. Schließlich werden ja auch die Songs mit den Interpreten älter, vielleicht auch reifer. Vielleicht ist es sogar ein künstlerisch fruchtbares Wiedersehen von gut abgehangenem Song und Interpret - eine kreative Chance ist es allemal. Und Taylor Swift ist, wie man weiß, dafür bekannt, gute Chancen zu nutzen. Also: Was hat "Red (Taylor's Version)" zu bieten? Antwort: jede Menge!
Zunächst sind da mal jene Songs der "Red"-Urversion. Muss man über die noch groß sprechen? Wohl kaum. Die Allermeisten werden die Single-Hits des Albums ("We Are Never Ever Getting Back Together", "Begin Again" und das im Dubstep angelegte "I Knew You Where Trouble") noch im Ohr haben. Gleiches dürfte für ihre berühmten Duette mit Ed Sheeran ("Everything Has Changed") und Gary Lightbody ("The Last Time") gelten. "Red (Taylor's Version)" übernimmt die Songreihenfolge der "Red"-Deluxe-Version - bis auf die drei Demoversionen - Track-by-Track. Tja, was ist also anders? Vor allem ist es der Sound. Genauer gesagt: Nuancen im Sound, in der Produktion. Während sie beim "Red"-Original noch vorwiegend mit Dann Huff und Nathan Chapman arbeitete, übernimmt sie bei "Red (Taylor's Version)" größtenteils selbst die Produktion, unterstützt von Studio-Profis wie Christopher Rowe, Shellback und Aaron Dessner.
Dieser Wechsel hinter den Pultreglern führt aber beileibe nicht zu völlig neuen Sounds. Im Gegenteil. Die Arrangements bleiben die gleichen, die Stimmung der Tracks auch. So muss man schon etwas die Ohren spitzen, um zu hören, dass beispielsweise die Drums weniger weit vorne im Sound-Konzept stehen und dass die Produktion um einen Tick weniger höhenlastig als die Ur-Version der LP angelegt ist. Damit vielleicht auch: etwas organischer und zeitloser.
"Red (Taylor's Version)" kann mit den neuen Songs punkten
Interessanter sind da schon die neuen Songs, die Draufgabe der neuen Red-Version. Titel wie "Ronan", ein sehr ruhiger, sehr reifer und dazu höchst zurückhaltend inszenierter Folk-Song, den sie mit Maya Thompson schrieb. Sehr stark! Das gilt auch für "Better Man". Kenner werden sofort wissend nicken: den Track hat Taylor Swift für das Little Big Town-Album "The Breaker" geschrieben. Ein klasse Song, eine wunderschöne Ballade - auch in ihrer Version. Deutlich im spartanisch arrangierten Folk ist auch "Nothing New" angelegt, bei dem sie Phoebe Bridgers als Duett-Partnerin präsentiert. Mehr in Richtung Pop geht es da schon bei dem echt süßen "Babe", das sie mit Train-Sänger Patrick Monahan geschrieben hat. Sehr hitverdächtig! Aber gilt das nicht für alles, was Taylor Swift anpackt?
Eigentlich schon. Hitverdächtig sind jedenfalls auch die weiteren Bonus-Tracks von "Red (Taylor's Version)": das gut gelaunte "Message in a Bottle" (nicht zu verwechseln mit dem The Police-Klassiker), die köstlich feierliche Ode an die kalte Jahreszeit "Forever Winter", das einfach nur gut gelaunte und flott angelegte "The Very First Night" und die finale, in einer XXL-Version angebotene Wellness-Mediation "All Too Well". Und sonst noch? Zwei Knaller: Bei "Run" macht sie wieder einmal gemeinsame Sache mit Superstar-Rotschopf Ed Sheeran - ein ruhiger, Folk-Pop mit zwei großartigen Stimmen. Hit! Ohne Wenn und Aber. Und dann rückt sie glatt noch ein Duett mit Chris Stapleton heraus: "I Bet You Think About Me" erinnert zunächst mit Mundharmonika und simpel-schönen Akkorden an frühe Bob Dylan-Tage. Den Refrain singen die beiden zusammen - und es harmoniert auf Vortrefflichste.
Fazit: Mit "Red (Taylor's Version)" nimmt Taylor Swift ihr viertes Album "Red" neu auf - und ergänzt es um neue Tracks und neue Duette. Klarer Fall von: Hit!
Label: Republic (Universal) | VÖ: 12. November 2021 |
Disk 1 | |
01 | State of Grace (Taylor's Version) |
02 | Red (Taylor's Version) |
03 | Treacherous (Taylor's Version) |
04 | I Knew You Were Trouble (Taylor's Version) |
05 | All Too Well (Taylor's Version) |
06 | 22 (Taylor's Version) |
07 | I Almost Do (Taylor's Version) |
08 | We Are Never Ever Getting Back Together (Taylor's Version) |
09 | Stay Stay Stay (Taylor's Version) |
10 | The Last Time (Taylor's Version) |
11 | Holy Ground (Taylor's Version) |
12 | Sad Beautiful Tragic (Taylor's Version) |
13 | The Lucky One (Taylor's Version) |
14 | Everything Has Changed (mit Ed Sheeran) (Taylor's Version) |
15 | Starlight (Taylor's Version) |
16 | Begin Again (Taylor's Version) |
Disk 2 | |
01 | The Moment I Knew (Taylor's Version) |
02 | Come Back…Be Here (Taylor's Version) |
03 | Girl at Home (Taylor's Version) |
04 | State of Grace (Acoustic Version) (Taylor's Version) |
05 | Ronan (Taylor's Version) |
06 | Better Man (Taylor's Version) (From the Vault) |
07 | Nothing New (mit Phoebe Bridgers) (Taylor's Version) (From the Vault) |
08 | Babe (Taylor's Version) (From the Vault) |
09 | Message In a Bottle (Taylor's Version) (From the Vault) |
10 | I Bet You Think About Me (mit Chris Stapleton) (Taylor's Version) (From the Vault) |
11 | Forever Winter (Taylor's Version) (From the Vault) |
12 | Run (mit Ed Sheeran) (Taylor's Version) (From the Vault) |
13 | The Very First Night (Taylor's Version) (From the Vault) |
14 | All Too Well (10 Minute Version) (Taylor's Version) (From the Vault) |