Home Free beschwören den amerikanischen Spirit
Eigentlich basiert das Konzept von Home Free auf einer originellen Idee: Country ohne Band, A-Cappella. Chris Rupp kam im Jahr 2000 auf diesen Einfall. Nach verschiedenen Umbesetzungen avancierte das Vokal-Quintett schon bald zu einer gefragten Show-Gruppe, die es jährlich auf rund 200 Auftritte bracht. Auf Tonträger funktionierte der Act allerdings zunächst weniger gut. Die ersten fünf Alben zwischen den Jahren 2007 und 2012 floppten grandios. Dann aber kam - wie so oft - eine Casting-Show: 2013 gewannen sie die vierte Staffel von "The Sing-Off" auf NBC und dazu einen Plattenvertrag bei Columbia Nashville. Und siehe da: Schon das nächste Album "Crazy Life" landete 2014 auf Platz acht der Country und auf Platz 40 der Pop-Charts. Home Free haben es geschafft.
Nicht nur für den Moment, sondern nachhaltig. Bis auf das letzte Weihnachtsalbum "Warmest Winter" konnten Home Free jeden weiteren Longplayer in obersten Regionen der Country-Hitliste platzieren. "Dive Bar Saints" kam auf Platz vier, "Timeless" auf Platz drei und "Full Of (Even More) Cheer" sogar auf Platz zwei. Nur Platz eins blieb dem stimmkräftigen Fünfer bislang noch verwert. "Land of the Free" soll es jetzt richten. Und? Wie stehen die Chancen?
Sehr schwer zu sagen. Man müsste wohl eine Glaskugel zu Rate ziehen oder Kaffeesatz lesen? Fest steht: Vielen Amerikanern kann es gar nicht patriotisch genug sein. Je mehr Star-Spangled-Banner im Wind flattern, desto wohliger das Heimatgefühl. Doch seit der letzten Wahl hat sich auch im "Land of the Free" etwas getan und vielleicht auch verändert. Vielleicht betrachten viele Bürger ihre Nation heute um einen Tick kritischer und nicht so vorbehaltlos bewundernd, wie noch vor wenigen Jahren. Vielleicht? Vielleicht auch nicht. Es ist tatsächlich Kaffeesatz-Lesen...
Und das bringt niemanden weiter. Also befassen wir uns mit den Hard-Facts, mit der Musik von Home Free und ihrem neuen Album "Land of the Free". Für den Auftakt haben sie einen starken und dazu versöhnlichen Song gewählt: "Undivided", geschrieben von Chris Loocke und Tyler Hubbard von Florida Georgia Line. Der super-entspannte und herrlich zuversichtliche Track dürfte den meisten noch in der Version von Tyler Hubbard mit Tim McGraw im Gedächtnis sein. Home Free setzen in ihrer Version natürlich andere Akzente. Anstatt eines Arrangements mit Backing-Band und Groove setzt der mit hervorragenden Sängern bestückte Chor auf die Klangvielfalt ihrer Stimmen. Das hat Charme und einen eigenen Sound.
Auf "Land of the Free" interpretieren Home Free patriotische Klassiker plus neues Material
Überraschenderweise funktioniert diese sehr spezielle Interpretation sogar bei einem echten Country-Rocker, wie sie im nächsten Song beweisen: "Only in America" von Brooks & Dunn. Im Text des bereits 20 Jahre alten Country-Klassikers wird die Geschichte des "Amerikanischen Traums" in herrlichsten Rot-Weiß-Blau-Farbtönen erzählt. So fahnenschwenkend geht es auch mit "God Bless The U.S.A." weiter. Bei dieser Hymne an die Heimat holen sich Home Free noch wehrhafte Unterstützung: Country-Veteran Lee Greenwood und die United States Air Force Band. Kann man mögen, muss man aber nicht.
Leichter fällt einem die Zustimmung dann schon bei der nächsten Chor-Behandlung - bei ihrer Interpretation des Dire Straits-Songs "Brothers in Arms". Da in dem von Mark Knopfler (einem Schotten!) geschriebenen Titel nicht in jeder Textzeile der Patriotismus trieft, kommen die hervorragenden Stimmen der fünf Home Free-Sänger stärker zu Geltung. Und klar, sie haben auf ihrem Gebiet eine Menge drauf. Das zeigen sie auch im selbst geschriebenen Titeltrack, bei dem sie ein kleines Feuerwerk an Chorpassagen abbrennen und dazu mit überraschenden Harmoniewendungen aufwarten. Ihre Stimmen kontrastieren sie mit digitalen Klängen, mit Drum-Computern und synthetischen Keyboards. Der Kontrast aus organischem Gesang und Musik aus der Retorte hat seinen Reiz.
Und den versprühen sie auch in weiteren Songs, wie beispielsweise in dem Dixie Chicks-Song "Travelin' Soldier". Dixie Chicks? War da nicht mal was? Vermutlich haben sie sich genau überlegt, einen Hit der in der Country-Szene umstrittenen Band zu covern. Ihr Anliegen, die Nation zu einen, scheint ihnen also ernst zu sein. Vor diesem Hintergrund sind auch der Spingsteen-Klassiker "Born In The U.S.A.", die Don McLean-Ode "American Pie" (mit Don McLean als Gaststar!) und das immer gern genommene "America (My Country, 'Tis of Thee)" einzuordnen. Der stärkste Moment bleibt aber dem leisesten und zurückhaltendsten Song vorbehalten: "People" - eine Akustikgitarre, eine prächtige Melodie und die Gänsehaut-Stimmen von Home Free.
Fazit: Patriotismus satt. Aber auch der Wille, die Nation zu einen: Auf "Land of the Free" interpretieren die Chor-Knaben von Home Free Rock- und Country-Klassiker in A-Cappella-Version.
Label: Eigenvertrieb (hier nicht veröffentlicht) | VÖ: 25. Juni 2021 |
01 | Undivided |
02 | Only in America |
03 | God Bless the U.S.A. |
04 | Brothers in Arms |
05 | America (My Country 'Tis of Thee) |
06 | Travelin' Soldier |
07 | Land of the Free |
08 | American Pie (mit Don McLean) |
09 | People (mit Jeffrey East) |
10 | Born in the U.S.A. |