The Highwomen - The Highwomen

CD Cover: The Highwomen - The Highwomen

The Highwomen ist ein Country-All-Star-Damen-Ensemble das mit ihrem gleichnamigen Debüt-Album in die Fußstapfen der legendären "Highwaymen" treten möchte.

Heidewitzka, das waren noch Zeiten: Johnny Cash, Willie Nelson, Waylon Jennings und Kris Kristofferson machten da, in grauer Vorzeit Mitte der 1980er Jahre, gemeinsame Sache. "The Highwaymen" nannte sich dieses Country-Superstar-Quartett. Drei Alben und ein paar Tourneen gehören zu ihrem Vermächtnis - und natürlich die von Jimmy Webb geschriebene Band-Hymne "Highwaymen". Womit wir auch schon im Hier und Heute sind, bei den "Highwomen". Denn genau wie Johnny & Co. hat sich auch diese neue Country-Supergroup den Webb-Track als akustisches Band-Signet ausgeguckt. Melodie die gleiche, textlich keck umgedichtet - fertig ist The Highwomen.

The Highwomen: die feminine Antwort auf Johnny, Willie, Waylon und Kris

Es braucht schon eine gehörige Portion Selbstbewusstsein, wenn man es mit den Schuh- beziehungsweise Stiefelgrößen von Johnny, Willie, Waylon und Kris aufnehmen möchte. Immerhin handelt es sich bei den Vier bekanntermaßen um Legenden; um Ikonen und Pioniere der modernen Country Music. Einer zweiten Herrenrunde, und sei sie noch so gut besetzt, müsste man kategorisch von einer Highwaymen 2-Idee abraten. Aber ein Damenkränzchen? Im Zeitalter der Gender-Parität ist es nur recht und billig und dazu angesagt, dass jetzt diese vier Nashville-Ladies auf dicke Hose machen: Brandi Carlile, Maren Morris, Amanda Shires und Natalie Hemby. Sie bilden den harten Kern. Chely Wright, Margo Price, Sheryl Crow und etliche weitere Hochtalentierte mischen im Dunstkreis von The Highwomen mit.

Für die Initialzündung, so heißt es, ist Amanda Shires verantwortlich. Als sie 2016 mit Dave Cobb ein Album aufnahm, schlug sie dem Hit-Produzenten die Idee einer weiblichen Country-Supergroup vor. Der war nicht abgeneigt, im Gegenteil. Und so kam eines zum anderen - bis jetzt das selbstverständlich von Cobb produzierte Erstlingswerk "The Highwomen" vorliegt. Vielleicht wird so mancher Country-Chauvi jetzt meckern, dass es sich bei dieser weiblichen Attacke auf die Country-Ikonen um puren Frevel handle und dass die Frauen-Ausgabe kein Vergleich zum testosteron-geladenen Original sei. Letzteres: stimmt. Es ist kein Vergleich. Es lässt sich nicht vergleichen. Wie auch? Schließlich liegen zwischen beiden Star-Ensembles nicht nur über 30 Jahre, sondern auch eine ganze Reihe von Trends, Strömungen, neuen Sounds und gesellschaftlichen Veränderungen. Wer sich also das zwölf Songs starke Album zu Gemüte führt, sollte sich frei machen vom legendären Vorbild der Damen-Crew - auch wenn sie mit dem Opener "Highwomen" zunächst bewusst darauf anknüpfen.

Jede der vier Highwomen hat Talent und Star-Potential

Genau wie bei den Highwaymen bekommt in dem Song jede Highwomen eine Strophe solo. Jede von ihnen stellt sich vor und - das muss man sagen - jede von ihnen überzeugt. Keine Frage, diese vier jungen Nashville-Künstlerinnen können singen. Und wie! Und sie sind, das zeigen sie in den filigranen, zum Teil herrlich arrangierten Harmony-Vocals, echte Teamspielerinnen, die zuhören, denen das Gesamtergebnis wichtiger ist, als individuelles Spotlight. Auf eine eigene Band-Identität können sie mit einer Cover-Version - und letztlich ist der Titeltrack eine - natürlich nicht verweisen. Doch das soll sich im Laufe der CD noch ändern, und zwar gewaltig. Schon im zweiten Track, dem herrlich aufmüpfigen Country von "Redesigning Women", machen die Highwomen klar, worum es ihnen geht: um Neugestaltung. Um Frauen, die etwas verändern. Vielleicht die eigentliche Band-Hymne...

So viel steht schon nach wenigen Songs von "Highwomen" fest: braver, angepasster Mainstream ist nicht das Ding von Brandi, Maren, Amanda und Natalie. Sie teilen schon mal aus, zeigen klare Kante, und so mancher Track geht als Feministinnen-Manifest durch – wie das rustikal-nostalgische "My Name Can't Be Mama" oder das wunderschöne, in Fleetwood-Mac-typische Folk-Melodien verpackte "My Only Child". Überhaupt: Mit Melodien können diese, für ihre Songwriting-Künste ohnehin bekannten Ladies grandios umgehen. So lassen sie bei "Cocktail and a Song" und dem finalen "Wheels of Laredo" mit sansoweichen Wellness-Akkorden doch glatt an die Pop-Überväter von den Beatles denken. Respekt!

Freilich ist nicht alles glänzend was goldig ist. Beim motzigen, entfernt an den Shania Twin-Hit "That Don't Impress Me Much" erinnernden "Don't Call Me" und "Crowded Table" übertreiben sie es etwas mit ihrer Wucht - da bilden sie einen fröhlichen Damen-Folklore-Chor, der - sorry - fast an die Kelly Family denken lässt. Ein Gedanke, der sich natürlich schnell in Wohlgefallen auflöst. Dafür sorgt zum Beispiel die in CD-Mitte eingebettete, von Jason Isbell mitkomponierte Sehnsuchts-Ballade "If She Ever Leaves Me" und das nachfolgende, fast sechsminütige "Old Soul" - das Glanzlicht des Albums. Mit diesem energetischen, überwältigend hingebungsvollen Song vermählen sie kunstvoll Southern-Rock mit Country und Folk - und beweisen, dass die Highwomen vor keiner Schuh- und Stiefelgröße zurückschrecken müssen.

Fazit: The Highwomen nehmen den in den 80er Jahren gesponnenen Supergroup-Faden der Highwaymen auf, um ihn in das feminine Nashville der Neuzeit zu überführen.

Label: Low Country Sound / Elektra (Warner) VÖ: 6. September 2019
01 Highwomen
02 Redesigning Women
03 Loose Change
04 Crowded Table
05 My Name Can't Be Mama
06 If She Ever Leaves Me
07 Old Soul
08 Don't Call Me
09 My Only Child
10 Heaven is a Honky Tonk
11 Cocktail and a Song
12 Wheels of Laredo

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