"Illusion & Doubt" bietet Klänge von Bluegrass und Folk bis hin zu Alternative-Country
Der Titel "Illusion & Doubt" ist dabei etwas irreführend. Denn mit einer Täuschung oder gar Zweifeln hat das vorliegende Werk nun wirklich nichts zu tun - die vier Herren, die man instinktiv auf Grund ihres optischen Erscheinungsbildes der Amish-Glaubensgemeinschaft hinzuzählen möchte, wissen ganz genau, was sie hier machen. "Illusion & Doubt" allerdings in lediglich eine Genre-Schublade zu schieben, ist nicht möglich. Immerhin sind in der Produktion Einflüsse von Bluegrass, Folk, Alternative-Country oder gar Punk zu hören. Zweifelsfrei ein vielseitiger Cocktail, der aber trotzdem schmeckt.
Wer Sänger Nate Hilts bisher noch nicht singen gehört hat, ist bei den ersten Tönen des Openers "Boots" vielleicht geneigt, dem bärtigen Frontmann ein Bonbon gegen Heiserkeit anzubieten, doch schnell wird klar - die krächzende Stimme passt hier zum etwas anderen Gesamtwerk. The Dead South stehen nicht für eine auf Hochglanz polierte Mainstream-Produktion, sondern repräsentieren stattdessen mit viel Herzblut und Enthusiasmus die Art von Musik, die besonders gut in einem (Irish-) Pub aufgehoben ist. Rau, herzig und trinkfreudig. Gute Beispiele dafür sind die Lieder "One-Armed Man" und "Dead Man’s Isle", die Gedanken an die Folk-Punker The Pogues erwecken dürfte. Getragen werden die Kompositionen in erster Linie durch das energische Gitarrenspiel. Zudem sind die Herren einem Cello, das primär als Bass gespielt wird, Banjo, Kick Drum und Mandoline bewaffnet.
Country alter Schule und furiose Fiddle-Spielereien
Abweichungen von der überschaubaren Instrumentenauswahl sorgen in der Produktion von "Illusion & Doubt" für Highlights. So erwächst "The Good Lord" durch die Hinzunahme einer Pedal-Steel-Gitarre zu einer wahren Old School Alternative-Country Hymne, während "Every Man Needs A Chew" durch wildes Fiddlespiel originell bereichert wird. Die vier Herren von The Dead South haben ihren Ruf als enthusiastische Live-Band bereits bei mehreren Konzerten in Deutschland unter Beweis gestellt - diese Titel vom neuen Album "Illusion & Doubt" werden ihnen beim nächsten Besuch - die Tour zum neuen Album startet am 18. Oktober 2016 in Hamburg - zweifelsfrei in die Karten spielen.
Hinter den überwiegend flotten Rhythmen und Melodien verbergen sich mit unter bitterböse Inhalte. Zum Beispiel bei "Miss Mary". Diese Dame bringt im Drogenrausch ihren Gatten um. Freunde schwarzen, britisch geprägten Humors werden hier sicher besonders gern hinhören. Wie der Titel "Massacre of El Kuroke" schon andeutet, geht es bei der tempotechnisch gedrosselten Western-Nummer nicht um ein gemütliches Familienpicknick, sondern um schockierende Ereignisse aus dem Jahr 1981 während des Bürgerkrieges in El Salvador.
Fazit: Nu-Folk? Alternative-Bluegrass? Oder doch etwas anderes? The Dead South legt sich auf "Illusion & Doubt" nicht fest und das ist gut so, springen so doch recht viele eingängige Nummern heraus. Kaum vorstellbar, was passieren könnte, wenn man den energiegeladenen Herren einmal E-Gitarren in die Hand gäbe und an einen Verstärker anschließen würde… Aber auch so dürfte auf der kommenden Club-Tour kaum ein T-Shirt trocken bleiben.
Label: DevilDuck (Indigo) | VÖ: 26. August 2016 |
01 | Boots |
02 | Every Man Needs a Chew |
03 | Deadman's Isle |
04 | Smootchin' in the Ditch |
05 | One Armed Man |
06 | The Good Lord |
07 | Delirium |
08 | Miss Mary |
09 | Time for Crawlin |
10 | Massacre of El Kuroke |
11 | Hard Day |
12 | Gunslinger's Glory |