The Dead South - Easy Listening for Jerks

CD Cover: The Dead South - Easy Listening for Jerks
Part 1
Part 2

Anstatt ein komplettes Album zu veröffentlichen, legen The Dead South zwei EPs vor: "Easy Listening for Jerks, Part 1 & 2" und frönen dabei der Lust am Covern

Klar doch, die vierköpfige Band aus dem Präriestaat Saskatchewan hat sich in ihrem zehnjährigen Bestehen schließlich längst ihren eigenen Sound, ihren - ziemlich unverkennbaren - Stil erarbeitet. Verkürzt könnte man sagen: Bluegrass trifft auf Punk-Power. Vom Punk haben sich die virtuosen Kanadier auch noch die unbekümmerte Unverfrorenheit abgeschaut: nichts ist ihnen heilig. Alles geht. Berührungsängste? Nicht doch!

Wer so an die Musik-Sache herangeht, findet immer wieder Lücken und Nischen, die noch nicht künstlerisch besetzt oder kommerziell ausgeschlachtet sind. Muss verlockend sein. Doch es gehört auch eine gehörige Portion Mut dazu, sich so weit aus dem Fenster zu lehnen, um den Mainstream konsequent zu ignorieren.

The Dead South finden ihre musikalische Nische

Andererseits: Mittlerweile ist Roots-Musik mit Pep im Country, Bluegrass und Americana längst en vogue. Wird es da nicht langsam für The Dead South Zeit, völlig neue Eisen anzupacken? "Darüber denken wir gar nicht nach", versichert uns im Interview Nate Hilts, Sänger und Gitarrist der Band, "wir machen einfach die Musik, die wir gerne hören - und die wir auch können." Wenn sich also im Klangbild der Kanadier mal etwas Gravierendes verändern sollte, dann: "Weil wir uns in dem Moment der Aufnahmen gerade danach fühlen. Sicher aber nicht deshalb, weil wir irgendwo reinpassen wollen."

Glauben wir ihm. Gerne sogar. Und auch, wenn er sagt, dass es ihnen Spaß gemacht hat, diese beiden EPs "Easy Listening for Jerks, Part 1 & 2" aufzunehmen. Man habe sich mit beiden Händen im großen Songkatalog bedienen können, um Song-Lieblinge der Bandmusiker in ein neues Klangkleid zu verpacken. Da man zuletzt in vernünftiges Recording-Equipment investiert habe, konnten sie die sechs Songs von "Easy Listening for Jerks, Part 1" und die sieben Tracks des zweiten Teils ohne jeden Stress aufnehmen. Wie es heißt, durfte sogar jeder der vier Bandmitglieder vor das Mikro, um die Lead-Vocals zu übernehmen. "Das heißt aber nicht, dass wir die Sache nicht mit dem entsprechenden Ernst angepackt hätten", macht Nate sofort deutlich, "schließlich hat jeder einen super Job gemacht."

 

Recht hat er. Gesanglich gibt es im Verlauf der insgesamt 13 Titeln von "Easy Listening for Jerks, Part 1 & 2" keine qualitativen Schwankungen. Nate Hilts sowie Gitarrist und Mandolinen-Spieler Scott Pringle, Banjo-Ass Colton Crawford und der wieder zu The Dead South gestoßene Cello-Experte Danny Kenyon beweisen, dass sie alle das Format zum Lead-Sänger haben - und damit einen beneidenswerten musikalischen Radius bieten können. Abwechslung ist damit garantiert.

 

"Easy Listening for Jerks, Part 1 & Pt. 2" - mal Roots, mal Rock

Auf "Easy Listening for Jerks, Part 1" huldigen sie den Roots: Sie ziehen den Hut vor der Carter Familie (im Opener "Keep On the Sunny Side"), vor Johnny Cash ("You Are My Sunshine") und - diese Ehrerweisung muss sein - vor Hank Williams (mit dem nicht sehr originellen Klassiker-Cover "Will The Circle Be Unbroken"). Den bekannten Titeln stellen sie weniger populäre Tracks zur Seite: etwa "Pallet on the Floor", das von Dan Daniell geschriebene Liebeslied an den ikonischen Schweizer Berg "Matterhorn" und "Flint Hill Special", das Bluegrass-Kenner freilich als ein Lester Flatt & Earl Scruggs-Original ausmachen. Tenor: im ersten Teil fischt die Band noch im Bluegrass-Teich nach Songs.

Anders, ganz anders verhält sich die Sache in "Easy Listening for Jerks, Part 2". Hier serviert das Quartett sieben Tracks, die man auf Anhieb so gar nicht mit The Dead South in Verbindung bringen würde. Aber das ist auch das Reizvolle an der Sache: Wenn sie sich den leider wahrhaftigen Doors-Klassiker "People Are Strange", "Chop Suey" von System Of A Down, "We Used to Vacation" von den Indie Rockern Cold War Kids vornehmen - oder mit "96 Quite Bitter Beings" einen Song der Alternative Metal-Band CKY auf ihren Sound trimmen. Mit ihren Akustik-Versionen beweisen sie, dass es weder E-Gitarren noch Drums braucht, um die Stimmung eines Rock- oder gar Metal-Songs aufzugreifen. Andererseits bleibt trotz der rabiater Song-Vorlagen die Grundstimmung im Bluegrass und im Roots-Sound verankert. Aufrechte Traditionalisten dürften mit manchem Track dennoch ihre Probleme haben.

Fazit: Die Sache des Covern, das Ding, Songs aus anderen Genres in die bandtypische Stilistik überzuführen ist nicht gerade neu. Für gute Unterhaltung sorgen The Dead South mit ihren zwei EPs "Easy Listening for Jerks, Part 1 & Part 2" aber dennoch: mit Bluegrass der etwas anderen Art.

Label: DevilDuck (Indigo) VÖ: 4. März 2022
Part 1
01 Keep On The Sunny Side
02 Pallet On The Floor
03 Will The Circle Be Unbroken
04 Flint Hill Special
05 You Are My Sunshine
06 Matterhorn
Part 2
01 Yahoos and Triangles (Intro)
02 People Are Strange
03 Chop Suey
04 We Used To Vacation
05 Help Me Scrape The Mucus Off My Brain
06 Saturday Night
07 96 Quite Bitter Beings
vgw
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