"Singen ist das, was ich schon immer machen wollte. Ich liebe die Schauspielerei, aber mein Herz und meine Seele gehören dem Singen", sagt der brünette Hingucker. Angst vor einem Karriereknick als Schauspielerin oder doch eine ernstgemeinte Absicht? Die Chancen, einen Erfolg im Country-Bereich zu schaffen, stehen auf jeden Fall nicht schlecht. So hat die Sängerin für ihr erstes Album die Hausaufgaben gemacht und mit Scott Hendricks einen Top-Produzenten engagiert, der schon mit Blake Shelton, Keith Urban, Trace Adkins oder Faith Hill hoch oben in den Charts gelandet ist. An den Instrumenten wurde ebenso nichts dem Zufall überlassen, so sind unter anderem Glenn Worf (Bass) und Dan Dugmore (Pedal Steel) mit dabei. Selbst lediglich am Songwriting von zwei Songs beteiligt, holte Kramer Songs, an denen Hit-Experten wie Jim Beavers oder Troy Verges mitkomponierten, mit ins Boot. Hinzu kommen Beiträge von Rachel Proctor, Katrina Elam oder Jennifer Hanson - alles bekannte Songwiterinnen, die allerdings innerhalb ihrer Solo-Karrieren keine großen Erfolge verzeichnen konnten. Genau das will die junge Frau aus Michigan anders machen. Ein gutes Händchen - soviel vorab - hat Kramer bei der Auswahl der Titel auf jeden Fall gehabt.
Der Auftakt "Good Time Comin' Up" ist schon gut gelungen. Leicht rockig in der Musik und ansonsten auf Partylaune getwangt präsentiert sich die Sängerin, deren Stimme auf Anhieb an Ashton Shepherd erinnert. Aber das wichtigste: Kramer hat eine Stimme, die man sich gut anhören kann. Leider fehlen im Booklett die Texte, aber da die Gute überwiegend sehr verständlich singt, ist schnell klar, dass es sich beim folgenden, kraftvoll vorgetragenen Smasher "I Hope It Rains" nicht um eine Bitte an Petrus zwecks Unterstützung der Arbeit in der Landwirtschaft handelt. Vielmehr geht es um Rache an einem Typen, der offenbar gar nicht nett gewesen ist, und sich mit der falschen Frau eingelassen hat. Das Ganze rockt zwar innerhalb eines hinlänglich bekannten Bereichs, ist aber trotzdem genau das richtige Material, um zwischendurch auch mal schön laut gehört zu werden.
Insgesamt dürfte Kramer vor allem eine jüngere Zielgruppe im Auge haben. So finden sich auf der CD weder ausufernde Solo-Einlagen aus der Instrumental-Abteilung noch sonderlich verschachteltes Song-Material. Warum auch, denn 16-Jähige lassen sich in der Regel viel lieber mal einen Beat um die Ohren jagen. So wie beim stampfenden Country-Popper "Goodbye California", das amerikanische Teens bei Sommerpartys sicher rauf und runter hören werden. Dazu beinhaltet die Nummer autobiografisches - geht es doch um die Aufgabe des Schauspieler-Lebens und die Rückkehr in die (musikalische) Heimat - der Music City Nashville.
Nicht ganz so tanzbar und einprägsam sieht es bei "What I Love About Your Love", der sich trotz groovender Strukturen nicht so ganz als Ohrwurm einnisten kann. Einen besseren Eindruck hinterlassen dagegen die Singles "Whiskey" und "Why We Wanna". Beide lassen es gemächlicher angehen und zeigen so unweigerlich wieder (stimmliche) Ähnlichkeiten zu Ashton Shepherd auf. Der Country-Faktor ist durch eine schöne Pedal Steel und Fiddle-Einsatz besonders bei "Why We Wanna" eine Spur größer. Also völlig zu Recht ein Hit.
Durch ihre Betonung während des Singens erinnert Kramer temporär auch an Gretchen Wilson. Gutes Beispiel dafür ist der selbstbewusste Rocker "One of The Boys". Die Schönheit mag es gern flott, wie auch bei "King of Apology", bei dem sie den Schreiber spontan einmal an niemanden erinnert, dafür aber einen aufgeweckten Country-Song mitbringt. Fein gelungen ist zum Ende des selbstbetitelten Debüt-Albums auch die Ballade "Good As You Were Bad", bei der Kramer zeitweise so verletzbar wie die junge Jewel klingt.
Fazit: Mit dem Look eines Models und maßgeschneiderten Country-Songs mit Pop & Rock und Harmonien sollte Jana Kramer zumindest für die nächste Zeit nicht nur in Nashville ein ernstzunehmendes Thema sein.
Label: Elektra Nashville (in Deutschland nicht veröffentlicht) | VÖ: 5. Juni 2012 |
Titelliste
01 | Good Time Comin' On | 07 | One of the Boys |
02 | I Hope It Rains | 08 | What I Love About Your Love |
03 | Why Ya Wanna | 09 | When You're Lonely |
04 | Goodbye California | 10 | King of Apology |
05 | Whiskey | 11 | Good As You Were Bad |
06 | Over You by Now |