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Man nehme einen Song. Irgendeinen. Das kann Hardrock oder Pop, Schlager oder Disco sein, Hauptsache der Titel ist bekannt genug, um ihn bis zur Unkenntlichkeit durch den Country-Wolf zu drehen. Fertig ist das Kochrezept der Witzbolde von The Twang. Die Unterhemden-freie-Version von The Boss Hoss macht sich seit 1997 einen Mordsspaß aus der sogenannten "Countryfication" - aber auch mit zunehmender Ernsthaftigkeit.
So ist ihr viertes Studioalbum, mit dem bedeutungsschwangeren Titel "A Guide to Modern Country Living" neben einem Studio im norddeutschen Bülten auch - man gönnt sich ja sonst nichts - in Houston und Austin entstanden. Noch ernster, noch ambitionierter, noch professioneller erscheint, dass das Album in den legendären Beatles Abbey Road Studios gemastert wurde. Wer weiß, vielleicht ließ der seinerzeit als fünfter Beatle gehandelte Klaus Voormann, der das Cover gestaltete, seine Kontakte spielen.
Eine Menge Vorschusslorbeeren also. Die Messlatte hängt entsprechend hoch. Und was machen Marshall Twang und die anderen Twangs? Sie spazieren mal so eben unten durch. Supercool und locker natürlich, ohne auch nur den Stetson zu lupfen. Iwo, bloß nicht anstrengen...
Das ist weniger kritisch gemeint als es klingt. Denn Austin, Houston, Abbey Road und Voormann hin oder her - von professioneller Glätte oder gar Kalkül kann bei den rührenden Coverversionen keine Rede sein. Die Band klingt trotz zweier neuer Bandmitglieder und einigen Gaststars immer noch so frisch und frech und unverdorben, wie bei ihrem ersten Gig. Aber auch immer noch so musikalisch unbeholfen. Doch ihr gepflegter Dilettantismus hat System. Denn bei ihnen geht es ja seit jeher um den Überraschungseffekt, den Klassiker aus der Popgeschichte im neuen Country-Gewand beim Hörer auslösen. Oder zumindest auslösen sollten, diese Vorgehensweise hat mittlerweile Tradition.
Auch die Umsetzung sorgt nicht immer für Überraschungsmomente: Vieles klingt, wie wenn sich die Knallköpfe von Monty Python an "Ghostriders" vergreifen würden - nicht sehr qualifiziert, aber allemal skurril und witzig. Manches fällt aber leider nur doof aus: "A Whiter Shade of Pale" zum Beispiel. Oder "Just A Gigolo". Diese Ikonen (der Schmuse- bzw. Partymusik) lassen sich nicht ohne Gegenwehr in Cowboystiefel stecken und so einfach zu Country transformieren. Harmlosere Pop-Songs wie Michael Jacksons "Beat It" oder David Dundas Beinkleidhymne "Jeans On" bieten sich dafür schon deutlich eher an. Und "Genghis Khan" (Dschingis Khan) profitiert in der Twang-Version sogar. Mit dabei behilflich waren erneut einige renommierte Gaststars: u.a. Country-Urgestein Herb Remington, Marty Muse und Martin Wank (u.a. Calexico).
Fazit: Noble Studios, neue Songs, neues Team - und altbewährtes Konzept. Twang-Fans sollten auf ihre Kosten kommen. Alle anderen zumindest ihren Spaß haben.
Label: Countryfied (Indigo) | VÖ: 26. März 2010 |
Titelliste CD
Links
01 | Beat It | 09 | Space Lord |
02 | Kids In America | 10 | Heroes |
03 | A Whiter Shade of Pale | 11 | Breaking The Law |
04 | Friday I'm In Love | 12 | Genghis Khan |
05 | Brothers In Arms | 13 | Just A Gigolo |
06 | I Kissed A Girl | 14 | Jeans On |
07 | Rehab | 15 | Seasons In The Sun |
08 | Ride Like The Wind |
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