Nach vielen, mäßig erfolgreichen Jahren im Folk-Geschäft wollen es die drei Singer/Songwriter Jennifer Nettles, Kristen Hall und Kristian Bush wirklich wissen: Als Sugarland (Zuckerland) strecken sie sich mit ihrem Debütalbum "Twice The Speed of Life" nach dem ganz großen Erfolg im Country-Business. Ihr Rezept ist schlicht und verlässlich: eingängige, countryradiotaugliche Songs, exzellente Vocalarrangements und ansonsten alles ein wenig auf Nummer sicher.
Ein bewusst durchgeplanter Erfolg, denn der Legende nach saßen die drei in Halls Keller, schrieben an Songs, probierten Vocalarrangements. Und als sie merkten, dass die kreative Chemie stimmte, da schlossen sie einen Pakt: Das Ziel wären diesmal nicht mehr die kleinen Clubtingeleien, mit denen sie sich schon jahrelang über Wasser gehalten hatten: Diesmal ging es darum, Songs und Sounds zu kreieren, mit denen sich Footballstadien füllen lassen könnten. Eine Rechnung, die in den USA, wo das Album bereits erhältlich ist, voll aufgehen könnte: Die Debütsingle "Baby Girl" handelt passenderweise von einer Sängerin, die ganz unten steht aber vom großen Durchbruch träumt. Der Song erlebte den höchsten Charteinstieg einer Newcomerband in den Billboard Countrycharts seit über einer Dekade, das Album wurde zum Top 20-Erfolg und hat längst Goldstatus erreicht. Mit "Baby Girl" und "Something More" hatten Sugarland zwei Hits gleichzeitig in den Top 20 - lange her, dass das einem Newcomer gleich mit den ersten zwei Singles gelungen ist.
Sugarland predigen den Stillstand, nicht die Rebellion. Und sie haben Spaß dabei. Wie die völlig entnervte Hausfrau, die sie in dem Song "Down In Mississippi (Up To No Good)" besingen. Doch statt alles hinzuschmeißen, geht sie lieber mit ein paar Freundinnen aus: Spaß ist okay, aber bitte auf Nummer sicher, ist das Motto, in diesen Geschichten aus Kleinstadtamerika. So besingen Sugarland in "Small Town Jericho" die Orte, wo der erste Kuss flüchtig unter der Tribüne beim Highschool-Football-Spiel verabreicht wird und wo sich Papa ins Schlafzimmer einschließt, um den Tod des Bruders zu beweinen, anstatt ihn gemeinsam mit seinen Kindern zu betrauern, die sich alleingelassen in ihren Bettchen in den Schlaf heulen. Aber grundsätzlich ist eine positive Stimmung, die "Twice The Speed of Live" vorantreibt. Sugarlands Heimat ist das "Radioland", wie sie in dem Song "Tennessee" verkünden. Und dessen Bewohner dürfen ruhig mal ein wenig lauter machen.
Sugarland machen auf "Twice The Speed of Live" vieles richtig und wissen ihre Talente voll zur Geltung zu bringen: Da ist zum einen das stromlinienförmige Songwriting des Trios, das alle elf Songs selbst geschrieben hat - allerdings offensichtlich eher von 70's-Rock-inspiriert, als von ursprünglichem Country. Da gerät trotz seiner mainstreamigen Ausprägung nur einmal ein Song wirklich plump ("Fly Away" ist ein unnötiger Füller). Da sind die wirklich feinen Vocalharmonien des Trios. Größter Trumpf allerdings ist Sängerin Jennifer Nettles mit ihrem höchst souligen Twang in der Stimme. Und eine Augenweide ist sie obendrein. Das Album schließt mit der etwas sahnigen, aber ganz hübschen Ballade "Stand Back Up". Und wer jetzt Appetit bekommen hat, für den gibt es Sugarland auch beim Eismann, bislang allerdings nur in Atlanta. Dort hat Jake's Ice Cream ein spezielles Sugarland -Eis erfunden, genannt " Sugarland Swirl". Bestehend aus "white chocolate ice cream packed with chunks of blonde brownie and white chocolate covered pretzels with a creamy fudge swirl". Klingt lecker.
Fazit: Genuss ohne Reue verspricht "Twice The Speed of Live", das Debüt des US-Trios Sugarland : Eingängiger, manchmal arg gefälliger Mainstream-Country, herausgeputzt im Sonntagsanzug. Soll die Straße zum Ruhm doch lang und matschig sein: Selbst Sugarlands Stiefel strahlen wie 1.000 Sonnen.
Label: Mercury Nashville (Universal) |
VÖ: 20. Mai 2005 |
01 |
Something More |
07 |
Fly Away |
02 |
Baby Girl |
08 |
Speed of Life |
03 |
Hello |
09 |
Small Town Jericho |
04 |
Tennessee |
10 |
Time, Time, Time |
05 |
Just Might (Make Me Believe) |
11 |
Stand Back Up |
06 |
Down in Mississippi |
|
|