Auch wenn in den meisten Songs das von Vassar gespielte Piano die Tonfärbung vorgibt, geht die CD sehr rockig und gitarrenlastig los: Mit "This Is My Life". Ein Song, der auch Bruce Springsteen oder John Mellencamp gut zu Gesicht stehen würde. Denn hier nimmt einer wirklich kein Blatt vor den Mund. Als einer der wenigen Nashville-Acts erlaubt sich der aus Lynchburg, Virginia, stammende Sänger, Songschreiber, Pianist und Produzent, gegen die Clique im Weißen Haus zu mosern: "Republican or Democrat, well I don't give a damn about that" singt er da recht leidenschaftlich. Da hat einer unüberhörbar von so mancher aktuellen Ausprägung des "American Way of Life" ziemlich die Nase voll. Der rockende, mit einigen überraschenden Arrangement-Wendungen versehene Titel ist ein echter, man kann's nicht anders sagen, Protest-Song. Die braven amerikanischen Country-Radiostationen werden den Titel deshalb wohl nicht mal mit der Kohlenzange anfassen.
Auch der nächste Song wird bei den C-Stationen nicht viel bessere Chancen haben: "Around Here Somewhere" erinnert mit seinem vollblütigen, monumentalen Rock, seinem Piano-Stakkato, den prächtigen Harmonien im Refrain und Vassars fantastischem Gesang gleichermaßen an Springsteen wie an Billy Joel. Überhaupt: Diese zwei Herren sind unter Garantie zwei wichtige Inspirationsquellen des singenden Komponisten - was der nachfolgende Titel "My Chevrolet" eindrucksvoll unterstreicht. In dem romantisch-nostalgischen Rocker erinnert er sich an so manches Abenteuer, das er in dem rollenden Gefährt erlebt hat. Guter Stoff für eine süffige Ballade ...
Beim nachfolgenden "Love Is a Beautiful Thing" braucht man eigentlich gar nicht mehr die CD-Credits zu bemühen, um zu erkennen, dass hier Craig Wiseman seine hitverwöhnten Songschreiber-Finger im Spiel hatte. Er hat. Und er hat wieder mal eine gospel-getränkte Lebens- und Liebesbetrachtung á la "Live Like You Where Dying" zu Papier gebracht. Der Titel ist neben "Why Don't Ya" der einzige Song des neuen Dutzends, das Vassar nicht (co-)komponierte - und leider auch einer der wenigen nicht vollauf geglückten Momente der CD. Denn: die Wiseman-Masche ist ausgereizt. Die Story kauft man selbst diesem hingebungsvoll intonierenden Interpreten nicht ab. Der darauf folgende, erneut ganz im Gospel verhaftete Titelsong verfügt über hübsche Harmonien, leider aber auch über zu viel Bombast. Nein, die Glanzlichter der CD setzen andere Songs ...
Zum Beispiel das an Bruce Hornsby (auch ein singender Pianoman) erinnernde "I Would", das mit goldigen Beatles-Harmony-Vocals betörende "It's Only Love", der Cajun-Tex-Mex-Rock-n-Roll-Feger "Why Don't Ya" (mit den Los Lonely Boys), die wieder an Hornsby und Joel erinnernde Klavier-Ballade "Let Me Love You Tonight" oder die originelle Verbeugung vor den Rolling Stones "Baby Rocks". Mit der Ballade "Crazy Life", von ihm im Alleingang komponiert, setzt er der von Mark Wright produzierten CD einen finalen Höhepunkt.
Fazit: Tolle Songs, toller Sänger, tolle Musiker. Sein neues Album erfüllt alle Erwartungen - auch wenn Country eine eher untergeordnete Rolle spielt.
Label: Universal South/Wrasse/Hump Head (Harmonia Mundi) | VÖ: 14. November 2008 |
Titelliste
Links
01 | This is my Life | 07 | Why Don't Ya |
02 | Around Here Somewhere | 08 | It's Only Love |
03 | My Chevrolet | 09 | Let me Love You Tonight |
04 | Love is a Beautiful Thing | 10 | Baby Rocks |
05 | Prayer of a Common Man | 11 | The World is a Mess |
06 | I Would | 12 | Crazy Life |