"How Can A Poor Boy?" heißt der Eröffnungstrack und stellt sich als tiefschwarzer Delta-Blues vor. Zu leiden versteht Morrison ohnehin wie kein Zweiter und die pluckernde Orgel, die säuselnde Mundharmonika und die flirrende Fiddel entführen den Hörer tief in den schwarzen Süden der USA, das Mutterland des Blues.
Musikalisch etwas flotter und auch fröhlicher kommt "School of Hard Knocks", Lied Nummer zwei auf der CD daher. Dabei zeigt der notorische Grantler, dass er immer noch nichts von seinem Biss verloren hat: "I was educated by the school of hard knocks / Tell me who's gonna patronise me now? / They've brainwashed the suckers again and perpetrated the myth / Propaganda far and wide".
Wie ein typischer Van-Morrison-Song aus seiner frühen Schaffensphase klingt Titel Nummer drei auf der CD. Fröhlich und beschwingt besingt er seine Liebste und attestiert ihr, dass sie die wahre, echte und für ihn einzige Unterhaltung ist: "That's Entertainment". Genau so, wie sich das für einen älteren Herren gehört. Und so einer geht auch nicht mehr in Nachtclubs: "Don't Go To Nightclubs Anymore", der vierte Track des Albums, ist ein schleichend-schleppender Slow-Blues, dominiert von der fantastischen Orgel-Arbeit von John Allair.
Bei Lied fünf endlich packt Van Morrison wieder den Stetson aus und besinnt sich seiner auf der CD "Pay The Devil" so erfolgreich kultivierter Country-Tugenden. "Lover Come Back" startet mit einem feinen Steel-Guitar-Intro und entwickelt sich zu einer todtraurigen Engtanznummer. Die genretypischen Themen, wie Verlust und Trauer, Schuld und Sühne, sich verlieben und verlassen werden, konnte Van Morrison schon immer sehr gut in Songs fassen. Und vor allem auf unvergleichliche Weise vortragen: Er leidet wie ein Hund.
"Now we got to keep it simple and that's that" lautet der Refrain zum Titelsong der CD und ist mehr als programmatisch: Morrison erklärt, wie es geht, einen "Simple Song" zu schreiben und wie wichtig es ist, das Leben einfach zu halten - nebenbei bemerkt wieder ein typisches Country-Thema. Dabei setzt er den Song so "simple" wie möglich um: Stimme, Ukulele, Schlagzeug, Bass, Gitarre und Akkordeon. Eine für den Orchesterliebhaber Van Morrison wahrhaft reduzierte Besetzung.
Kaum in den Gehörgängen festsetzen kann sich Titel Nummer sieben, "End Of The Land". Fällt wohl eher unter die Kategorie Füllmaterial. Nicht so aber der "Song Of Home": Die Country-Nummer wartet mit Banjo, Steel-Guitar und Mandoline auf und bietet alles, was einen klassischen Tearjerker ausmacht. Das Thema: Heimweh. Selbes gilt für "No Thing" eine klassische Country-Nummer, die aus der Feder des großen George Jones stammen könnte. Mit einfühlsamer Background-Arbeit, die sich im Übrigen durch das gesamte Album zieht.
Den Schluss der elf Titel umfassenden CD machen das traurige "Soul", bei dem Van wieder einmal das Saxophon auspackt und "Behind The Ritual". Die knapp siebenminütige Nummer steigert sich immer weiter, wird schneller mehr und voller und bietet Van Morrisons Stimme den perfekten Platz zum Austoben. Von meditativ bis expressiv jault und röchelt er sich durch das Lied und erinnert damit fast an sein Kultalbum "Astral Weeks". Ein würdiger Abschluss.
Fazit: Diejenigen, die Gefallen an Van Morrisons 2006er Country-Album "Pay The Devil" gefunden haben, kommen bei "Keep It Simple" zwar nicht komplett auf ihre Country-Kosten, dürfen sich aber über mindestens vier waschechte Country-Nummern freuen. Und nicht vergessen: Der Rest das Albums ist ebenfalls gut!
Label: Polydor (Universal) | VÖ: 14. Februar 2008 |
Titelliste
Links
01 | How Can A Poor Boy | 07 | End Of The Land |
02 | School Of Hard Knocks | 08 | Song Of Home |
03 | That's Entrainment | 09 | No Thing |
04 | Don't Go To Nightclubs Anymore | 10 | Soul |
05 | Lover Come Back | 11 | Behind The Ritual |
06 | Keep It Simple |