"Lost Highway" führte den von der Ostküste stammenden Rock-Fünfer nämlich schnurstracks nach Nashville. Die Produzenten John Shanks und Dann Huff haben unter der Federführung des sogenannten "Executive Producer" -Mainstream-Rock-Legende Desmond Child - das Starstruck- und Blackbird-Studio für die Sessions gebucht. Und, jetzt wird's langsam spannend, dazu einige der stadtbekannten Macher und Stars eingeladen: Songschreiber wie Brett James, Sänger und Sängerinnen wie Big & Rich und LeAnn Rimes und dazu Musiker wie Steve Nathan (Keyb.), Paul Franklin (Steel Guit.) und Dan Dugmore (Git.). Wie sieht's aus, geneigter Leser? Nimmt die verwegene Vision einer kreuzfidelen Country-Ausgabe von Bon Jovi langsam Formen an? Ja, tatsächlich? Dann muss ich sie leider enttäuschen...
Denn trotz Nashville-Aura und Countrystars ist die Band immer noch so weit von Country entfernt, wie etwa Clint Black von Death Metal. Gut, es mag ja sein, dass sich Jon Bon Jovi und Richie Sambora, die Songschmiede der Band, von dem Umfeld und auch von manchem Co-Autor beeinflussen ließen und es deshalb etwas moderater und folklastiger angehen ließen. Beim Intro von "Whole Lot of Leavin'" zum Beispiel und bei "I Love This Town" lässt sich dies erahnen. Dennoch muss man schon mit dem Hörgerät vor der Box sitzen, um diese Country-Tupfer heraus zu filtern. Im Gros verbreitet die Band in den zwölf Titeln ihren wie immer gleichermaßen für Stadien wie für Pils-Pubs geeigneten Mainstream-Rock - mit typischen Gitarrenriffs, wuchtigen Grooves und jeder Menge enorm aussagekräftiger "Heys" und "Yeas". Musikerà la Dugmore und Franklin, normalerweise Garanten für filigrane Saitenarbeit, fallen zu keinem Takt auf. Genauso wenig wieBig & Rich bei "We Got It Going On".
Lediglich Jon-Boys Duett-Partnerin LeAnn Rimes sorgt bei dem pathetischen Schmachtfetzen "Till We Ain't Strangers Anymore" für moderates Country-Feeling. Sobald aber Jon Bon Jovi wieder an der Reihe ist, ist's auch schon wieder aus mit der Country-Herrlichkeit. Das ist einerseits schade, andererseits lehrreich. Somit wird wieder mal klar, dass der alte Spruch - it's the singer, not the song - seine Berechtigung hat. Ergo: Jon Bon Jovi wird nie Countryfeeling verbreiten, wird immer ein Rocker sein.
Andererseits hat man bei diesem Album das Gefühl einer vergeudeten Chance. Man fühlt sich an fünf Laboranten erinnert, denen die Aussicht auf den großen Wumms so viel Respekt einflößt, dass sie anstatt Nitro doch nur Esbit für ihr Experiment verwenden. Und so hat die CD auch nur die musikalische Sprengkraft eines feucht gewordenen Schweizer Krachers. Es macht ganz leise "Peng".
Fazit: Shanks und Huff sorgen als Produzenten für einen musikalischen Etiketten-Schwindel. Für so ein Album hätte die Combo auch an der Ostküste bleiben können. Was wäre wohl passiert, wenn ein Kaliber wie James Stroud die Produktion übernommen hätte?Label: Mercury Records(Universal) | VÖ: 8. Juni 2007 |
Titelliste
Links
01 | Lost Highway | 07 | Seat Next To You |
02 | Summertime | 08 | Everybody's Broken |
03 | Make a Memory | 09 | Stranger (feat. Leann Rimes) |
04 | Whole Lot Of Leaving | 10 | The Last Night |
05 | We Got It Going On | 11 | One Step Closer |
06 | Any Other Day | 12 | I Love This Town |