Todd Snider - Crank It, We're Doomed

CD Cover: Todd Snider - Crank It, We're Doomed
 

Seit 2007 wartet das Todd Snider-Album "Crank It, We're Doomed" auf seine Veröffentlichung

Im Pressetext zu "Crank It, We're Doomed" wird davon berichtet, dass weltberühmte Künstler - wie etwa Neil Young oder Prince - immer wieder Alben aufgenommen und dann doch nicht veröffentlicht haben. Nun hat dies vor etlichen Jahren auch Todd Snider getan. Aha. Wobei wir uns wohl schon einig sind, dass Snider nicht gerade in der gleichen Liga spielt, wie Prince und Young. Aber Namedropping ist nun mal ein beliebtes Stilmittel, um einen Act in höhere künstlerische Weihen zu überführen.

Etwas unverfroren ist es aber dann doch, wenn später - im gleichen Text - "Crank It, We're Doomed" gleich mit drei Meilensteinen der Musikgeschichte verglichen wird (mit "Exile On Main Street" von den Stones, das "White Album" von den Beatles und "Desire" von Bob Dylan). Mal ehrlich: davon ist "Crank It, We're Doomed" in etwa so weit entfernt wie der "Flohwalzer" von Rachmaninoffs drittem Klavierkonzert.

Galt lange Zeit als verschollen: "Crank It, We're Doomed"

Man tut den Künstlern und auch den Alben dieser Leute keinen Gefallen, wenn man sie mit Genies in Verbindung bringt. Die Unterschiede fallen da nur umso deutlicher auf. Es ist nicht gut - und auch nicht notwendig. Denn der hemdsärmelige, hyper-naturbelassene Sound von Todd Snider hat schließlich ebenfalls seine Qualitäten. Seine ureigenen! Sein knarziger Gesang, die bis zum Anschlag verzerrten Gitarren-Riffs, die holpernden Drum-Grooves und die mitunter aufs Allernötigste entkernten Arrangements ergeben einen sehr speziellen Sound, der als Gegenentwurf zum Country-Mainstream taugt.

Da ist es auch kein Wunder, dass Todd Snider selbst nach rund 30 Karrier-Jahren immer noch so etwas wie ein Geheimtipp ist. Seine vielen Alben rangieren eben nicht wie die von Young, Prince, den Stones oder den Beatles auf den Charts-Spitzenplätzen, sondern in den Hinterhöfen der Bestenlisten. Immerhin: sein vorletztes, 2019 erschienenes Werk "Cash Cabin Sessions, Volume 3" konnte sich Platz drei der "US Indie Charts" erobern. In die Folk-, Rock- und Heat-Charts hat er auch gelegentlich reingeschnuppert, wie auch - und das ist respektabel - in die Hot 200 (wenngleich nicht mehr als Platz 95 heraussprang). In die US-Country-Charts hat es der aus Nashville stammende Todd Snider dagegen noch nie geschafft.

Auch mit "Crank It, We're Doomed" wird es wohl nicht klappen. Dafür ist sein Sound dann doch zu weit weg von den Vibes der Country Music. Als Folkie aber macht er eine durchaus gute Figur. Nehmen wir nur mal den Opener "From a Dying Rose", ein starker, knochentrockener Folk-Blues. Rau, ungeschliffen, voller phantasievoller und skurriler Einfälle. Es ruckelt und zuckelt, es holpert und dröhnt. Wenn man hier Track-by-Track aufgenommen hat, dann bemüht schludrig. Vermutlich aber hat Snider gemeinsam mit seinen durchaus kompetenten Mitstreitern (u.a. Gitarrist Will Kimbrough und Drummer Paul Griffith) die Songs von "Crank It, We're Doomed" live eingespielt. Ohne Netz und doppelten Boden also.

Todd Snider: musikalischer Nonkonformist jenseits des Mainstreams

Bluesig geht es in dem Album auch weiter: "Juice" und "Hanleman's Revenge" haben tatsächlich etwas von den Stones während derer Exile On Mainstreet-Phase, "Don't Tempt Me" erweist sich mit klimperndem Honky-Tonk-Piano schon fast als archaischer Shuffle und "But Seriously Folks" (nicht zu verwechseln mit dem grandiosen Joe Walsh-Album gleichen Titels) ist eine witzige Folk-Revue-Nummer mit minimalistischem Arrangement.

Überhaupt fällt auf, dass er seine besten Momente in den sparsamst instrumentierten Tracks hat: "Doll Face" kommt beispielsweise mit nur einer bluesig gespielten Akustik-Gitarre und einer im Hintergrund jaulenden Pedal Steel aus. Hier spielt Todd Snider seine Fähigkeiten als Sänger, beziehungsweise als Storyteller aus. Und dass der Mann Geschichten erzählen kann und auch etwas zu sagen hat, beweist er auf "Crank It, We're Doomed" mehrfach. Am eindringlichsten in "The War On Terror". Wir erinnern uns: so hat ja einst George Bush Jr. den verhängnisvollen Krieg gegen den Irak benannt – im Jahr 2007 war das höchst aktuell. Und Todd Snider hatte den Mut, dagegen anzusingen. Den thematischen Faden greift er später, in dem mit einem Bo Diddley-Groove befeuerten "Mission Accomplished" nochmals auf. Respekt, dafür gibt es einen fetten Pluspunkt!

Um welche Art von musikalischem Chamäleon es sich bei Todd Snider handelt, zeigt sich in den 15 Tracks gleich mehrfach: "A Slim Chance is Still a Chance" ist ein so lustiger, wie Mut machender Song in allerfeinster Beat-Tradition, "The Last Laugh" serviert urwüchsigen Delta-Blues und mit "West Nashville Grand Ballroom Gown" lässt er sich - große Überraschung – zu einem wunderschönen, harmonisch richtig gefälligen Country-Roots-Song hinreißen. Ein Song, in dem er dazu noch ganz, ganz entfernt an Bob Dylan erinnert. Wer sagt's denn...

Fazit: Crank It, We're Doomed" lag seit 2007 in der Asservatenkammer - jetzt wirft es Todd Snider auf den Markt und serviert darauf engagierten, rustikal arrangierten Folk, Folk-Rock und Alternative-Country.

vgw
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