Dann nimmt er, so wie 2006 geschehen, mit "These Days" gleich mal eine Vierfach-CD-Box auf und widmet jedem Tonträger eine bestimmte Country-Ausprägung. Aktuell lässt er es sparsamer angehen. Mit "Sweet Memories: The Music of Ray Price & The Cherokee Cowboys" belässt er es, gemeinsam mit seinem Kumpel Paul Franklin an der Pedal Steel Guitar, bei einer Würdigung eines ganz Großen - Ray Price. Die Legende, der Meister des Mollakkords, des traurigen Fachs.
Die Karriere von Ray Price begann Mitte der 1950er Jahre. Sein Förderer war kein Geringerer als Hank Williams. Als die leidgeprüfte Country-Ikone in der viel besungenen Silvesternacht 1953 das zeitliche segnete, übernahm Price dessen Begleitband "The Drifting Cowboys". Umbenannt zu "The Cherokee Cowboys" versorgten sie den stimmlich grandiosen Price mit virtuosen Melodien und soliden Grooves. Mit in der Band dabei waren unter anderem ein gewisser Willie Nelson am Bass, sowie Roger Miller und Johnny Paycheck. Wir sehen: Hier geht es ans Eingemachte, hier wird an den Wurzeln der Country Music geschürft.
Wundervolle Verneigung vor einer Legende: "Sweet Memories: The Music of Ray Price & The Cherokee Cowboys"
Vince Gill und Paul Franklin machen das natürlich ganz hervorragend. Einerseits zollen sie in den elf Songs den Originalen von Ray Price jeden erdenklichen Respekt. Andererseits laden sie den gefühlvollen Stoff mit einer zarten Prise Modernität auf. Dafür sorgen alleine schon ihre Top-Mitstreiter, wie Gitarrist Tom Bukovac und Fiddle-Spieler Stuart Duncan. Gill, der bereits beim Buck Owens-Tribute "Bakersfield" mit Paul Franklin intensiv zusammengearbeitet hat, wollte es bei "Sweet Memories: The Music of Ray Price & The Cherokee Cowboys" nicht bei einem Best-of-Ray Price belassen. Im Gegenteil. Er bevorzugte dafür - reichlich branchenunüblich - die unbekannten Tracks des 2013 verstorbenen Texaners.
Behilflich bei dieser Art musikalischer Feldforschung waren Gill und Franklin der bekannte DJ und Grand Ole Opry-Ansager Eddie Stubbs. "Ich habe ihn gebeten, mir unbekanntes Material von Ray Price vorzuspielen", sagt Gill über die Entstehungsgeschichte von "Sweet Memories: The Music of Ray Price & The Cherokee Cowboys", "vieles was er mir da präsentierte, kannte weder ich noch Paul. Da war ich schon überrascht, was da noch alles in der Schublade schlummerte."
Zwei Meister ihres Fachs in Höchstform: Vince Gill & Paul Franklin
Kann man verstehen. Denn wer die Tracks von "Sweet Memories: The Music of Ray Price & The Cherokee Cowboys" hört, macht Bekanntschaft mit großartigen Roots-Country-Songs. Mit unwiderstehlichen Balladen wie "You Wouldn't Know Love", "I'd Fight the World" und "Weary Blues", köstliche Uptempo-Songs à la "Kissing Your Picture" und "One More Time" oder gut gelaunte, staubtrockene Midtempo-Tracks wie "I'd Fight the World".
Den Schwerpunkt der CD setzen aber natürlich die getragenen, nicht selten im Drei-Viertel-Takt angesiedelten und mit wehmütigen Moll-Akkorden bestückten Nummern wie das finale "Healing Hands of Time". Ein bekanntes, bewährtes Thema, an dem sich Vince Gill in seiner Karriere schon häufig abgearbeitet hat: der Schmerz, der Kummer, die Narben, das Genesen. Stimmt schon, die Zeit heilt alle Wunden. Umso schneller, wenn Honigstimme Vince Gill und der wunderbare Paul Franklin Trost spenden. Ein Album wie eine Umarmung. Superschön!
Fazit: Wenn retro, dann bitte so: Vince Gill und Paul Franklin würdigen in den elf Songs von "Sweet Memories: The Music of Ray Price & The Cherokee Cowboys" Country-Legende Ray Price - so stilvoll wie kunstvoll. Volle Punktzahl (für Fans des Roots-Sounds).
Label: MCA Nashville (Universal) | VÖ: 4 August 2024 |
Disk 1 | |
01 | One More Time |
02 | I'd Fight the World |
03 | You Wouldn't Know Love |
04 | Walkin' Slow (And Thinking 'Bout Her) Sweet Memories : The Same Two Lips |
05 | Weary Blues from Waitin' |
06 | Kissing Your Picture (Is So Cold) |
07 | Sweet Memories |
08 | Danny Boy |
09 | Your Old Love Letters |
10 | Healing Hands of Time |