Lukas Nelson & Promise Of The Real - A Few Stars Apart

CD Cover: Lukas Nelson & Promise Of The Real - A Few Stars Apart

Auf dem neuen Album "A Few Stars Apart" zeigen sich Lukas Nelson & Promise Of The Real von einer weniger komplexen Seite als zuletzt und bieten großartigen Country und Folk-Rock

An Kreativität haben es Lukas Nelson & Promise Of The Real nie mangeln lassen. Im Gegenteil. Ihre Alben waren häufig mit Songs bestückt, die prallvoll mit Ideen waren. Manch ein Track beinhaltete gleich so viele kreative Einfälle, dass es für ein halbes Dutzend neuer Songs gereicht hätte. Klar, das ist beeindruckend. Einerseits. Andererseits haben Lukas Nelson & Promise Of The Real schon ab und an den roten Faden in ihren Kompositionen verloren - es war gelegentlich: zu viel des Guten.

Vermutlich hat das auch Lukas Nelson erkannt. Jedenfalls verriet er im Gespräch mit CountryMusicNews.de, dass er sich mittlerweile von einer neuen "Einfachheit angezogen" fühlt. "Es ist eine echte Herausforderung, es simpel zu halten", sagte er kürzlich in einem morgendlichen Zoom-Meeting, "es ist sogar anspruchsvoller, als einen komplizierten Track zu schreiben." Diese neue Einfachheit sei für ihn auch die Losung für das neue Album "A Few Stars Apart" gewesen: Eine CD mit elf einfachen, simplen und nachvollziehbaren Songs. Und genau das gelang ihm und seinen Mitstreitern von The Promise Of The Real. Aufs vortrefflichste sogar.

Eine musikalische Entschlackungskur: "A Few Stars Apart"

Behilflich bei der musikalischen Entschlackungskur war ihm der dafür ideale Mann: Produzent Dave Cobb mit seinem ruhmreichen RCA Studio A. Lukas Nelson: "Er weiß, wie diese Musik klingen soll. Und die Atmosphäre in diesem legendären Studio, in dem übrigens mein Vater in genau meinem Alter ein Album aufnahm, ist extrem inspirierend. Hier wurde Country-Geschichte geschrieben." Als Lukas Nelson nun in dem Recording-Tempel in die Fußstapfen von Papa Willie trat, machte er das ähnlich wie sein Dad vor rund 50 Jahren: Nicht, wie sonst heute üblich, Track-by-Track (jedes Instrument extra), sondern analoges Live-Recording der gesamten Band. "Wir haben das Album in Acht-Spur-Technik aufgenommen. Wenn man einen Fehler macht, ist das natürlich blöd. Ansonsten aber kam uns das sehr entgegen."

Man hört und spürt, dass hier Musiker am Werk sind, die hoch konzentriert und mit voller Hingabe ihre Musik machen. Gut, vielleicht geht diese Session-Methode auf Kosten von absoluter Präzision und vielleicht lassen sich auch gewisse Timing-Schwankungen ausmachen. Na und? Viele der größten Songs der Musikgeschichte sind nicht sauber im klinischen Sinne. Aber: Sie verströmen einen Zauber und ein herzerwärmendes Gefühl - und darum geht es bei der Musik.

Was Lukas Nelson mit der neuen Einfachheit meint, zeigt sich bereits im Auftakt-Song "Empires". Ein Track mit vielleicht mal 50 Beats/Minute, das ist Zeitlupentempo, dazu im konventionellen Dreiviertel-Takt. Vor allem aber ist der Opener ein klassischer Country-Song mit Akustik-Gitarren und Pedal-Steel, mit exzellenten Melodiebögen und einem Text, bei dem sich genaueres Hinhören lohnt. Kurzum: Ein typischer Willie Nelson-Song. Zumal Lukas in den höheren Lagen ähnlich nasal singt wie die Country-Ikone.

Lukas ist natürlich meilenweit davon entfernt, seinen Vater zu kopieren. Im Gegenteil. Er geht gemeinsam mit The Promise Of The Real seinen eigenen Weg. Davon kann man sich gleich beim zweiten Titel, "Perennial Bloom", überzeugen. In dem beherzten, mit großartigen Harmonien und hymnischen Melodiebögen ausgestatteten Country-Rocker verweisen Lukas Nelson & Promise Of The Real auf Acts wie Tom Petty & The Heartbreakers oder Fleetwood Mac. Ein Song-Volltreffer!

Wieder andere Klänge schlägt die Band im nachfolgenden "Throwing Away Your Love" an. In dem gemächlichen, entspannten, mit einer gemütlich schnurrenden Orgel versehenen Song lassen Euer Bobness (Bob Dylan) und The Band herzlich grüßen - und damit ist der Track, wie von Lukas erwähnt und gewünscht, auch ein "einfacher, nachvollziehbarer Song" im klassischen Sinne. Das gilt auch für den anschließenden Titeltrack "A Few Stars Apart". Hier treffen Folk-Akzente auf Pop-Melodien, Klavier- und Orgel-Klänge auf rumpelnde, fast schon an Ringo Starr erinnernde Drums und formen: ein kleines Song-Meisterwerk.

Tja, so ist es nun mal. Erfolg macht nicht nur reich. Er sorgt meistens auch für ein gesteigertes (manchmal auch übertriebenes) Selbstbewusstsein. Davon durfte Lukas Nelson mit seinem vielbeachteten Mitwirken beim Oscar-prämierten Film "A Star Is Born" reichlich getankt haben. Er weiß heute, dass er niemandem mehr etwas beweisen muss – die Grundvoraussetzung für "einfache" Songs.

Lassen Schweres leicht klingen: Lukas Nelson & Promise Of The Real

Einfach ist das alles natürlich nicht. Im Gegenteil. Schweres aber wie aus dem Ärmel geschüttelt klingen zu lassen war und ist für Musiker die Königsdisziplin. Neben Willie Nelson hat das auch Neil Young perfekt drauf - und mit dem guten alten Neil verbindet Lukas Nelson & Promise Of The Real eine innige Verbindung. Schließlich gibt die Formation um Lukas Nelson seit einigen Jahren die Backing-Band des genialen Songwriters. Dass da musikalisch etwas abfärbt, ist logisch und nachprüfbar. Beispielsweise in dem Song "Leave em Behind". Ausgestattet mit sehnsuchtsvollen Akustik-Gitarren-Akkorden inklusive Gänsehaut-Melodie hätte der Song sogar auf Youngs´ Meisterwerke "Harvest" oder "After the Goldrush" eine gute Figur abgegeben. Zumindest in den ersten zweieinhalb Minuten. Dann aber nimmt der Song in der Bridge eine unerwartete Wendung mit sphärischen Melodien, strafferem Rhythmus und erstklassigem Gitarrensolo. Ein Highlight der CD!

Auch in weiteren Songs gelingt Lukas Nelson & Promise Of The Real immer wieder eine Überraschung: Bei "Wildest Dreams" servieren sie hemdsärmeligen, an Tom Petty gemahnenden Heartland-Rock, bei "More Than We Can Handle" gemäßigten Country-Swing und beim finalen, nur mit einem akustischen Klavier instrumentierten "Smile" geht es schon fast in jazzige Bar-Gefilde. Dreh- und Angelpunkt der CD bleibt aber klassischer Folk und Country. Dafür stehen schlüssige, vollauf gelungene Songs wie "No Reason", "Hand Me A Light" und die wundervolle Ballade "Giving You Away". Falls Willie Nelson doch noch in den Ruhestand gehen sollte – sein Nachfolger steht mit Lukas Nelson & Promise Of The Real bereit.

Fazit: Abgespeckte Arrangements, gezügelte Kreativität: Auf "A Few Stars Apart" huldigen Lukas Nelson & Promise Of The Real der musikalischen Einfachheit - mit exzellenten Country- und Folk-Rock-Songs.

Label: Fanstasy / Concord (Universal) VÖ: 11. Juni 2021
01 We'll Be Alright
02 Perennial Bloom (Back to You)
03 Throwin' Away Your Love
04 A Few Stars Apart
05 No Reason
06 Leave 'em Behind
07 Wildest Dreams
08 Giving You Away
09 Hand Me A Light
10 More Than We Can Handle
11 Smile
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