Auch wenn die Umstände des Lebens Alex Diehl schon früh aus seiner bayerischen Heimat fortführten, der Musik folgend, kehrte der heute 28-jährige doch zu seinen Wurzeln zurück und lebt derzeit wieder im malerischen Chiemgau. Von dort aus, direkt von einem Parkplatz am wunderschönen Chiemsee, führte er auf der Heimfahrt von München aus auch das Telefon-Interview mit CountryMusicNews.de. Alex Diehl zeigte sich offen und mittelungsbereit, spürbar zufrieden mit der derzeitigen Aufmerksamkeit, die ihm und seine Arbeit von allen Seiten geschenkt wird. Dass der Weg bis hier hin kein leichter war, daraus macht Alex Diehl kein Geheimnis.
Lieder aus dem Schmerz heraus
"Entbehrungswahnsinn" nennt Alex Diehl die Zeit vor seinem Durchbruch mit "Nur ein Lied". 2015, als er mit seiner derzeitigen Partnerin noch in Berlin lebte, sich mit Jobs als Gitarrenlehrer über Wasser hielt und oft nicht wusste, von was er und sie die nächste Miete zahlen sollten. In dieser schweren Phase entstand auch der Text zu "Bitte werde nie ein Song". Das Flehen, nicht verlassen zu werden im Bewusstsein, dass es eben durchaus keine Selbstverständlichkeit ist, auch die berühmten schlechten Tage mit dem anderen durchzustehen. Genau dies sei der Stoff für seine Songs.
Ein negativ denkender Mensch sei er nicht, gibt Alex Diehl an, doch mache er sich viel Gedanken, sei von Schicksalen anderer berührt und rege sich über Missstände auf. Tatsächlich sei es eher der Schmerz, der ihn inspiriere. Menschen seien gut in der Lage, sich selbst zu belügen, meint Alex Diehl. Eine Tatsache, die ihm nicht gefalle. Er sei jemand, der mit sich selbst durchaus ins Gericht gehe, versuche, ehrlich mit sich und anderen zu sein. Oft seien es Kleinigkeiten, die ihm dann den Impuls geben, darüber zu schreiben. "Es passiert einfach". Dann nehme er seine Gitarre zur Hand und ein Song entsteht. Musik sei für Alex Diehl auch eine Art Therapie, eine Möglichkeit, sich selbst Hoffnung zu machen und die Niederschläge, die er erlebt hat, zu verarbeiten.
Alex Diehl, der Schlichter
"Manchmal haben die Leute Angst vor mir", sagt Alex Diehl. Angesichts seiner Erscheinung könnte man dies im ersten Moment sogar ernst nehmen, doch natürlich ist der Künstler alles andere als ein rüpeliger Klotz, der seinen Mitmenschen mit Gleichgültigkeit oder gar Gewalt begegnet. Schon in der Schule sei er immer Klassensprecher gewesen und habe sich für Gerechtigkeit eingesetzt, erzählt Alex Diehl. Diese extreme Feinfühligkeit und Sensibilität ist sind wohl auch, die ihn die Worte für seine Texte finden lassen. Natürlich sei es auch mal nötig, jemanden in seine Schranken zu weisen, beispielsweise im Job. Und eben dieses Zugehen auf andere sei ihm wichtig, Konflikte nicht auszusitzen, sondern sie anzugehen und zwar durch Reden. Nicht immer sei das allen angenehm, doch sein Streben nach Harmonie ließe es nicht zu, je ins Bett gehen zu können, ohne eine Sache bereinigt zu haben.
Alex Diehls musikalische Suche
In seinem Lied "Auf der Suche", auf dem aktuellen Album "Bretter meiner Welt", beschreibt Alex Diehl sehr autobiographisch, wie auch er einst auf seiner beruflichen Bahn zunächst ungünstig abgebogen war. Er habe falsche Produzenten kennengelernt, gemeint, er müsse musikalisch "banaler und poppiger" werden, fand dann jedoch zurück zu sich selbst. 2012 beendete er seine Zusammenarbeit mit Warner Music und beschloss, ein Album, das er dort bereits sogar fertig hatte, nicht zu veröffentlichen. Von diesem Punkt an war für Alex Diehl klar, dass er sich nichts diktieren lassen würde, sondern seinen eigenen Weg gehen möchte.
Als er 2015 "Nur ein Lied" schrieb, ging Alex Diehl noch einmal einen kleinen Kompromiss ein und nahm die Original-Songzeile aus John Lennons "Imagine" heraus, da ihm sonst eine Klage drohte. Alex Diehl wollte einfach wegen einer Zeile nicht in eine Misere kommen, nicht die Chance verpassen, mit dem Lied auftreten zu dürfen. "Imagine" werde für ihn jedoch immer einer der besten Songs bleiben, weil er genau das ausdrückt, wie auch er sich die Welt wünscht. Außerdem sei es eine Erinnerung an die Kindheit und seinen Vater, durch den er mit Beatles-Songs aufwuchs. Im Moment sei Alex Diehl jedoch froh, die Entscheidung getroffen zu habe, "Nur ein Lied" so herauszubringen, denn er sei jetzt dort, wo er hin wollte. Er habe das Glück, ein vielversprechendes Album herauszubringen, eine ausverkaufte Tour und das alles mit seiner eigenen Musik. Er sei einfach nur dankbar und stolz und wolle sein Leben lang weiter Musik machen.
Alex Diehls Einflüsse durch Country Music
Wenngleich Alex Diehls Musik in seiner deutschen Muttersprache und seinem völlig eigenen Stil unterlegen ist, kommt auch er bei seinen Einflüssen, wie fast alle Songwriter, nicht an Country Music vorbei. Seine früheren Alben seien noch deutlich Folk-lastiger als "Bretter meiner Welt", meint Alex Diehl. Zu seinen derzeitigen Favoriten würde er ganz klar die US-Folkrock-Sängerin Brandi Carlile zählen. Auch habe er bereits vor circa vier Jahren, bevor dessen großer Durchbruch als Sänger kam, Chris Stapleton für sich entdeckt.
Alex Diehl nahm sich Zeit für das Interview, wirkte nicht gehetzt, da sich als Künstler bewusst, dass er im momentanen Stand seiner Arbeit eine doch höhere Schwelle erklommen hat. Doch eins ist er geblieben, ein bodenständiger Mann, der einfach am Ende des Tages nur nach Hause möchte. Wahrscheinlich ist es das, was seine Musik so glaubhaft ehrlich macht.