Doch dann stimmte Pride seinen berühmten Song "Kiss an Angel Good Mornin'" (Ben Peters) an, und kaum zwei Minuten später war die Resonanz unüberhörbar.
Auf die Frage nach Prides Wirkung auf junge Hörer meinte Brenda Lee, wie er Mitglied der Country Music Hall of Fame: "Ich vermute, Talent erkennt man einfach. Ob man ihn kennt, spielt für mich keine Rolle."
Die jungen Leute in der Arena kannten Charley Pride nicht nur- sie liebten ihn. Und auch sein zweiter Titel, eine Coverversion von "Hello Darlin'", geschrieben und aufgenommen von Conway Twitty, wurde begeistert gefeiert. Die Resonanz war so überwältigend, dass Bob Heatherly, Vorsitzender/CEO von Prides Plattenfirma Music City Records, spätere zahlreiche begeisterte Anrufe von Leuten aus Nashvilles "Music Row" erhielt, die die emotionale Darbietung miterlebt hatten.
"Wenn die Plattenbosse so aus dem Häuschen sind", stellte er fest, "dann weiß man, dass man etwas richtig gemacht hat."
In der Tat hat Pride schon vieles gemacht - der Großteil ist in seiner Autobiographie "Pride: The Charley Pride Story" aus dem Jahre 1994 aufgeführt. Seit 1966 konnte er über 65 Singles in den Charts platzieren, über 50 erreichten die Top 10. Sechsunddreißig davon schafften es bis auf Platz 1, darunter die Coverversion des Hank-Williams-Songs "Honky Tonk Blues", "Is Anybody Goin' to San Antone?" (David Kirby und Glenn Martin) sowie das laszive "You're So Good When You're Bad" (Ben Peters). Von 1970 bis 1975 brachte es Pride auf sieben goldene Alben (die Platin-Auszeichnung existierte damals noch nicht) und konnte die Single "Kiss an Angel Good Mornin'" mehr als eine Million Mal verkaufen. Außerdem wurde er in dieser Zeit von der CMA als Entertainer des Jahres sowie zweimal als Männlicher Sänger des Jahres ausgezeichnet. Bis heute hat er über 70 Millionen Alben verkauft, darunter 31 Mal Gold, viermal Platin und einmal Vierfach-Platin.
Im Jahr 2000 war Charley Pride zusammen mit dem bereits verstorbenen FaronYoung das letzte Mitglied, das in die Country Music Hall of Fame der CMA aufgenommen wurde, als sich das Museum noch in dem ursprünglichen scheunenartigen Gebäude an der 16th Avenue/Demonbreun Street in der Music Row befand.
Diese Auszeichnung hat Symbolwert. Im folgenden Frühjahr zog das Museum an seinen jetzigen Standort um, und Pride gehört wohl zu den Architekten, die dazu beigetragen haben, dass auch die Country Music an größere Orte gezogen ist, nämlich aus Clubsin dieTheater in Stadien.
"Er ist ohne Zweifel mit ein Grund dafür, dass die Branche das heutige Ausmaß angenommen hat", so Lee. "Er gehörte zu den ersten Superstars, die wirklich große Hallen füllten, was Country-Künstlern bis dahin nur selten gelungen war."
Pride weiß um die maßgebliche Rolle, die er gespielt hat- und bleibt dennoch bescheiden. "Mein Dad hat immer gesagt: "Du heißt zwar Pride [= Stolz], aber dazu gehört noch mehr"", erinnert sich der Country-Sänger. "Zuviel davon tut nicht gut, man kann alles übertreiben. Ich finde, jeder sollte stolz auf sich sein, aber man sollte die Grenzen kennen."
Diese Überzeugung bildet das Kernstück von Charley Prides Werk. Schließlich wurde er bekannt mit Titeln wie "I'm Just Me" (Glenn Martin) und "All I Have to Offer You (Is Me)" (Dallas Frazier und Al Owens). Auch sein aktuelles Album "Choices" widmet sich diesem zentralen Thema. Die Songs verleihen althergebrachten Werten Ausdruck, vom Eröffnungstitel "America the Great" (Edward Allen Gowens und Larry Mercey), in dem es um Familienwerte geht, bis hin zu "The Bottom Line" (Drew Bourke, Art Craig und Justin Peters), dessen Text betont, dass Engagement wichtiger ist als Geld. Zwei weitere Songs verwenden fiktive Zeitungsnamen- "Hickory Hollow Times & County News" (Matt Lindsey und Herb McCullough) und "Guntersville Gazette" (Phillip Douglas, Ron Harbin und Richie McDonald)- um eine Zeit zu feiern, in der alles noch einen langsameren Gang ging. Hier singtPride über das, was er ist, und richtet sich dabei an ein Publikum, das genauso empfindet. "Er will seinen Fans treu bleiben, auch wenn sie allmählich älter werden und vielleicht nicht mehr so viele Platten kaufen", sagt Heatherly.
Eintrittskarten kaufen sie jedoch weiterhin, und sie reagieren genauso enthusiastisch wie das jüngere Publikum bei dem "All for the Hall"-Event. Charley Pride spielte diesen Song bereits live, bevor er das Album veröffentlicht hatte, und die Hörer reagierten sofort auf den Text, der von John F. Kennedy, Abraham Lincoln, Schulgebeten und Vertrauen auf Gott erzählt.
"Vorne stehen sie auf", so Pride. "Sie fangen einfach an zu klatschen, dann stehen sie auf, und bald macht Reihe um Reihe mit, bis fast ganz hinten. Ich bekam richtig Gänsehaut", fügt er hinzu, als er über das Erlebnis bei seinen Shows berichtet. "Das war etwas ganz Besonderes."
Pride, der als eines von elf Kindern in Sledge, Mississippi, geboren wurde, versetzte in seiner Jugend Freunde und Angehörige in Staunen, weil er lieber den Country-Sender Grand Ole Opry statt Gospel und Blues hörte. Damals jedoch schien der Traum von einer Karriere in der Country Music unerreichbar.
"Ich träumte davon, Baseball zu spielen und Profi zu werden", sagte er. "Als Jackie Robinson ein Major-League-Profi wurde, sagte ich mir: "So entkomme ich den Baumwollfeldern. Ich will in die Major League und alle Rekorde brechen.""
Und Pride hatte sogar das Talent dazu. Er spielte für die Memphis Red Sox und war 1956 Werfer für die Negro League, als diese eine Gruppe von Topspielern für ein Major League-Allstar-Team zusammenstellte, zu dem auch Hank Aaron und Willie Mays gehörten, die später in die Hall of Fame aufgenommen wurden. Doch während es heute 30 Profi-Vereine gibt, war der Kreis in Prides Jugend deutlich exklusiver.
"Damals gab es nur 16 Teams in den Major Leagues", sagt er. "Da konnte man mit einer Trefferquote von 0,212- übrigens genau die Vorwahl von New York- bei fünf "Runs batted in" noch keine 1,5 Millionen Dollar kassieren."
Pride absolvierte Testspiele bei verschiedenen Profi-Teams, darunter die Los Angeles Angels kurz nach ihrer Gründung durch ein anderes Mitglied der Country Music Hall of Fame, Gene Autry. Aber er konnte sich nicht durchsetzen, und nach einer schweren Knöchelverletzung im Alter von 23 Jahren waren seine Chancen vorbei.
"Als Johnny Bench zu den Cincinnati Reds kam, war er 18 oder 19 Jahre alt, und jetzt ist er in der (Major League Baseball) Hall of Fame", stellt Pride fest. "Wenn man damals mit 25 noch kein Profi war, war es gelaufen; dann war man quasi abgeschrieben. Heute gibt es natürlich 30 Teams, und wenn man mit 45 noch was taugt, ist man dabei."
Seine Teamkollegen hatten Charley Pride immer ermutigt, mit dem Singen sein Geld zu verdienen, und nach Ende der Baseball-Träume richtete er sein Augenmerk wieder mehr auf die Country Music. Große Hoffnung machte er sich jedoch nicht. In den Anfangszeiten hatte es im Country verschiedene afro-amerikanische String-Bands gegeben, und DeFord Bailey hatte im Radio Mundharmonika gespielt, als es noch kein Fernsehen gab. Doch einen erfolgreichen schwarzen Country-Sänger hatte es bis dato nicht gegeben.
Die Chancen waren niederschmetternd. Im Jahre 1963, nur neun Monate, bevorCharley Pride seinen ersten Managementvertrag mit Jack D. Johnson unterzeichnete, wurde in seinem Heimatstaat Bürgerrechtler Medgar Evers ermordet. Im Juli 1964 wurde das Bürgerrechtsgesetz unterzeichnet, knapp ein Jahr, bevor er sich seinen ersten Plattenvertrag mit RCA Records sichern konnte, einer Firma, die damals Chet Aktins gehörte, nun ebenfalls Mitglied der CMA Country Music Hall of Fame.
Pride konnte die Branche und die Öffentlichkeit für sich gewinnen, indem er traditionelle Country-Songs mit echter Leidenschaft in seinem kernigen Tonfall darbot. Ein Schlüsselmoment war der Tag, an dem er in Arizona für Jimmy Durante einspringen musste, weil der Varietékünstler sich verletzt hatte. Das Publikum hatte noch nie von Pride gehört. Und es war ganz bestimmt nicht gekommen, um Country zu hören. Doch Pride setzte sich durch, und an diesem Tag gewann er ungeheures Selbstvertrauen.
"Als ich fertig war, gab es Standing Ovations", erinnert er sich. "Ich sagte, Moment mal. Wenn ich mich vor Jimmy Durantes Publikum stellen kann und solchen Beifall bekomme, dann muss ich mich wohl einfach nur auf die Bühne stellen."
Seitdem sind vierzig Jahre vergangen, und Charley Pride kann das Publikum immer noch für sich gewinnen. Und neben seinen neuen Fans und der Filmwelt hater auch seine Verbindungen zum Baseball aufleben lassen. Seit Jahrzehnten nimmt er alljährlich am Frühjahrstraining der Texas Rangers teil; 2010 ging er noch einen Schritt weiter und tat sich mit Werfer Nolan Ryan, einem Mitglied der Hall of Fame, sowie anderen Geldgebern zusammen, um das Team zu kaufen. Nur wenige Monate nach Abschluss des Deals schafften es die Rangers zum ersten Mal in der fünfzigjährigen Vereinsgeschichte in die World Series.
Obwohl bei Charley Pride wirklich alles optimal läuft, hat er das Gefühl, dass er sich bei jedem Konzert und jedem Gang ins Aufnahmestudio neu bewähren muss. "Ich war noch nie der Typ, der meint, alles laufe von selbst", sagt er. "Ich nehme nichts als selbstverständlich hin. Wie erfolgreich ich auch sein mag, ich muss trotzdem meinen Job machen."