David Duchovny ist ein Mann mit vielen Talenten. Dass er ein charismatischer Schauspieler ist, weiß man längst. Seit den frühen 90er Jahren ist der 1960 in New York geborene Star von TV-Serien wie "Akte X - Die unheimlichen Fälle des FBI" und "Californication" ein regelmäßiger Gast in heimischen Wohnzimmern. Doch der smarte Golden-Globe-Preisträger hat auch etwas in der Birne, er hat seinen Abschluss an der Elite-Uni Princeton gemacht und einen schneidigen Dr. Phil-Titel ("Magie und Technologie in zeitgenössischer Poesie und Prosa"). Wie so mancher seiner Hollywood-Kollegen versucht sich jetzt auch David Duchovny in einer anderen Rolle - als Musiker, als Sänger und Songschreiber. Und wie Kevin Costner oder Billy Bob Thornton macht es auch David Duchovny gar nicht schlecht. Sein Debüt "Hell or Highwater" versprüht in den zwölf Songs jedenfalls erstaunliche Musikalität.
Okay, David Duchovny wird in diesem Leben nicht mehr der weltgrößte Sänger werden. Und die Musikgeschichte muss nach "Hell or Highwater" auch nicht neu geschrieben werden. Weit davon entfernt. Doch: Darum dürfte es dem gut aussehenden Tausendsassa wohl auch kaum gegangen sein. Bei Musikversuchen von A-Promis seines Kalibers geht es ohnehin mehr um kreative Selbstverwirklichung. Um Ausprobieren. Um Sich-Versuchen - vielleicht sogar um den Reiz des Risikos, scheitern zu können. Sicher aber auch: um zu lernen und - vor allem - um Spaß zu haben.
David Duchovny: Newcomer mit 54 Jahren
Den dürfte David Duchovny bei der Produktion von "Hell or Highwater" garantiert gehabt haben. Man spürt das, wenn er nach 15 Sekunden des Openers "Let It Rain" seine etwas mit Hall verzierte Stimme anhebt um bedeutungsschwanger "if you knew me, you would stay ... if you knew me, you would walk away" etwas nuschelig zu singen. Wer weiß, wen er da vor seinem inneren Auge gesehen hat? Vielleicht Jeff Tweedy von Wilco. Vielleicht Michael Stipe von R.E.M.? Musikalisch schlägt der 54-Jährige jedenfalls in diese Kerbe: Folk, Alternative-Rock, Alternative-Country, Roots-Rock, Singer/Songwriter-Tradition. Das mag für einen glamourösen Star vielleicht überraschen. Noch mehr aber ist man über die Herangehensweise für sein Debüt "Hell or Highwater" erstaunt: kein großer Klimbim, keine aufgeblasenen Effekte, keine großen Sound-Teppiche und Arrangements. Ganz im Gegenteil. Die Musik klingt mitunter so intim und sparsam produziert, dass man an Wohnzimmer-Sessions denken könnte.
Diese bescheidene, vielleicht sogar ehrfurchtsvolle Annäherung an die Musik macht David Duchovny sehr sympathisch. Auch, dass er in seiner Biografie nicht davon erzählt, dass er eigentlich schon immer lieber Musiker geworden wäre und mit acht schon in einer Schülerband gespielt habe. Nichts davon. Er gibt sogar unumwunden zu, dass er erst vor wenigen Jahren mit dem Gitarrespielen angefangen hat.
"Hell or Highwater" - Sekt und Selters
Die Musik, das Gitarrespielen habe ihm die Poesie wieder näher gebracht - und seine Songs auf "Hell or Highwater" sind bisweilen herrlich poetisch. Wie ein unter Salbeibonbons stehender Leonard Cohen singt und nuschelt er sich durch die Reime von ruhigen Folk-Titeln wie "The Rain Song", "Lately It's Always December", "Passenger" oder "When The Time Comes". In diesen, ganz der Singer-Songwriter-Tradition geschuldeten Songs läuft David Duchovny zur Höchstform auf, leise, aber eindringlich. Als Mann mit vielen Facetten lebt er aber auch seine Schwächen, seine Aggressionen und sein ungezügeltes Temperament aus. Tracks wie das düster rockende "3000", der mit brutal verzerrten Gitarren versehene Alternative-Country-Song "Unsaid Undone" und das dem Grunge oder den rabiaten Momenten von R.E.M. geschuldete, mystische, fast siebenminütige "Positively Madison Avenue" sind jedenfalls randvoll mit Testosteron.
Als weitere Inspirationsquellen lassen sich Brit-Pop und die Beatles ausmachen, wie die Single-Auskopplung "Another Year" nahe legt. Und Neil Young. Das genauso düstere wie schöne "The Things" erinnert auffallend an die frühe Young-Hymne "Cortez The Killer". Ein Vergleich, für den sich der singende Schauspieler keinesfalls schämen muss. Im Gegenteil.
Fazit: David Duchovny legt mit "Hell or Highwater" ein poetisches, irgendwo zwischen Folk und Alternative-Rock angesiedeltes Debüt vor. Er verzichtet dabei auf Protz und Glamour, punktet mit sympathischer Bescheidenheit.
Label: ThinkSay (hier nicht veröffentlicht) | VÖ: 12. Mai 2015 |
01 | Let It Rain |
02 | 3000 |
03 | Stars |
04 | Hell or Highwater |
05 | The Things |
06 | The Rain Song |
07 | Unsaid Undone |
08 | Lately It's Always December |
09 | Another Year |
10 | Passenger |
11 | When The Time Comes |
12 | Positively Madison Avenue |
13 | Let It Rain |